Wie Nanopartikel die Härte von Zement bestimmen

Ein nachhaltigerer und „grüner“ Zement muss genau so hart sein wie der traditionelle Portland-Zement. Was dessen unglaubliche Härte ausmacht, hat eine Forschungsgruppe herausgefunden, die auch vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt wird.

Das Rezept für den Portland-Zement wurde über Jahre verfeinert, nun ist er die gebräuchlichste aller Zementarten. Emanuela Del Gado, SNF-Förderungsprofessorin am Institut für Baustoffe der ETH Zürich, erklärt, dass es zwei Gründe für seine Beliebtheit gibt: die legendäre Härte des Zements und die Verfügbarkeit seiner Bestandteile.

Fünf Prozent der Kohlendioxidemissionen
Die Kehrseite der Medaille: Bis heute lässt sich Zement nicht herstellen, ohne Kalziumkarbonat zu verbrennen. Dieser Erhitzungsprozess ist für ungefähr fünf Prozent aller Kohlendioxidemissionen verantwortlich. Und das lässt sich so leicht nicht ändern, da ein neues Verfahren für nachhaltigeren Zement hohe Anforderungen in Bezug auf Härte und Verfügbarkeit der Rohstoffe erfüllen muss.

Da die Zementherstellung so umweltschädlich ist, befassen sich weltweit verschiedene Forschungsgruppen mit der Frage, wie aus der Vermischung von feinem Staub und Wasser ein Stoff von so grosser Härte entsteht.

Unterschiedliche Dichten im Nanobereich
Forschende des Massachussetts Institute of Technology (MIT) konzentrierten sich auf die Erforschung von Zement im Nanobereich. Sie verwendeten dabei ein Instrument, das auf geringsten Flächen imSubmikrometerbereich mechanische Belastungen ausüben kann. So haben sie festgestellt, dass zwischen verschiedenen Messpunkten im Zement grosse Unterschiede in der Dichte bestehen. Die Gründe dafür blieben vorerst im Dunkeln.

Der Physikerin Emanuela Del Gado ist es jetzt gelungen, diese Unterschiede zu erklären. Sie interessiert sich vor allem für amorphe Materialien mit unregelmässig verbundenen Komponenten. „Gewisse Eigenschaften zeigen sich nur auf der Nano-Ebene und nicht auf der atomaren Ebene. Dies trifft auch auf hydriertes Kalziumsilikat zu, das eine entscheidende Rolle bei der Erhärtung von Zement spielt“, sagt Del Gado.

Anordnung von Teilchen unterschiedlicher Grösse
Die Forschenden kreierten zuerst ein Modell, das die Anordnung hydrierter Kalziumsilikat-Nanopartikel beschreibt. In einem zweiten Schritt entwickelten sie aufgrund numerischer Simulationen eine Methode, um die Anordnung der Teilchen bei der Ausfällung zu beobachten (*). „Wir konnten zeigen, dass die unterschiedlichen Dichtebereiche durch unterschiedlich grosse Nanopartikel zustande kommen. Die dadurch entstehende Festigkeit ist grösser, als wenn alle Teilchen gleich gross wären. Entsprechend ist seit langem bekannt, dass Beton härter wird, wenn man auf der makroskopischen Ebene Aggregate unterschiedlicher Grösse kombiniert.“

Bis heute haben alle Versuche, Zement mit weniger oder ohne Kalziumkarbonat herzustellen, zu einem Härteverlust geführt. Doch das verbesserte Verständnis der Vorgänge im Nanobereich führen hoffentlich zu einer präziseren Definition der physikalischen und chemischen Parameter, die einen ebenso harten, aber umweltfreundlicheren Zement charakterisieren.

(*)E. Masoero, E. Del Gado, R. J.-M. Pellenq, F.-J. Ulm, and S. Yip (2012). Nanostructure and Nanomechanics of Cement: Polydisperse Colloidal Packing. Physical Review Letters. DOI: 10.1103/PhysRevLett.109.155503

(als PDF beim SNF erhältlich; E-Mail: com@snf.ch)

Kontakt
Prof. Dr. Emanuela Del Gado
Institut für Baustoffe
ETH Zürich
CH-8093 Zürich
Tel.: +41 44 633 37 44
E-Mail: delgado@ifb.baug.ethz.ch

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