Mikrorisse in Flugzeugen schnell entdeckt

Bleibt ein winziger Riss im Flugzeugrumpf für längere Zeit unentdeckt, kann er sich leicht ausbreiten – mit lebensbedrohlichen Folgen für die Insassen. Daher gibt es für jedes Bauteil internationale Wartungsvorschriften: Der Flugzeugrumpf muss, je nach Flugzeugtyp, etwa alle 15 bis 18 Monate genau überprüft werden. Teilweise müssen die Techniker dafür die Innenverkleidung des Flugzeugs abmontieren – ein zeit- und kostenintensives Verfahren, das einige Tage Stillstand im Hangar bedeutet. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt entwickeln ein Sensorsystem, mit dem Ingenieure den Zustand ihrer Flieger kontinuierlich überwachen und mögliche Schäden früher erkennen können.

Die Basis bilden piezokeramische Sensoren, die die Forscher netzwerkartig auf dem Flugzeugrumpf anbringen. Das Besondere an diesen Sensoren: Legt man eine elektrische Spannung an, fangen sie an zu schwingen – und übt man Druck auf sie aus, erzeugen sie elektrische Spannung. Beide Effekte nutzen die Wissenschaftler: Während die Piezofolien einen Teil des Rumpfes in Schwingungen versetzen, messen die anderen die Antwort des Bauteils auf diese Anregung.

„Wir haben das Schwingungsverhalten an intakten und beschädigten Streben und Nieten im Flugzeugrumpf ermittelt und verglichen“, erklärt Dirk Mayer, der das Projekt am LBF geleitet hat. „Ist ein Bauteil defekt, schwingt es nach der Anregung durch die Piezokeramiken in einer anderen Frequenz als ein intaktes Bauteil. Das ist ein ähnlicher Effekt wie bei einem Glas, das man mit dem Fingernagel anschlägt: Ein gesprungenes Glas anders klingt als ein heiles.“ So können die Forscher Defekte präzise aufspüren und ihre Veränderung beobachten – egal, ob es sich dabei um Ermüdungsrisse in Rumpf und Flügel handelt oder sich Nieten oder andere Bauteilverbindung lösen. Diese Überwachung wird auch Structural Health Monitoring SHM genannt.

„Mögliche Schäden, die hinter der Verkleidung oder an schwer zu-gänglichen Stellen auftreten, können so einfach und schnell identifiziert werden. Das verkürzt Instandhaltungszeiten und senkt Inspektionskosten“, sagt Mayer. An einem Rumpfbauteil, das im Labor steht, haben die Forscher das System bereits getestet. Zur Zeit arbeiten sie an der Umsetzung mit standardisierten Piezo- und Elektronikbauteilen. Dann könnte das System auch im Fahrzeugbau oder im Maschinen- und Anlagenbau eingesetzt werden.

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Dr. Janine Drexler idw

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