Design ressourceneffizienter Materialien

Die international renommierte Fachzeitschrift „Nature Materials“ präsentiert jetzt erstmals einen interdisziplinären Forschungsansatz, der die Konzeption eines den künftigen Herausforderungen gerecht werdenden ganzheitlichen Materialdesigns verspricht.

Am Beispiel der Entwicklung einer neuen Generation von Materialien für Superkondensatoren – das sind zentral wichtige Bauteile für die Elektronik und die Energiespeicherung – beschreiben Materialwissenschaftler der Universitäten Augsburg und Sheffield gemeinsam mit Augsburger Ressourcenstrategen und -managern technische, geopolitische und ökonomische Rahmenbedingungen für innovative technologische Entwicklungen von morgen.

Entscheidend für das Gelingen dieser Entwicklungen, so betonen die Wissenschaftler in ihrem Nature Materials-Beitrag, sind nicht nur Materialparameter: Von Beginn an müssen vielmehr sowohl ökonomische Betrachtungen zur Kostenentwicklung der eingesetzten Materialien und der Prozesse als auch ressourcenstrategische Überlegungen mit Blick auf die Vorkommen und die geopolitische Verfügbarkeit der benötigten Ausgangsmaterialien mit einbezogen werden. „Wir“, so der Augsburger Experimentalphysiker Prof. Dr. Alois Loidl, „unternehmen hier erstmals den Versuch, bei der Konzeption neuer Funktionsmaterialien bereits im Stadium der Grundlagenforschung quantifizierbare techno-ökonomische Aussagen zur langfristigen Planungssicherheit bei der wirtschaftlichen Umsetzung machen zu können, indem wir die Ressourcen-Kritikalität – also z. B. die Frage der mittel- und langfristigen Verfügbarkeit benötigter, aber seltener und aus unterschiedlichsten Gründen immer knapper und dementsprechend teurer werdender Rohstoffe – von Beginn an zum integralen Bestandteil unserer Forschung machen.“

Zentrale Frage der Kosten und der Verfügbarkeit technologisch unverzichtbarer Rohstoffe

Es liegt auf der Hand, dass bei einem Technologiesprung, der entweder durch erhöhte Anforderungen aufgrund weiterer Miniaturisierung oder aber durch Ressourcenengpässe erzwungen wird, eine äußert sorgfältige Überprüfung sowohl der Kosten als auch der dauerhaften Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe erforderlich ist. Dieser Notwendigkeit wird bisher bei Technologieplanungen allerdings in den wenigsten Fällen Genüge getan. Und dies nicht zuletzt deshalb, weil es an Experten fehlt, die durch eine entsprechend interdisziplinäre wissenschaftliche Ausbildung zum qualifizierten Umgang mit diesen komplexen Herausforderungen befähigt wären.

Szenario: Weitere Miniaturisierung erzwingt zeitnahe Substitution kritischer Materialien

In ihrem jetzt von Nature Materials publizierten Artikel gehen die in den Bereichen Materialwissenschaft, Ressourcenmanagement und Ressourcenstrategie forschenden Natur- und Wirtschaftswissenschaftler von einem Szenario aus, in dem mit Seltenen Erden dotierte Keramikvielschicht-Kondensatoren auf Bariumtitanat-Basis, die einen Milliarden Dollar-Markt konstituieren, durch neu entwickelte leistungsfähigere Elektrokeramiken ersetzt werden müssen, weil eine geplante weitere Miniaturisierung – insbesondere für die Kommunikationselektronik – eine Substitution dieser kritischen Materialien zeitnah erforderlich macht. Neben den Materialeigenschaften der zu entwickelnden Keramiken an sich ist in diesem Szenario die Kostenanalyse eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Für diese Analyse sind Faktoren wie die geopolitische Verfügbarkeit und die Versorgungssicherheit ebenso ausschlaggebend wie genuin wirtschaftliche Aspekte, also etwa Investitionsvolumina und die Preisentwicklung der Rohmaterialien. Eine Ampelmatrix signalisiert die unter diesen unterschiedlichen Gesichtspunkten sich abzeichnenden Entwicklungsperspektiven und bietet somit eine präzise Entscheidungshilfe.

Alle relevanten Kompetenzen an der Universität Augsburg versammelt

Im Kontext der Ansiedlung neu gegründeter Forschungseinrichtungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Fraunhofer Gesellschaft (FhG) hat die Universität Augsburg in den letzten Jahren die Materialwissenschaften in den Bereichen Hybrid- und Leichtbau und in Kohlestofffaserverbund-Technologien deutlich verstärkt. Darüber hinaus verfügt die Universität Augsburg mit dem international renommierten Zentrum für Elektronische Korrelationen und Magnetismus (EKM) über einen Schwerpunkt „Oxydische Funktionsmaterialien“ und ist weiterhin Standort des bundesweit ersten Lehrstuhls für Ressourcenstrategie. In Form dieser Einrichtungen und eines leistungsfähigen Kernkompetenzzentrums Finanz- & Informationsmanagement sind an der Universität Augsburg folglich alle Kompetenzen versammelt, die erforderlich sind, um zukunftsweisende interdisziplinäre Studien auf dem Gebiet des Designs ressourceneffizienter Materialien voranzutreiben.

In Forschung und Lehre den Herausforderungen entsprechend interdisziplinär organisiert

Zur Bündelung dieser Kompetenzen wurde 2010 das neue Institut für Materials Resource Management (MRM) errichtet. Durch die Einführung eines B.Sc.-Studienganges „Wirtschaftsingenieur“, dessen Schwerpunkt genau in diesen Kompetenzfeldern liegt und der sich bereits bei seinem Start mit mehr als 1.200 Bewerbungen als äußerst attraktiv erwiesen hat, kommt die Universität Augsburg auch der Ausbildungsverantwortung für die Fachkräfte von morgen nach. „Wir sehen uns also in Forschung und Lehre hervorragend aufgestellt, um den in den Bereichen E-Mobilität, Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz anstehenden Herausforderungen mit unserer Materialwissenschaften, Ressourcenstrategie und Ressourcenmanagement vernetzenden Strategie erfolgreich begegnen zu können“, so Loidl. Bestätigt wird dies durch den jetzt in Nature Materials erschienenen richtungsweisenden Artikel „The route to ressource-efficient novel materials“, der auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Loidls Lehrstuhl (Physik und Materialwissenschaften) und den Lehrstühlen bzw. Professuren für Ressourcenstrategie (Prof. Dr. Armin Reller), für BWL/Wirtschaftsinformatik, Informations- & Finanzmanagement (Prof. Dr. Hans Ulrich Buhl) sowie für Ressourcenmanagement (Prof. Dr. Andreas Rathgeber) zurückgeht.

Originalbeitrag:
S. Krohns, P. Lunkenheimer, S. Meissner, A. Reller, B. Gleich, A. Rathgeber, T. Gaugler, H. U. Buhl, D. C. Sinclair und A. Loidl: The route to resource-efficient novel materials, Nature Materials 10, 899, 2011 – http://www.nature.com/nmat/journal/v10/n12/full/nmat3180.html
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Alois Loidl
Lehrstuhl für Experimentalphysik V / EKM
Universität Augsburg
86135 Augsburg
Telefon -49(0)821-598-3600
alois.loidl@physik.uni-augsburg.de
Weitere Informationen:
• zum Institut für Materials Resource Management (MRM):
http://www.mrm.uni-augsburg.de
• zum Studiengang „Wirtschaftsingenieur“ (WING):
http://www.mrm.uni-augsburg.de/studium/

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

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