Biopolymere auf dem Vormarsch

Cellulosespinnfasern verstärken die Innenverkleidung einer Autotür. © Fraunhofer IAP<br>

Namhafte nationale und internationale Experten aus Industrie und Wissenschaft zeigen zudem die großen Potenziale von Lignin und technischer Stärke auf. Die etwa 80 erwarteten Teilnehmer besuchen im Anschluss den Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Gesellschaft auf der Internationalen Grünen Woche in Halle 5.2a. IAP-Forscher stellen hier neueste innovative Anwendungen aus nachwachsenden Rohstoffen vor.

Natürliche Ressourcen werden immer knapper. Zukünftig wird daher kaum ein Lebensbereich auf die Nutzung nachwachsender Rohstoffe verzichten können. »Die Natur ist effektiver als jede Chemiefabrik. Cellulose, Stärke und Lignin sind faszinierende Biopolymere mit hervorragenden Eigenschaften. Gleichzeitig sind es die am häufigsten vorkommenden nachwachsenden Rohstoffe, gerade auch in unserer Region. Die Herausforderungen und vor allem Chancen für Wissenschaft und Industrie liegen auf der Hand«, so Prof. Dr. Hans-Peter Fink, Institutsleiter des Fraunhofer IAP. In diesem Jahr wird der Physiker für seine Verdienste um die Celluloseforschung mit dem »Anselme Payen Award« der American Chemical Society ACS ausgezeichnet.

Mit Natur- oder Cellulosefasern verstärkte Kunststoffe sind ein Thema des diesjährigen Kolloquiums. Solche Materialien können zum Beispiel für Autoinnenverkleidungen eingesetzt werden. Bisher werden Glasfasern zur Verstärkung verwendet. Jedoch sind diese schwerer als Naturfasern, aufwändig zu verarbeiten und erzeugen Abrieb an den Maschinen. Mit zunehmendem Naturfaseranteil werden die Autos der Zukunft daher in mehrfacher Hinsicht umweltverträglicher.
Zudem spielen aktuelle Produkte und Perspektiven von Materialien auf Ligninbasis eine wesentliche Rolle im Vortragsprogramm. Weitere Vorträge geben neue Einsichten in die Struktur und Eigenschaften stärkebasierter Materialien oder illustrieren, wie neuartige Pilzenzyme zum effizienten Aufschluss von Naturrohstoffen beitragen können.

Die Vortragenden kommen aus den USA (Prof. Wolfgang G. Glasser, Virginia Tech), Frankreich (Dr. Alain Buléon, Groupement de Recherches INRA/CNRS) und Deutschland (Hochschule Lausitz, Johnson Controls Inc., FKuR Kunststoff GmbH, Tecnaro GmbH, Fraunhofer IAP).
Fachlicher Hintergrund:

Lignocellulose und Stärke bilden die wichtigsten nachwachsenden Ausgangsstoffe für die stoffliche Nutzung insbesondere im Kunststoffbereich. Lignocellulose ist dabei ein in Pflanzenzellwänden natürlich vorkommendes Komposit aus Cellulose, Hemicellulosen und Lignin. Letzteres wird durch aufwändige mechanische, thermische und chemische oder biotechnologische Prozesse zunächst aufgetrennt. Es findet z. B. in duromeren Verbundwerkstoffen oder als preiswerter Precursor für Carbonfasern Anwendung.

Aus Cellulose werden insbesondere Kunstfasern hergestellt. Hemicellulosen können in Bioraffinerien zu niedermolekularen Ausgangsstoffen für biobasierte Kunststoffe zerlegt werden.

Chemisch modifizierte Stärke wird in großem Umfang als Hilfsstoff in der Papierindustrie eingesetzt, kann aber auch zu Thermoplasten verarbeitet werden. Die verstärkte stoffliche Nutzung der genannten Biopolymere ist ein wichtiger Bestandteil der Bioökonomiestrategie der Bundesregierung.

Das Fraunhofer IAP

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP in Potsdam-Golm ist spezialisiert auf Forschung und Entwicklung für das gesamte Spektrum der Polymeranwendungen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Hans-Peter Fink unterstützt das Institut Unternehmen und Partner bei der maßgeschneiderten Entwicklung und Optimierung von innovativen und nachhaltigen Materialien, Prozesshilfsmitteln und Verfahren. Neben der umweltschonenden, wirtschaftlichen Herstellung und Verarbeitung von Polymeren im Labor- und Pilotanlagenmaßstab bietet das Institut auch die Charakterisierung von Polymeren an. Synthetische Polymere auf Erdölbasis stehen ebenso im Fokus der Arbeiten wie Biopolymere und biobasierte Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Anwendungsfelder sind vielfältig: Sie reichen von Biotechnologie, Medizin, Pharmazie und Kosmetik über Elektronik und Optik bis hin zu Anwendungen in Verpackungs-, Umwelt- und Abwassertechnik oder der Automobil-, Papier-, Bau-, und Lackindustrie.

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

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