Operieren gegen Depressionen

Eine schwere Depression ist eine ernste Erkrankung. Betroffene leiden immens unter der Freudlosigkeit und fehlenden Energie, oft bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Auch für Angehörige ist die Krankheit eine große Belastung. Entsprechend groß ist der Wunsch vieler Patienten, eine wirksame Hilfe gegen die psychische Erkrankung zu finden.

Psychiater des Universitätsklinikums Jena (UKJ) setzen gemeinsam mit den Neurochirurgen jetzt im Kampf gegen die Volkskrankheit auf ein operatives Verfahren: Mit der Implantation eines elektrischen Stimulationsgerätes soll auch den Patienten geholfen werden, bei denen bisher keine der gängigen Therapien den gewünschten Erfolg brachte. Vor wenigen Tagen wurde am Universitätsklinikum Jena das Verfahren bei einer etwa 50-jährigen Patientin, die seit vielen Jahren an schweren Depressionen leidet, erstmals angewendet.

Stimmungsverbesserung nach sechs Monaten zu beobachten

„Das eingesetzte Gerät von der Größe einer Uhr bewirkt über eine Stimulation des Nervus vagus eine Stimmungsverbesserung“, erklärt der Jenaer Psychiater Prof. Dr. Karl-Jürgen Bär die Wirkungsweise. Allerdings sei diese Veränderung erst nach etwa sechs Monaten zu beobachten. Ebenso sei im Moment noch unklar, welche Patientengruppen von diesem Verfahren profitieren. Die bisherigen Daten dazu stammen aus den USA, wo das Verfahren seit mehreren Jahren angewendet wird. Diese wecken die Hoffnung, nun auch für therapieresistente Depressionspatienten mit Hilfe der Neurochirurgie eine Lösung finden zu können. Allerdings kommt das OP-Verfahren, das die Jenaer gemeinsam mit allen Thüringer Kliniken einsetzen, nur für eine kleine Gruppe der schwerstdepressiven Patienten in Frage. Bär: „Es wird zudem noch Zeit vergehen, bis wir die genaue Wirksamkeit des Verfahrens abschätzen können.“

Das sogenannte Neuro Cybernetic Prosthesis-System (NCP) wird in Jena bereits erfolgreich in der Behandlung der Epilepsie eingesetzt. „Der Eingriff ist relativ klein“, erklärt der Neurochirurg Dr. Rupert Reichart. „Wir implantieren eine Elektrode im linken Halsbereich mit einer direkten Verbindung zum Nerv und einen Impulsgeber im Achselbereich, die unter der Haut miteinander verbunden sind“, so der Operateur. So werden dann in bestimmten Abständen elektrische Signale an den Nerv übermittelt, der mit dem limbischen System im Gehirn verbunden ist und dort die für Stimmungen relevanten Regionen beeinflusst. Die Programmierung der elektrischen Stromstöße kann vom Arzt hinsichtlich der Stimulationsrate, der Stimulationsdauer und auch der Stimulationsstärke individuell eingestellt werden.

„Bisherige Erfahrungen mit diesem Verfahren machen uns zuversichtlich, das wir mit der Stimulation eine Methode gefunden haben, die bei schwerkranken Depressiven zu einem Abklingen der Symptome führen kann“, so Bär. „In der Psychiatrie stehen wir allerdings beim Einsatz von operativen Verfahren und Stimulationsmethoden noch ganz Anfang“, sagt Karl-Jürgen Bär weiter. Die Jenaer wollen daher die Wirksamkeit dieses Verfahrens genau untersuchen. „Nur so können wir langfristig entscheiden, ob dieses Verfahren eine gute neue Möglichkeit der Behandlung werden könnte“, so Bär.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Karl-Jürgen Bär
Klinik für Psychiatrie, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641/935282
E-Mail: Karl-Juergen.Baer[at]med.uni-jena.de
OA Dr. Rupert Reichart
Klinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641/9323020
E-Mail: Rupert.Reichart[at]med.uni-jena.de

Media Contact

Helena Reinhardt idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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