Aller schlanken Dinge sind drei: Tripel-Hormon gegen Fettleibigkeit und Diabetes

Die Forscher hatten bereits mehrere unimolekulare Hormon-Duos konstruiert, die die Wirkungen zweier stoffwechselaktiver Hormone auf sich vereinten. Erstmalig ist es den Forschern nun gelungen, über eine feinabgestimmte Kombination von drei stoffwechselwirksamen Komponenten (GLP-1, GIP, Glukagon) einen Wirkstoff von bisher unerreichter Potenz herzustellen.

Das Team um Matthias Tschöp (Helmholtz Diabetes Center am HMGU sowie Lehrstuhl für Stoffwechselerkrankungen der TUM) und Richard DiMarchi (Indiana University) forscht an neuartigen Therapieansätzen für Typ-2-Diabetes und Adipositas. Ihr Fokus liegt dabei auf dem Design neuer Moleküle, die die Wirkungen verschiedener Stoffwechselhormone auf sich vereinen.

In jüngster Vergangenheit war es den Wissenschaftlern gelungen, hormonähnliche Molekülstrukturen zu entwickeln, die das Wirkpotenzial zweier solcher Botenstoffe* besitzen und dadurch deutlichere Stoffwechselverbesserungen auslösen können, als es mit zuvor bekannten medikamentösen Ansätzen möglich schien.

Dreifachhormon senkt Körpergewicht noch effektiver und verbessert Insulinsensitivität

Aktuell präsentierte das interdisziplinäre Wissenschaftlerteam, unter Führung von Tschöp und DiMarchi, ein Dreifachhormon, das im Tiermodell nicht nur Blutzuckerspiegel, Appetit und Körperfett drastisch senkt, sondern auch Leberverfettung, Cholesterinwerte und Kalorienverbrennung verbessert – und zwar noch effektiver als es mit bisher verfügbaren mono-aktiven oder dual wirksamen Molekülen möglich war. Der Tri-Agonist senkte das Körpergewicht um etwa 30 Prozent, etwa doppelt so viel wie ein dualer Co-Agonist bei gleicher Dosierung. Zudem zeigte sich bei dem Dreifachhormon eine deutlich verbesserte Insulinsensitivität.

Wirkung an Rezeptoren von GLP-1, GIP und Glukagon

Das Tripel-Hormon wirkt spezifisch und zu gleichen Teilen an den drei Zielorten, den Rezeptoren von GLP-1**, GIP*** und Glukagon. GLP-1 und GIP bewirken eine vermehrte Insulin-Ausschüttung und senken dadurch den Blutzuckerspiegel. Darüber hinaus zügelt GLP-1 den Appetit. Das dritte Hormon, Glukagon, steigert langfristig vor allem die Kalorienverbrennung.

„Diese dreifache Hormonwirkung in einem einzigen Molekül zeigt eine bisher unerreichte Effektivität. So werden gleichzeitig mehrere Kontrollzentren des Stoffwechsels beeinflusst und zwar in der Bauchspeicheldrüse, in der Leber, im Fettgewebe sowie im Gehirn.“ erklärt Erstautor Brian Finan vom Helmholtz Diabetes Center.

„Dieser aktuelle Durchbruch zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, um bessere Therapien im Kampf gegen Fettleibigkeit und Diabetes zu designen.“ so Tschöp. „Der wichtigste nächste Schritt sind klinische Studien. Außerdem wollen wir weiter an personalisierten Therapiekonzepten arbeiten und versuchen, mit Kombinationsmolekülen aus vier, fünf oder mehr Hormonkomponenten den Stoffwechsel individuell noch effizienter zu programmieren.“

Ziel der Forschung am Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD), ist es, neue Ansätze für Diagnose, Therapie und Prävention der großen Volkskrankheiten zu etablieren und diese im Sinne der translationalen Forschung schnellstmöglich weiterzuentwickeln, um konkreten Nutzen für die Gesellschaft zu erbringen.

Mehr dazu:

Neues multipotentes Darmhormon wirkt bei Diabetes, Pressemitteilung vom 30.10.2013
http://www.helmholtz-muenchen.de/aktuelles/pressemitteilungen/2013/pressemitteilung/article/22675/index.html

Doppelangriff auf Diabetes: Neue Hormonkombination bessert Metabolisches Syndrom, Pressemitteilung vom 12.11.2012
http://www.helmholtz-muenchen.de/diabetes/news/news/article/20152/index.html

* bisherige Hormon-Duos vereinten die Wirkungen der Insulin-stimulierenden Darmhormone GLP-1 und GIP bzw. GLP-1 und dem Bauchspeicheldrüsenhormon Glukagon oder GLP-1 und dem Steroidhormon Östrogen auf sich.
** GLP1: Glucagon like Peptide 1
*** GIP: Gastric Inhibitory Peptide oder Glucose-dependent Insulinotropic Polypeptide

Weitere Informationen

Original-Publikation:
Finan, B. et al. (2014). A rationally designed monomeric peptide triagonist corrects obesity and diabetes in rodents, Nature Medicine, doi: 10.1038/nm.3761

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.200 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören. Das Helmholtz Zentrum München ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung e.V.

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung e.V. bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Mitglieder des Verbunds sind das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, die Paul Langerhans Institute des Carl Gustav Carus Universitätsklinikums Dresden und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen sowie die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. und die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz Antworten auf offene Fragen in der Diabetesforschung zu finden und einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung von Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten.

Das Institut für Diabetes und Adipositas (IDO) erforscht die Erkrankungen des Metabolischen Syndroms mit systembiologischen und translationalen Ansätzen auf der Basis von zellulären Systemen, genetisch modifizierten Mausmodellen und klinischen Interventionsstudien. Ziel ist die Entdeckung neuer Signalwege, um interdisziplinär innovative Therapieansätze zur personalisierten Prävention und Behandlung von Adipositas, Diabetes und deren Begleiterkrankungen zu entwickeln. IDO ist Teil des Helmholtz Diabetes Center (HDC).

Ansprechpartner für die Medien
Abteilung Kommunikation, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg – Tel.: 089-3187-2238 – Fax: 089-3187-3324 – E-Mail: presse@helmholtz-muenchen.de

Fachlicher Ansprechpartner
Prof. Matthias Tschöp, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Institut für Diabetes und Adipositas, Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg – Tel.: 089-3187-2103 – E-Mail: matthias.tschoep@helmholtz-muenchen.de

Media Contact

Dr. Nadja Becker Helmholtz-Zentrum

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer