Autismus: Neue Hinweise auf Entstehung

Eine denkbare Erklärung für die Entstehung von Autismus haben Forscher der Stanford University gefunden. Sie haben Zellen von Patienten mit einem seltenen Syndrom entnommen, das mit Autismus in Zusammenhang steht. Zwar warnen britische Experten wie Georgina Gomez von der National Autistic Society gegenüber der BBC, dass die neuen Erkenntnisse vielleicht nicht für alle Menschen mit Autismus Gültigkeit haben. Selbst in diesem Fall wäre jedoch ein großer Fortschritt erzielt.

Das Team um Ricardo Dolmetsch wandelte Hautzellen von Menschen mit Timothy-Syndrom in vollwertige Gehirnzellen um. Das dabei angewandte neue Verfahren erlaubt es, die Entwicklung im Labor zu beobachten und sogar Therapien zu testen. Im aktuellen Versuch gelang dies: Die vorgefundene abnormale Aktivität konnte laut den in Nature Medicine http://nature.com/nm veröffentlichten Studienergebnissen durch ein Medikament im Experimentierstadium teilweise korrigiert werden.

Überproportionale Gehirnregion

Im Vergleich mit den Hunderttausenden Menschen, von denen angenommen wird, dass die für einen Autismus charakteristische Merkmale aufweisen, ist das Timothy-Syndrom äußerst selten. Weltweit ist laut Schätzungen einer von 20 Menschen betroffen. Die Betroffenen zeigen immer wieder autistisches Verhalten wie Schwierigkeiten in der sozialen Entwicklung und Kommunikation. Da dieses Syndrom aber durch einen einzelnen genetischen Defekt und nicht durch eine Kombination von kleinen genetischen Fehlern hervorgerufen wird, ist es für die Wissenschaft besonders interessant.

Im aktuellen Versuch zeigten sich offensichtliche Unterschiede zwischen den Neuronen von Menschen mit Timothy-Syndrom und jenen der gesunden Kontrollgruppe. Die gesunden Neuronen entwickelten sich in verschiedene Unterarten, die bereit waren in verschiedenen Regionen des Gehirns ihre Arbeit aufzunehmen. Bei den Neuronen der Patienten mit Timothy-Syndrom war es anders. Sie waren besser für Funktionen im oberen Bereich der Großhirnrinde ausgestattet und schlechter für Funktionen im unteren Bereich.

Schlechte Kommunikation

Das bedeutet, dass weniger Neuronen dafür geeignet waren, im Corpus callosum aktiv zu werden. Dieser Bereich des Gehirns spielt eine Rolle bei der Kommunikation der rechten und der linken Gehirnhälfte. Diese Beobachtungen entsprachen jenen, die bereits bei Mäusen gemacht wurden, die mit einem Timothy-Syndrom gezüchtet worden waren. Zusätzlich bildeten diese Neuronen zu viel einer Körperchemikalie, die mit der Produktion von Dopamin und Noradrenalin in Verbindung stehen. Beide spielen eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung von Sinneseindrücken und dem sozialen Verhalten.

Dolmetsch betonte, dass die vorgefundenen Anomalien mit anderen Hinweisen übereinstimmten, die darauf deuteten, dass Autismus zumindest teilweise durch eine schlechte Kommunikation zwischen verschiedenen Regionen des Gehirns hervorgerufen wird. Durch die Verabreichung eines selbst entwickelten Medikaments konnten die Wissenschaftler die Anzahl dieser nicht richtig funktionierende Neuronen deutlich verringern. Daher könnte es eines Tages möglich werden, diesen Defekt auch bei Patienten zu behandeln. Das fragliche Medikament kann aufgrund der Nebenwirkungen derzeit bei Kindern nicht eingesetzt werden.

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Michaela Monschein pressetext.redaktion

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