Behandlungserfolg besser vorhersagen

Der Blick auf mögliche Evolutionspfade erlaubt eine individualisierte und deutlich genauere Vorhersage, ob der Aids-Erreger gegen die Medikamente resistent und also die Therapie unwirksam wird. Dies zeigt eine vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Studie.

Der HI-Virus ist nicht zuletzt wegen seiner grossen Wandelbarkeit gefürchtet. Mutiert der Aids-Erreger genau dort, wo ein Heilmittel wirkt, neutralisiert er den Angriff, und die Behandlung schlägt fehl. Um die Abwehrmöglichkeiten des Virus einzuschränken, setzen Ärzte heute in Kombinationstherapien mehrere Heilmittel gleichzeitig ein. Dadurch muss der Erreger eine Reihe von Mutationen durchlaufen, bevor er der Wirkung der Heilmittel ausweichen kann.

Sequenzieller Erwerb von Mutationen
«Es ist nicht einfach zu entscheiden, welche der über 30 verschiedenen Kombinationstherapien jeweils angebracht ist», sagt der Präsident der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie Huldrych Günthard vom Universitätsspital Zürich. Der Entscheid hängt von den Erfolgsaussichten einer Behandlung ab und also von der genetischen Zusammensetzung des Erregers, der den Patienten befallen hat. Die heute gängigen Vorhersagemodelle berücksichtigen zwar das Erbgut des HI-Virus, aber sie gehen nicht darauf ein, dass der Virus ständig neue Mutationen sequenziell erwirbt.
Für jeden Patienten die richtige Therapie
Mit einer neuen wahrscheinlichkeitstheoretischen Methode haben Forschende um Niko Beerenwinkel von der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen HIV-Kohortenstudie ein genaueres Vorhersagemodell entwickelt (*). Es berechnet die möglichen Evolutionspfade des Erregers und liefert ein neues Mass für die zu erwartende Resistenzentwicklung: die sogenannte individualisierte genetische Barriere. Retrospektiv angewendet auf 2185 Patienten der HIV-Kohorte liess sich der Behandlungserfolg mit dieser neuen Grösse besser abschätzen als mit den heutigen Vorhersagemodellen. «Wir sind nun daran, in einem Pilotprojekt die individualisierte genetische Barriere einzuführen und hoffen, dass sie uns in Zukunft dabei hilft, für jeden Patienten die optimale Therapie zu wählen», sagt Günthard.

(*) Niko Beerenwinkel, Hesam Montazeri, Heike Schuhmacher, Patrick Knupfer, Viktor von Wyl, Hansjakob Furrer, Manuel Battegay, Bernard Hirschel, Matthias Cavassini, Pietro Vernazza, Enos Bernasconi, Sabine Yerly, Jürg Böni, Thomas Klimkait, Cristina Cellerai, Huldrych F. Günthard, and the Swiss HIV Cohort Study (2013). The Individualized Genetic Barrier Predicts Treatment Response in a Large Cohort of HIV-1 Infected Patients. PLoS Computational Biology online. doi: 10.1371/journal.pcbi.1003203

Die Schweizerische HIV-Kohorte
Das Ziel der seit 1988 bestehenden Studie ist, die HIV-Infektion und die Krankheit Aids genauer zu verstehen sowie die Betreuung der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Sämtliche in der Schweiz auf HIV spezialisierte Kliniken (Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, St. Gallen und Zürich) haben Daten zum Krankheitsverlauf von bisher über 18'000 HIV-infizierten Menschen gesammelt und ausgewertet. Zurzeit nehmen über 8‘800 Personen an der Schweizerischen HIV-Kohorten-Studie teil, davon sind fast ein Drittel Frauen.

Der Text dieser Medienmitteilung steht auf der Webseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung: www.snf.ch > Medien > Medienmitteilungen

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Martina Stofer idw

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