Gold-Nanopartikel machen den Ursprung des Wachstums von Krebszellen in ganzen Zellen sichtbar

Die Markierung mit Gold-Nanopartikeln macht die Paarbildung des Rezeptors für EGF sichtbar.<br>Grafik: INM <br>

Dies geschieht, weil sich zu viele Rezeptoren für den Wachstumsfaktor EGF, die sich auf der Zelloberfläche befinden, zu Pärchen koppeln. Diese Pärchen starten eine Signalkette in die Zelle hinein, an deren Ende das ungebremste Wachstum steht.

Nun gelang es Wissenschaftlern am INM–Leibniz-Institut für Neue Materialien erstmals, diese Paarbildung in menschlichen Krebszellen an einzelnen Rezeptoren durch Gold-Nanopartikel sichtbar zu machen. Die Ergebnisse wurde vor Kurzem im Online-Journal Scientific Reports veröffentlicht.

„Der Mechanismus der Paarbildung konnte noch nie auf der Ebene der einzelnen Rezeptoren und in ganzen Zellen sichtbar gemacht werden“, erklärt Diana Peckys, Humanbiologin am INM. „Bisher wurden dazu biochemische Methoden verwendet, bei denen man zum Einen die Zellen im Prinzip zerstört und zum anderen immer nur berechnete Mittelwerte aus der Beobachtung vieler Rezeptoren erhält“, erklärt Peckys, „wir untersuchten nun die Anordnungen einzelner Rezeptoren in Pärchen- und in kleineren Gruppen. Dies war möglich weil es uns gelang, die einzelnen Rezeptoren auf der funktionsfähigen Zelle im Elektronenmikroskop sichtbar zu machen.“

Dazu markierten die Forscher den Wachstumsfaktor EGF mit Gold-Nanopartikeln mit einem Durchmesser von etwa zehn Nanometern. Gleichzeitig arbeiteten sie mit einer besonderen Mess- und Präparationstechnik, die es ermöglicht, ganze Zellen in ihrem natürlichen, flüssigen Zustand im Rasterelektronenmikroskop im Nanometerbereich zu untersuchen. Mit diesen kombinierten Methoden bildeten sie mit einer Auflösung von drei Nanometern erstmals eins zu eins ab, dass EGF an den Rezeptor bindet und in welchem Abstand die Rezeptoren bei der Paarbildung zueinander stehen.

Neben dem experimentellen Beweis bisheriger theoretischer Berechnungen arbeitet das Team aus dem Programmbereich Innovative Elektronenmikroskopie nun verstärkt mit deutschen Krebsforschern zusammen. „Wir wollen mit unserer neuen Messmethode zukünftig vor allem untersuchen, wie verschiedene Krebsmedikamente die Paar- und Gruppenbildung der EGFR und ähnlicher, verwandter Rezeptoren beeinflussen. Die Beobachtung solcher Prozesse auf der Einzelmolekülebene eröffnet hier neue Perspektiven für die Krebsforschung“, fasst die Elektronenmikroskopikerin zusammen.

Hintergrund
Auf allen Zellen des Säugetierorganismus befinden sich Rezeptoren für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR). Wenn sich der dazugehörige Wachstumsfaktor (EGF, epidermal growth factor) an den Rezeptor EGFR koppelt, verändert der Rezeptor seine Form so, dass er sich mit einem zweiten Rezeptor zusammenlagern kann, an welchem dann leicht auch ein Wachstumsfaktor binden kann. Ein solches aktiviertes Rezeptor-Pärchen veranlasst durch eine komplizierte Signalkette das Zellwachstum, das in gesunden Zellen eine normale Zellerneuerung bewirkt. Wenn allerdings zu viele dieser sogenannten Dimere auf der Zelloberfläche gebildet werden, regt dies die Zellen übermäßig zur Zellteilung und Wachstum an, was zu bösartigen Tumoren und Metastasen führen kann.
Originalpublikation:
D. Peckys, J.-P. Baudoin, M. Eder, U.Werner, N. de Jonge, “Epidermal growth factor receptor subunit locations determined in hydrated cells with environmental scanning electron microscopy”, Scientific Reports 3 (2013), Article Number: 2626, doi: 10.1038/srep02626
Ansprechpartner:
Dr. Diana B. Peckys
INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien
Programmbereich Innovative Elektronenmikroskopie
Tel: 0681-9300-389
diana.peckys(at)inm-gmbh.de
Das INM erforscht und entwickelt Materialien – für heute, morgen und übermorgen. Chemiker, Physiker, Biologen, Material- und Ingenieurwissenschaftler prägen die Arbeit am INM. Vom Molekül bis zur Pilotfertigung richten die Forscher ihren Blick auf drei wesentliche Fragen: Welche Materialeigenschaften sind neu, wie untersucht man sie und wie kann man sie zukünftig für industrielle und lebensnahe Anwendungen nutzen? Dabei bestimmen vier Leitthemen die aktuellen Entwicklungen am INM: Neue Materialien für Energieanwendungen, Neue Konzepte für Implantatoberflächen, Neue Oberflächen für tribologische Anwendungen sowie Nanosicherheit. Die Forschung am INM gliedert sich in die drei Felder Chemische Nanotechnologie, Grenzflächenmaterialien und Materialien in der Biologie. Das INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien mit Sitz in Saarbrücken ist ein internationales Zentrum für Materialforschung. Es kooperiert wissenschaftlich mit nationalen und internationalen Instituten und entwickelt für Unternehmen in aller Welt. Das INM ist ein Institut der Leibniz-Gemeinschaft und beschäftigt rund 190 Mitarbeiter.

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Dr. Carola Jung idw

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