Forschern gelingt Umformung von Hybridrohren aus Aluminium und Stahl

Erfolgreicher Umformversuch: Dieses Rohr besteht zur Hälfte aus Aluminium und zur Hälfte aus Stahl. Die lasergelötete Fügezone hielt der Innenhochdruckumformung stand. Foto: IPH

Mit der Innenhochdruckumformung von Hybridrohren – sogenannten Tailored Hybrid Tubes – haben die Forscher erstmals zwei Leichtbau-Ansätze verbunden: Zum einen die Gewichtseinsparung durch die Geometrie der Bauteile, zum anderen durch das Material. Rohre sind generell gut für den Leichtbau geeignet, weil sie im Verhältnis zu ihrem Gewicht äußerst steif und stabil sind.

Fertigt man sie zudem noch aus einer Kombination von Stahl und Aluminium, lässt sich weiteres Gewicht einsparen. Aus schwerem, aber festem Stahl werden dann nur jene Abschnitte gefertigt, die hohen Belastungen ausgesetzt sind – der Rest des Bauteils kann aus leichtem Aluminium bestehen.

Die Herstellung solcher Hybridbauteile ist jedoch eine Herausforderung, weil sich Stahl wesentlich schwerer umformen lässt als Aluminium. Zudem müssen die Rohrabschnitte vor dem Umformen so miteinander verbunden werden, dass die Fügezone später nicht reißt. Schweißen scheidet aus: Hier würde sich eine spröde Naht bilden, die sich nicht umformen lässt.

Forscher des Instituts für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH und des Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH) konnten diese Probleme nun lösen und Tailored Hybrid Tubes schaffen, die sich im Innenhochdruckverfahren umformen lassen. Stahl und Aluminium haben sie mittels Laserlöten verbunden.

Das Aluminium-Silizium-Lot wird mit dem Laserstrahl lokal erwärmt und aufgeschmolzen. Weil dabei der Wärmeeintrag sehr gering ist, entstehen keine spröden Bestandteile, die die mechanischen Eigenschaften der Naht während des Umformens beeinträchtigen.

Die gelötete Fügezone hält einem Druck von bis zu 900 bar stand, ohne zu reißen. 900 bar sind in der Innenhochdruckumformung mehr als ausreichend, um sowohl Aluminium als auch Stahl zu verformen. Um eine möglichst gleichförmige Umformung zu erreichen, haben die Forscher mit verschiedenen Werkstoffgüten experimentiert. Ihr Ergebnis: Am besten funktioniert die Umformung, wenn der Stahl (E235+C) mit einer höherfesten Aluminiumlegierung (EN AW-6082) kombiniert wird.

Bei der Innenhochdruckumformung wird ein Rohr in eine Form eingelegt und mit Wasser gefüllt. Wird nun der Druck erhöht, schmiegt sich das Rohr langsam an die Form an – so lässt sich fast jede beliebige Geometrie erzeugen. In den Umformversuchen haben sich die Forscher vor allem auf die Fügezone konzentriert und diesen Bereich umgeformt, um zu erforschen, welchen Belastungen diese schwächste Zone des Bauteils standhält und wo die Grenzen des Verfahrens liegen.

Im Praxiseinsatz würden eher die Rohrabschnitte abseits der Fügezone umgeformt. Damit ließen sich beispielsweise besonders leichte Karosseriebauteile fertigen: Kritische Bereiche, die etwa bei einem Unfall große Kräfte auffangen müssen – zum Beispiel die Anbindungsstellen zur B-Säule – würden aus Stahl geformt, weniger belastete Bereiche dagegen aus Aluminium. Um das Verfahren weiter in Richtung Industriereife zu bringen, sind die Forscher ständig auf der Suche nach weiteren Anwendungsmöglichkeiten für das Innenhochdruckumformen von Tailored Hybrid Tubes.

Ihre vielversprechenden Forschungsergebnisse stellen die Wissenschaftler auf der EuroBLECH vor, die vom 25. bis 29. Oktober 2016 auf dem Messegelände in Hannover stattfindet. Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH präsentiert sich in Halle 11, Stand B07 auf dem Gemeinschaftsstand der Europäischen Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung (EFB).

http://www.euroblech.com Informationen zur Messe EuroBLECH
http://www.ihu-tht.de Informationen zum Forschungsprojekt „IHU-THT – Innenhochdruckumformen laserstrahlgelöteter Tailored Hybrid Tubes aus Stahl-Aluminium-Mischverbindungen für den automobilen Leichtbau“

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Susann Reichert idw - Informationsdienst Wissenschaft

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