Wasser marsch – ohne Frost und ohne Rost

Fließendes Wasser in jedem Haushalt ist deutschlandweit selbstverständlich – dazu liegen zahlreiche Kilometer Rohre unter der Erdoberfläche.

Gesteuert wird der Wasserfluss durch Absperr- und Regelarmaturen, die mit dem Bedienelement Einbaugarnitur betätigt werden. An Hydranten kann darüber mehr Wasser angefordert werden, beispielsweise wenn die Feuerwehr Löschwasser benötigt.

„Aus Kostengründen wird die Rohrüberdeckung beim Verlegen der Leitungen immer weiter reduziert. Dadurch kann Kälte von der Erdoberfläche über das Gestänge der Einbaugarnitur bis zur Armatur geleitet werden und dort zum Einfrieren der Armaturenspindel führen“, berichtet Prof. Dr. Lothar Kroll, Leiter der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung der TU Chemnitz. Folge ist zum einen, dass das Wasser nicht mehr reguliert werden kann, zum anderen kann die Armatur zerstört werden.

Forscher der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung und der Schönborner Armaturen GmbH haben ein hybrides Bauteil der Einbaugarnituren, die Kuppelmuffe, weiterentwickelt. Kuppelmuffen verbinden das Gestänge der Einbaugarnitur mit der Spindel der Absperrarmatur. Stand der Technik bei Wasser- sowie Gasleitungen sind bisher Kuppelmuffen aus metallischen Werkstoffen. Hier gibt es keine Isolation zwischen der Straßenoberfläche und der Armatur, sodass nicht nur die Kälte ohne Hindernis geleitet wird, sondern auch Strom.

Der Kontakt mit einer gerissenen Oberleitung oder einem defekten Baustellenkabel kann dadurch erhebliche Schäden verursachen. Verwendet werden in der Regel wenig hochwertige Materialien, der Einsatz von Edelstahl beschränkt sich auf teure Spezialanfertigungen. Anspruch bei der Optimierung des Bauteils war, dass nicht nur Kälte- und Stromfluss verhindert, sondern auch hohe Ansprüche an Festigkeit und Rostbeständigkeit erfüllt werden – außerdem musste das Produkt bei Serienfertigung einen marktfähigen Preis erlauben.

Forschungsergebnis ist eine Hybridkuppelmuffe aus Zink und Kunststoff. „Durch die Verwendung von Kunststoff ist zum einen die Isolation gesichert, zum anderen werden Gewicht und Material verringert sowie die Produktionskosten gesenkt. Das Metall verleiht der Konstruktion die nötige Festigkeit“, fasst Dr. Wolfgang Nendel, Leiter der Fachgruppe Leichtbautechnologien und Maschinenkonstruktion, zusammen. Für die mediale Belastung im Erdreich gibt es keinen genormten Test für ein solches Bauteil – die Chemnitzer Wissenschaftler verwendeten einen Salzsprühtest, der in der Automobilindustrie zum Einsatz kommt. „Das ist der härteste Test und er zeigt oft schon nach 100 Stunden erste Ergebnisse: Die alten Bauteile sind extrem gerostet, die neuen Hybridbauteile sind korrosionsbeständig und nach dem Test noch genauso leistungsfähig wie vorher“, fasst Professurmitarbeiter Jörg Kaufmann zusammen. Um weitere Ergebnisse zu erlangen, wird der Salzsprühtest auch noch über eine Dauer von 1.000 Stunden durchgeführt.

„Bei der internationalen Messe Wasser Berlin 2009 hat unser Projektpartner die Hybridkuppelmuffe vorgestellt und gleich zwei Kunden für dieses Produkt gefunden“, sagt Kaufmann. Das Unternehmen hat insgesamt drei Patente und Gebrauchsmuster für die Erfindung mit den Forschern der TU Chemnitz angemeldet. Das Projekt wurde von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) für eine Laufzeit von zwei Jahren mit rund 300.000 Euro gefördert.

Weitere Informationen erteilt Jörg Kaufmann, Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung, Telefon 0371 531-36473, E-Mail joerg.kaufmann@mb.tu-chemnitz.de

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Katharina Thehos idw

Weitere Informationen:

http://www.tu-chemnitz.de/

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