Wertvolle Stoffe in Hüttenhalden finden

Aufbereiteter Sekundärrohstoff aus Schlacke. © Fraunhofer UMSICHT

Geht es um wichtige Rohstoffe, ist Deutschland von Importen abhängig – eine Situation, die Regierung und Industrie gerne ändern würden. Doch haben wir vielleicht bereits etwas in Halden vergraben, das wir noch nutzen könnten? Steckt in Hochofenschlacken, Konverterstäuben oder Gichtgasschlämmen, die dort abgelagert wurden, noch das eine oder andere brauchbare Metall? Das ist bis heute nur unzureichend bekannt.

Das Verbundprojekt »REStrateGIS« bringt in Form eines deutschlandweiten Ressourcenkatasters Licht ins Dunkel der deutschen Haldenlandschaft. Es wird vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen koordiniert. Das Kataster verrät, wo sich in Deutschland Halden, Deponien und andere Aufschüttungen befinden und im Idealfall auch, was dort abgelagert ist.

Möchte man sich einen Standort näher anschauen, reicht in Zukunft ein Klick und man sieht die gewünschte Lagerstätte im Großformat. Technisch ist es ohne weiteres möglich, auch zusätzliche Informationen wie historische und aktuelle Luftbilder, Fotos sowie Informationen zum Haldenkörper mit seinen Inhaltsstoffen einzubinden. Insgesamt vier Partner sind an REStrateGIS beteiligt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF finanziert das Projekt.

Basis für die visuelle Darstellung ist ein Geo-Informationssystem, in das die Forscher die entsprechenden Daten eingepflegt haben. »Diese zu beschaffen ist Detektivarbeit«, sagt Jochen Nühlen, Wissenschaftler am UMSICHT. »Wir haben Unterlagen gewälzt und das Puzzle Stück für Stück zusammengesetzt.« Die Forscher durchforsteten Landesarchive und Altlastenkataster, stöberten in Archiven von Bergbehörden und Unternehmen. Mit Erfolg: Mittlerweile ist die Lokalisierung abgeschlossen, die Basis für das Ressourcenkataster gelegt. Dabei ist eine Methode entstanden, die aufzeigt, wie Halden am effizientesten charakterisiert und beschrieben werden können. »In unserem Handbuch steht beispielsweise, wo man die richtigen Daten findet und wer die richtigen Ansprechpartner sind«, so Nühlen.

Während die Forscher vom UMSICHT sich durch die Archive arbeiten, analysieren ihre Kollegen der EFTAS Fernerkundung Technologietransfer GmbH Satellitendaten bestimmter Testregionen: Dazu gehören das Saarland, das westliche Ruhrgebiet und das Mansfelder Land. Diesen Bildern entnehmen sie automatisiert mögliche Standorte von Halden.

Die erhaltenen Daten vergleichen die Oberhausener Wissenschaftler mit ihren eigenen Ergebnissen – und spielen die Resultate an die EFTAS zurück. »So können wir helfen, die Satellitenfernerkennung für diese Aufgabe zu optimieren«, sagt Dr.-Ing. Asja Mrotzek, Gruppenleiterin am UMSICHT. »Künftig wäre sogar denkbar, die Methode für eine weltweite Detektion von Lagerstätten einzusetzen – auch in Gegenden, wo die Archive weniger Daten bereithalten.«

Eine Halde haben die Forscher vom UMSICHT genauer untersucht, gemeinsam mit den Kollegen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dem Institut für Baustoffforschung FEhS aus Duisburg und der Stahlwerk Thüringen GmbH. Nachdem Experten interviewt, Altunterlagen gesichtet und das Gelände begangen war, nahmen die Forscher Proben, die die Mitarbeiter am FEhS chemisch analysierten. Das Ergebnis: Eine genaue Auflistung der Inhaltstoffe.

Die Partner der Universität Halle untersuchten die Proben über reflexionsspektrometrische Messungen und beantworten die Frage: Welchen spektralen Fingerabdruck haben die Materialien? Über den Vergleich mit den chemischen Analysen erstellen sie so eine Datenbank. »Diese ermöglicht eine zielgerichtete Suche: Man könnte die Messtechnik an unbekannten Halden anwenden, um eine erste grobe Information darüber zu bekommen, welche Materialien sich an diesem Standort verbergen. An potenziell interessanten Stellen könnte man dann weitere Analysen durchführen«, erläutert Nühlen.

Doch was lagert nun eigentlich in den Halden? »Prozessbedingt vor allem Eisen«, weiß Mrotzek. »Auch phosphatreiche Schlacke wurde eine Zeit lang eingelagert – diese lässt sich beispielsweise direkt als Düngemittel nutzen. Reststoffe mit hohem Eisengehalt können unter bestimmten Voraussetzungen wieder in der Eisen- und Stahlindustrie eingesetzt werden.«

In einem weiteren Schritt werden die Forscher des UMSICHT nun eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchführen. Rentiert es sich jetzt schon, diese Stoffe aus den Halden zu gewinnen oder – je nachdem wie sich der Rohstoffpreis entwickelt – erst in fünf oder zehn Jahren? Denn es geht nicht nur darum, die Rohstoffe zu fördern, es muss sich wirtschaftlich auch lohnen.

Media Contact

Iris Kumpmann Fraunhofer Forschung Kompakt

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