"Wenn der Topf aber nun ein Loch hat …"

Risse und Löcher sind in der Dichtungstechnik per Definition eines der Hauptprobleme. Die Werkstoffklasse der thermoplastischen Elastomere wird nun erweitert: Quellfähige Varianten der Kunststoffe reagieren auf austretendes Wasser und stopfen so Leckagen. Details dazu gibt es auf der IFAT in Halle B2. Die „Leitmesse für Umwelt und Entsorgung“ findet vom 25. bis 29. April in München statt.

Von Zahnbürsten, Handytasten oder Schraubenziehern sind thermoplastische Elastomere (TPE) wohl bekannt. Vorteil für Anwender: Die Hand findet einen angenehm weichen und sicheren Halt. Vorteil für Hersteller: Sie können die gummihaltigen Kunststoffe schmelzen und wie die Thermoplaste Polyethylen, -propylen oder -styrol verarbeiten. Entsprechend kostengünstig lässt sie auch der TPE-Werkstoff massenhaft spritzgießen, extrudieren (strangpressen) oder kalandieren (zu Platten und Folien walzen). Zudem ist er schweißbar, was insbesondere bei der Verarbeitung etwa im Baugewerbe erwünscht ist.

Eine Erweiterung der Werkstoffklasse ist nun Forschern vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Oberhausen gelungen: Quellfähige Thermoplast-Elastomer-Composite Q-TE-C®. Mit einer weiteren Komponente – den als Superabsorber bekannten Polyacrylaten – produzieren sie Kunststoffe, die wie TPE verarbeitbar sind und gleichzeitig mit Wasser bis zum Vielfachen ihres Trockenvolumens aufquellen können. „Wir haben Neuland betreten“, ist sich Holger Wack nach seinen Recherchen sicher. „Daher haben wir die Basisrezeptur vor knapp einem Jahr zum Patent angemeldet.“

Einen Katalog möglicher Anwendungen hält der stellvertretende Leiter der Abteilung Spezialwerkstoffe schon parat. In erster Linie betreffen sie das weite Feld der Dichtungstechnik: Immer wenn verhindert werden muss, dass Wasser oder wässrige Lösungen auslaufen oder in benachbarte Räume eindringen, könnten die quellfähigen Kunststoffe ihre Vorzüge ausspielen. Die Funktionsweise erläutert Wack am Beispiel einer selbstdichtenden Teichfolie. „Sie bestünde aus einer Lage des neuen Materials und ist auf beiden Seiten mit herkömmlicher Folie wasserdicht versiegelt. Versickert Wasser durch ein kleines Loch, so quillt die Q-TE-C®-Schicht auf und verschließt die Beschädigung wieder.“ Bei Rohrverbindungen kommt ein weiterer wichtiger Umstand zum Tragen: Das feuchte Material ist nun zwischen festen Teilen eingesperrt, weshalb der Volumenexpansion Grenzen gesetzt sind. Die Dichtung erhöht den Druck auf die festen Teile und verschließt so das Leck.

Je nach Anwendungsfall verlangen die verschiedenen Kunststoffvarianten nach besonderen Eigenschaften. Daher entwickeln die Forscher derzeit Methoden, mit denen nachgewiesen werden kann, ob der jeweilige Werkstoff für seine Dichtungsaufgabe geeignet ist.

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Dr. Johannes Ehrlenspiel idw

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