Neues von Tisch & Stuhl – Textilbeton erobert nach Brücken und Fassaden den Freizeitbereich

(Quelle: Textilbetonzentrum): Schlank & leicht: Betontextil-Bank von Martin Kleppe

Das Prinzip, bei dem Gelege aus Glas- oder Carbonfasern als alternative Betonbewehrung genutzt werden geht vor allem auf vielfältige Vorarbeiten in Chemnitz und zwei universitären Sonderforschungsbereichen in Dresden und Aachen zurück. Ein von Produktdesignern und Architekten gegründetes Start up aus Dresden will ab Herbst 2010 erstmals formschöne Sitzmöbel aus Textilbeton in Kleinserie anbieten. Damit soll der revolutionäre Baustoff im wahrsten Wortsinne salonfähig werden.

Das Textil im hochfesten und wetterfesten Feinkornbeton ersetzt nach Mitteilung des in Dresden ansässigen Deutschen Zentrum Textilbeton korrosionsanfällige Stahlbewehrung und ermöglicht schwungvolle Formgebung und Gestaltung. Projektleiter Silvio Weiland, der als Geschäftsführer des TUDALIT®-Markenverbandes die Technologie und neue Produkte aus Textilbeton weltweit etabliert, kann sich den neuen Baustoff für Instandhaltung und Neubau nicht nur bei Gebäuden, an Tragwerken oder Brücken vorstellen. Durch freie Formbarkeit ließen sich sowohl Bauteile für Industrie- und Neubau herstellen als auch Objekte mit funktionalem und zugleich ästhetischem Anspruch gestalten.

Bauindustrie zurückhaltend
Allerdings stehen kostspielige Zertifizierungen wie auch die bauaufsichtliche Prüfung für den industriellen Breiteneinsatz teilweise noch aus, beispielsweise die Zulassung von Textilbeton für Verstärkungsverfahren. Beim Transfer der Forschungsergebnisse in den Markt einschließlich der Übernahme von Zertifizierungskosten verhalte sich die Bauindustrie eher zurückhaltend. Umso wertvoller ist das Engagement der Unternehmen im TUDALIT Markenverband, sagt Weiland. Das Forschungskuratorium Textil e. V., das die Textilforschung in den angeschlossenen 16 deutschen Instituten koordiniert, spricht von einem „schwerwiegenden“ Transferproblem. Ein originär in Deutschland und mit öffentlichen Fördermitteln entwickelter Hochfest-und Leichtbauwerkstoff, der sich für den Einsatz weit über das Bauwesen hinaus empfiehlt, komme bisher nur punktuell in Demonstrationsanwendungen zur Anwendung, bilanziert Geschäftsführer Dr. Klaus Jansen. „Obwohl die TU Dresden und die RWTH Aachen ausgezeichnete Vorarbeiten in Produkt und Technologie geleistet haben, können wir nach rund 20 Jahren Textilbeton und verlockender Materialeigenschaften immer noch nicht vom eigentlichen Durchbruch des Materials sprechen.“
Textil revolutioniert Beton
Das Textilbetonzentrum verweist in diesem Zusammenhang auf repräsentative Einzelfall-Lösungen, so auf die Textilbeton-Brücken in Oschatz und Kempten. Inzwischen nimmt die Forschung Kurs auf multifunktionale Bauelemente, beispielsweise Fassadenplatten mit Zwischendämmung oder auch Solartechnik. Ein erstes Fassadensystem mit textiler Bewehrung an einem Institutsgebäude in Aachen feiert inzwischen sein Einjähriges. Bei den über 500 Quadratmeter textiler Fassadenplatten konnten im Vergleich zur traditionellen Bauweise 80 Prozent Beton eingespart werden. Greifbar wird auch die Möglichkeit, mit dem neuen Material neuartige Flächenheizungen, beispielsweise für U-Bahnen, herzustellen. Das Motto „Textil revolutioniert Beton“ lässt sich am besten beim Interieur nachweisen. Erstmalig seien die Herstellung dünnwandiger Betonelemente und Hohlkörper mit Wandstärken von nur zwei mm möglich. Am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik der TU Dresden wurde gar ein transluzenter, also lichtdurchlässiger, Textilbeton entwickelt.
Möbel für Inhouse und Outdoor
Möbeldesigner wie Martin Kleppe aus Düsseldorf (Halbkugeltisch mit jeweils knapp 8 kg leichten Schalensitzen bzw. Sitzbank mit einer Bauteildicke von 10 mm)) und die aktuelle in Aussicht gestellte Betonsessel-Produktreihe der NAPOLEON Möbelmanufaktur aus Dresden wollen mit unikaten Sitzelementen aus Textilbeton den Alltag erobern. Einen besonderen Reiz gewinnt der Hightech-Werkstoff im Betonkleid in Verbindung mit traditionellen Materialien wie Holz, Glas, Naturstein oder Metall und solchen Methoden der Oberflächenveredelung wie Schleifen, Polieren, Imprägnieren und Wachsen. Damit werden z. B. Möbel nicht nur für den Privatbereich attraktiv und für Inhouse bzw. Outdoor alltagstauglich. Vor diesem Hintergrund kündigte Manufakturmitbegründer Lars Schmieder eine zweite Produktlinie an: Outdoor-Möbel für die Stadt- und Parkmöblierung.
Kontakt:
Dr. Klaus Jansen, Tel: 030-726 22 040, www.textilforschung.de
Silvio Weiland, Tel: 0351-463 36 344, www.textilbetonzentrum.de

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Nicole Lehwald Inno Media

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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