Goldpyramiden machen Kohlenmonoxid-Spuren in der Luft erkennbar

Rechts: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme<br>der Gold-Nanopyramiden.<br>Links: (1) oben links: Einzelne Gold-Nanopartikel<br>in einer transmissionselektronenmikroskopischen<br>Aufnahme; (2) daneben rechts: Foto eines handlichen<br>SERS-Sensors, bestehend aus einer quadratzentimeter-<br>großen Fläche, auf der die beschichteten Gold-<br>Nanopyramiden angeordnet sind; (3) Mitte:<br>Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer<br>Pyramide; (4) unten: Nahaufnahme der kugelartigen<br>Nanopartikel an einer Kante der Pyramide.<br><br>1 Nanometer entspricht 1 Millardstel Meter,<br>1 Mikrometer entspricht 1 Millionstel Meter.<br><br>Grafik: Dr. Nicolas Pazos-Peréz;<br>mit Autorangabe zur Veröffentlichung frei.<br>

Ein handliches und preisgünstiges Spektrometer kann in Verbindung mit einer nanostrukturierten Oberfläche feinste Spuren von Kohlenmonoxid in der Atmosphäre entdecken. Über diese Entwicklung berichtet ein internationales Team mit Dr. Nicolas Pazos Peréz und Prof. Dr. Andreas Fery an der Universität Bayreuth in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“.

Der Forschergruppe ist es gelungen, die Leistungsfähigkeit der oberflächenverstärkten Raman-Streuung in einer bisher unerreichten Weise zu steigern. Das Geheimnis dieses Effekts sind Pyramiden aus Gold-Nanopartikeln, die auf einer metallischen Oberfläche angeordnet sind und hier ein regelmäßiges Muster unterschiedlicher Feldstärken erzeugen.

Pyramiden aus Gold-Nanopartikeln ermöglichen hochpräzise Einblicke in molekulare Strukturen

Wenn es darum geht, die Strukturen und Eigenschaften von Materialien aufzuklären, können spektroskopische Untersuchungen mithilfe der oberflächenverstärkten Raman-Streuung (Surface Enhanced Raman Scattering, kurz: SERS) hochpräzise Ergebnisse liefern. Elektromagnetische Felder, die an den Oberflächen metallischer Partikel auftreten, werden dabei so verstärkt, dass die Streuung einfallender Lichtstrahlen Einblicke in den chemischen Aufbau einzelner Moleküle bieten.

Auf der Suche nach Wegen, dieses Verfahren noch leistungsfähiger zu machen, hat die Forschergruppe, in der die Bayreuther Chemiker mit Wissenschaftlern spanischer Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammengearbeitet haben, ein ungewöhnliches filmartiges Material hergestellt. Darauf befinden sich winzige Pyramiden, die regelmäßig – wie bei einem karierten Muster – angeordnet sind. Jede Pyramide besteht dabei aus einer Vielzahl kugelförmiger Gold-Nanopartikel, hat Seitenlängen von 4,4 Mikrometern und ist 3,0 Mikrometer hoch. Die seitlichen Abstände zu den benachbarten Pyramiden betragen jeweils nur wenige Mikrometer.

Wie verteilen sich die elektromagnetischen Felder, die durch die Wechselwirkungen der Gold-Nanopartikel entstehen, auf der Oberfläche des Materials? Um dies herauszufinden, wurden die Pyramiden und die Zwischenräume mit 1-naphthalenethiol, einer aromatischen Verbindung, beschichtet. Das Ergebnis der spektroskopischen Untersuchung: Die Feldstärken sind auf den Seitenflächen der Pyramiden deutlich höher als zwischen den Pyramiden; die höchsten Feldstärken konzentrieren sich auf den Pyramidenspitzen. Die Oberfläche des Materials ist also gekennzeichnet durch eine regelmäßige Anordnung sehr verschiedener Feldstärken auf kleinstem Raum.

Diese Verteilung der Feldstärken ist eine hervorragende Voraussetzung, um den chemischen Aufbau einzelner Moleküle mithilfe von SERS sichtbar zu machen. Dazu müssen die Moleküle in den schmalen Räumen zwischen den Pyramiden eingelagert werden. „Die neue Oberfläche, die wir hier in Bayreuth entwickelt haben, ist ein vielversprechendes Substrat, um hochpräzise Informationen über die Strukturen einzelner Moleküle zu gewinnen“, erklärt Dr. Nicolas Pazos Peréz. „Auf diese Weise werden wir die Leistungsfähigkeit von SERS weiter steigern können, nachdem wir im vorigen Jahr nachgewiesen haben, welche grundsätzlichen Vorteile es mit sich bringt, wenn man spezielle Anordnungen von Gold-Nanopartikeln verwendet.“

Transportable SERS-Spektrometer können geringste Kohlenmonoxid-Anteile in der Luft aufspüren – und möglicherweise auch weitere Giftstoffe

Ausgehend von diesem Erfolg haben die spanischen Kooperationspartner getestet, ob sich die neuen Oberflächen dafür eignen, Kohlenmonoxid (CO) in der umgebenden Luft aufzuspüren. Dafür wurden die Gold-Nanopyramiden mit einer Schicht aus Eisen-Porphyrin überzogen. Die Moleküle dieser Schicht sind in der Lage, CO-Moleküle in unmittelbarer Nähe der Pyramiden-Oberflächen zu binden. Dadurch bilden die Oberflächen der regelmäßig angeordneten, beschichteten Pyramiden einen Sensor. In Kombination mit einem kleinen und leicht zu transportierenden SERS-Spektrometer kann ein solcher Sensor genutzt werden, um geringe CO-Konzentrationen in der umgebenden Luft aufzuspüren. Selbst CO-Konzentrationen von weniger als 40 ppm – also von weniger als 0,004 Prozent – werden entdeckt. Derart geringe Mengen lösen beim Menschen zwar keine Krankheitssymptome aus, schädigen auf Dauer aber dennoch den Organismus.

Ein kleines SERS-Spektrometer, in Verbindung mit den Oberflächen aus Gold-Nanopyramiden, kann daher ein wertvoller Beitrag zum Gesundheitsschutz sein – beispielsweise im Straßenbau oder auch in Wohnungen mit Verbrennungsöfen. „Es ist gut möglich, dass mit einem solchen Spektrometer und mit geeigneten Beschichtungen der Gold-Nanopyramiden auch noch andere Giftgasspuren in der Luft entdeckt werden können“, meint Dr. Nicolas Pazos Peréz. Nicht zuletzt im Hinblick auf solche Anwendungsperspektiven hat die Zeitschrift „Angewandte Chemie International Edition“ den Forschungsbeitrag des Bayreuther Teams und seiner Partner in Spanien als „Hot Paper“ ausgezeichnet.

Hintergrund:

An der internationalen Forschungsgruppe, die diesen Beitrag veröffentlicht hat, waren –

zusammen mit Prof. Dr. Andreas Fery, Dr. Nicolas Pazos-Peréz und Moritz Tebbe M.Sc. am Lehrstuhl Physikalische Chemie II der Universität Bayreuth – Wissenschaftler der folgenden spanischen Einrichtungen beteiligt: Universitat Rovira i Virgili, Tarragona; Universidad de Vigo; ICREA – Institució Catalana de Recerca i Estudis Avançats, Barcelona.

Veröffentlichung:

Alba M, Pazos-Perez N, Vaz B, Formentin P, Tebbe M, Correa-Duarte MA, Granero P, Ferré-Borrull J, Alvarez R, Pallares J, Fery A, de Lera AR, Marsal LF, Alvarez-Puebla RA,
Macroscale plasmonic substrates for highly sensitive surface-enhanced Raman scattering
in: Angewandte Chemie International Edition, 2013 Jun 17;52(25):6459-63.
DOI: 10.1002/anie.201302285
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Andreas Fery
Dr. Nicolas Pazos Peréz
Lehrstuhl für Physikalische Chemie II
Universität Bayreuth
D-95440 Bayreuth
Telefon: +49 (0) 921 55-2751
E-Mail: andreas.fery@uni-bayreuth.de / nicolas.pazos@uni-bayreuth.de

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Christian Wißler Universität Bayreuth

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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