Saarbrücker Forscher ordnen Nanopartikel wie „Riesen-Atome“ an

Geordnete Nanopartikel im Elektronenmikroskop in der Durchsicht: Jeder Punkt stellt ein Nanopartikel dar. Quelle: INM<br>

Wie die Atome von Metallen oder Edelgasen bilden sie dabei je nach Anzahl ganz bestimmte Formen. Durch ihren Fund können die Forscher jetzt genau definierte Gebilde aus Nanopartikeln herstellen. Normalerweise bilden Nanopartikel eher ungeordnete, oft ziemlich lockere, fusselige Klumpen. Die Ergebnisse wurden jüngst in der Zeitschrift „Nano Letters“ veröffentlicht.

Die Forscher gehen davon aus, dass dieses unerwartete Verhalten von der Kleinheit der Nanoteilchen herrührt: „Wir nehmen an, dass sich Nanoteilchen mit einer Größe von nur sechs Nanometern ähnlich verhalten, wie Atome: Sie bewegen sich schnell, stoßen aneinander und ziehen sich an “, erklärt Tobias Kraus, Leiter des Programmbereichs Strukturbildung auf kleinen Skalen. Deshalb könnten sie sich auch beinahe so ordentlich anordnen wie Atome.

Je nach Anzahl der Nanoteilchen können die Wissenschaftler nun sogar voraussagen, welches dreidimensionale Gerüst die Partikel ausbilden. „Stellen Sie sich vor, dass solche Ansammlungen, sogenannte Cluster, mit 20 Teilchen wie eine Kugel aussehen, während 40 Teilchen sich eher wie ein Würfel anordnen und 60 Teilchen wie eine Pyramide“, erklärt der Materialwissenschaftler und Chemie-Ingenieur. So lassen sich gezielt Formen herstellen, indem man die Menge der Nanopartikel vor dem Herstellungsprozess festlegt. „Weil Nanopartikel als Kugel andere Eigenschaften haben, als Nanopartikel in Form eines Würfels, können wir mit der Anzahl der Teilchen gezielt Einfluss auf die Eigenschaften nehmen“, sagt Kraus, „Ein eher länglicher Cluster passt beispielsweise durch die Poren eines Filters, obwohl er mehr Partikel enthält als ein kugelförmiger Cluster“.

Die Wissenschaftler nutzen ein weit verbreitetes Prinzip, um die Nanopartikel in diese hochgeordnete Struktur zu zwingen. Dazu müssen die Goldnanopartikel alle gleich groß sein, was mit einem klassischen Verfahren gelingt: Die Forscher lösen kleine Goldbarren in konzentrierter Säure auf, verbinden das gelöste Gold mit organischen Molekülen und fügen oberflächenaktive Substanzen hinzu. Aus diesem Gemisch erhalten sie durch Erhitzen die Nanopartikel in einer Größe von sechs Millionstel Millimeter. Sie schwimmen in Öl, das die Forscher in kleine Tropfen zerteilen. Jeder Tropfen enthält mehrere Nanopartikel. „Wenn diese Tröpfchen verdunsten, bleibt für die Nanoteilchen immer weniger Platz und sie rücken sozusagen geordnet aneinander und bilden die geordneten Cluster aus“, fasst Kraus zusammen.

In Zukunft will das Team verschiedene Partikel in die Cluster einbauen, von denen jedes eine andere Aufgabe hat. Damit sei der erste Schritt zu einer mikroskopischen Maschine getan.

Originalpublikation: Johann Lacava, Philip Born, Tobias Kraus, “Nanoparticle Clusters with Lennard-Jones Geometries”, NanoLetters, DOI: 10.1021/nl3013659

Ansprechpartner:
Dr. Tobias Kraus
Programmbereich Strukturbildung auf kleinen Skalen
INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien gGmbH
Tel: +49 681 9300 389
E-Mail: tobias.kraus@inm-gmbh.de

Das INM erforscht und entwickelt Materialien – für heute, morgen und übermorgen. Chemiker, Physiker, Biologen, Material- und Ingenieurwissenschaftler prägen die Arbeit am INM. Vom Molekül bis zur Pilotfertigung richten die Forscher ihren Blick auf drei wesentliche Fragen: Welche Materialeigenschaften sind neu, wie untersucht man sie und wie kann man sie zukünftig für industrielle und lebensnahe Anwendungen nutzen? Das INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien gGmbH mit Sitz in Saarbrücken ist ein international sichtbares Zentrum für Materialforschung. Es kooperiert wissenschaftlich mit nationalen und internationalen Instituten und entwickelt für Unternehmen in aller Welt. Das INM ist ein Institut der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. und beschäftigt rund 190 Mitarbeiter. Seine Forschung gliedert sich in die drei Felder Chemische Nanotechnologie, Grenzflächenmaterialien und Materialien in der Biologie.

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Dr. Carola Jung idw

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