Eine Pille gegen Leukämie

Für die Onkologie hat das 21. Jahrhundert viel versprechend begonnen: Seit dem Ende der 1990er Jahre trägt die jahrzehntelange Forschung erste sichtbare Früchte in Form einer ganzen Reihe neuer, wirksamer Substanzen. Antikörper wie Herceptin gehören genauso dazu wie die sogenannten Tyrosinkinasehemmer. Beide Wirkstoffgruppen greifen den Krebs auf der molekularen Ebene an – ein sehr wirksames, aber auch begrenztes Verfahren. Die einzelnen Substanzen entfalten ihre Wirksamkeit nur bei ganz bestimmten, eng umgrenzten Tumorgruppen.

Hier wirken sie aber umso effektvoller: „Die sogenannten Tyrosinkinasehemmer haben die Behandlung der chronisch-myeloischen Leukämie in den vergangenen Jahren faktisch revolutioniert“, erklärt dazu Prof. Dr. Klaus Höffken, Direktor der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Jena (UKJ). „Früher war die Knochenmarktransplantation die Therapie unserer Wahl“, so der Onkologe weiter. „Heute steht uns für die gleiche Erkrankung eine Pille zur Verfügung, mit der sich diese Form der Leukämie in Schach halten lässt.“ Damit würde aus einer früher todbringenden Krankheit jetzt eine chronische Erkrankung, mit der sich leben lässt. Höffken: „Transplantationen sind jetzt nur noch den Hochrisikofällen vorbehalten. Ein enormer Fortschritt, der für viele unserer Patienten große Hoffnungen bedeutet.“

Möglich wird dies durch einen neuen Ansatz in der Krebsbekämpfung, der die Tumoren innerhalb der Zellstrukturen angreift. Die sogenannten Tyrosinkinasehemmer blockieren die Signalübermittlungen in den Krebszellen und hemmen so das Wachstum der Tumoren. Allerdings müssen dazu die Zell-Schaltstellen so exakt getroffen werden, dass die neuen Substanzen jeweils ganz spezifisch auf bestimmte Krebsarten zugeschnitten und auch nur hochspezifisch einsetzbar sind. „In den letzten zwei Jahren sind solche Tumorhemmer aber auch für Leberzellkrebs und Nierenzellkrebs entwickelt und zugelassen worden“, erklärt Dr. Lars-Olof Mügge, Oberarzt in der Jenaer Onkologie. Und auch bei Hirntumoren gäbe es nun erste Ansätze, die die Medikamente bisher ausbremsende Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und die Wirkstoffe bis in die Tumorzellen vordringen zu lassen, so der Onkologe Mügge. Mit den neuen Wirkstoffen lasse sich der Krebs zwar noch nicht heilen, aber die Lebensspanne der Betroffenen würde verlängert, während gleichzeitig eine gute Lebensqualität erhalten werden kann.

„Mit diesen neuen Substanzen gibt es erstmals seit vielen Jahren in der Krebsforschung die realistische Hoffnung, die Krankheit auch bei bisher schwer behandelbaren Tumoren beeinflussen zu können“, resümiert Prof. Höffken. Diese Hoffnung machenden Entwicklungen wird der ehemalige Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft Prof. Klaus Höffken auch in seinem Eröffnungsvortrag „Krebsversorgung gestern – heute – morgen“ am 17. Februar 2008 zum Tag der Gesundheitsforschung am Uniklinikum Jena vorstellen. Weitere Vorträge werden auch über die neuen Entwicklungen in der Leukämiebehandlung und die Einsatzmöglichkeiten der neuen Substanzen bei anderen Tumorerkrankungen informieren.

Tag der Gesundheitsforschung, Universitätsklinikum Jena-Lobeda
17. Februar 2008, 10:00 Uhr, Hörsaal 2
„Krebsversorgung gestern – heute – morgen“, Eröffnungsvortrag Prof. Klaus Höffken
Weitere Vorträge dazu:
13.00 Uhr, Hörsaal 2
„Stammzelltransplantation – neue Möglichkeiten in der Leukämietherapie“
13.30 Uhr, Hörsaal 2
„Klare Fragen – klare Antworten? Studien in der klinischen Forschung“
14.30 Uhr, Hörsaal 1
„Tumorbiologie verstehen – neue molekulare Therapien für Patienten mit Nierentumoren“
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Klaus Höffken
Dirktor der Klinik für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641/9324201
E-Mail: klaus.hoeffken[at]med.uni-jena.de

Media Contact

Helena Reinhardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uniklinikum-jena.de

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