Titandioxid wird "smart"

Ein traditionelles Pigment mutiert zum Tausendsassa: Wissenschaftler von DuPont treten den Beweis an, dass die Innovationspotenziale von Titandioxid noch längst nicht ausgereizt sind. Vielmehr werden dem Material mit Hilfe von Additiven jetzt völlig neue Eigenschaften einverleibt.

Als Farbpigment gehört Titandioxid (TiO2), welches als Titanweiß seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts auf dem Markt erhältlich ist, zu den ständigen Begleitern unseres täglichen Lebens. Daneben kommt das Oxid aber auch als Druckfarbe oder als Färbemittel von Kunststoffen zum Einsatz. So werden Plastikverpackungen werden durch die weiße Farbe nicht nur bedruckbar, sondern zugleich gegen den Einfluss von UV-Strahlung beständiger. Auch bei der Papierfabrikation und in der Kosmetikindustrie gelangt das Oxid in großem Umfang zum Einsatz.

Ungeachtet der erfolgreichen Vorgeschichte werden bei DuPont Titanium Technologies jetzt die Weichen für eine neue TiO2-Ära gestellt. Im Fokus der Aktivitäten stehen völlig neu entwickelte Submicron-Titandioxid- und Füllstoff-Partikel, mit denen unter anderem Kunststoffe zugunsten ihrer Eigenschafts- oder Verarbeitungsprofile verbessert werden. Zur Erweiterung der Produktionskapazitäten für derartige „Customized Products“ wurde am 16. März 2004 im belgischen Antwerpen eine neue Anlage eröffnet.

Gemeinsam mit dem Kunden auf der Suche nach maßgeschneiderten Lösungen

Das Haupteinsatzgebiet von TiO2 liegt traditionsgemäß in der Farben-, Lack- und Polymerindustrie – einem Bereich, in dem DuPont über eine große Expertise verfügt. Mit Hilfe von Customized Products will das Unternehmen jetzt auch andere Anwendungen erschließen: Das Spektrum erstreckt sich vom Papier über Verpackungsprodukte bis hin zu neuen Produkten für die Coatingsindustrie , insbesondere für den Einsatz in der Automobilindustrie. Bei diesen Anwendungen soll TiO2 nicht nur länger Farb- und Opazitätsgeber sein, vielmehr soll das Oxid als Additiv gleichzeitig mit neuen Funktionalitäten ausgestattet werden.

„Wir wollen Titandioxid gezielt veredeln“, unterstreicht Dr. Bernd Zimmermann, globaler Marketingmanager für das neue Geschäftsfeld Customized Products. Mit Hilfe der proprietären „Customizer Technologie“ sei es möglich geworden, TiO2-Partikel, deren typische Durchmesser sich von 0.2 bis 0.5 Mikrometer bewegen, mit bis zu vier verschiedenen organischen oder anorganischen Coatings auszustatten. Unter Erhalt der exzellenten Dispergierbarkeit des Materials nutzt die von DuPont entwickelte Technologie die polare TiO2-Oberfläche als „Verankerung“ für zusätzliche Additive. Gemeinsam mit Kunden aus den Bereichen Polymer, Papier und Coatings will das Unternehmen völlig neuartige TiO2-Produkte „nach Maß“ entwickeln. Die Technologie ist ein neues, in Teilen patentiertes Verfahren, das es ermöglicht, TiO2 und Füllervolumen zwischen 20 und mehreren hundert Tonnen zu modifizieren. Diese relativ kleinen Volumenmengen konnten bis dato nicht bedient werden.

FilmTech, das erste dieser neuen Produkte wurde gezielt für die Herstellung dünner Filme, sowohl aus „Linear Low Density Polyethylen“ (LLDPE) als auch „High Density Polyethylen“ (HDPE), maßgeschneidert. Getrieben von dem Wunsch der Hersteller, zunächst widersprüchlich erscheinende Anforderungen wie Produktivität als auch Qualität von PE-Filmen gleichzeitig zu erhöhen, suchten die Entwickler nach einer innovativen Lösung für die hochgesteckte Herausforderung. Da sich höhere Produktivitäten nur durch höhere Verarbeitungsgeschwindigkeiten realisieren lassen, können sich die großen Schergeschwindigkeiten bei der Extrusion nämlich als Flaschenhals erweisen, da oftmals infolge eines Schmelzbruchs Oberflächenstörungen auftreten. Dabei wird die Oberfläche des Films inhomogen oder brüchig, was sich zum Beispiel als störende „Haifischstruktur“ bemerkbar macht. Mit Hilfe „organischer Coatings“, die als Prozeßhilfsmittel wirken, können TiO2-Oberflächen aber mit dem Eigenschaftsprofil von Viskositätssenkern ausgestattet werden, was sich in einer entscheidenden Verbesserung der Fließeigenschaften niederschlägt. „Wir sind davon überzeugt, dass wir mit Hilfe maßgeschneiderter TiO2-Partikel die Anforderungen der Kunden in vollem Umfang erfüllen werden“, zeigt sich Dr. Zimmermann überzeugt.

Flexibilität ist die Trumpfkarte des Oxids

Bezüglich der möglichen „Andockstellen“ für Moleküle jeglicher Couleur zeigen sich TiO2-Oberflächen überaus flexibel. So will Dr. Zimmermann diese Eigenschaften des Oxids gezielt nutzen, um dem Material völlig neue Funktionalitäten einzuverleiben. Die Konzepte gehen von besseren Retentionseigenschaften von TiO2 in Papieren, über selbst reinigende Kunststoffoberflächen oder TiO2 Produkte für den Einsatz in Hochleistungspolymeren wie PET oder PC, wo es häufig zu einem durch TiO2 bedingten Viskositätsabbau im Polymer kommt. Durch diesen Abbau werden die mechanischen Eigenschaften des Kunststoffes negativ beeinflußt. Produkte für beide Polymersysteme sind bereits entwickelt. An Produkten für elektrisch leitende Polyolefine wird ebenfalls gearbeitet. Als Weißpigment für Glasfaser verstärkte Polyamidsysteme sollen speziell beschichtete TiO2-Partikel wiederum eine neue Ära Glasfaser freundlicher Füllmaterialien einläuten.

Last not least will DuPont mit Hilfe der neuen Technologie auch andere Füllstoffe in die „Avantgarde“ befördern. „Wir denken dabei an Materialien aus europäischen Quellen wie Talkum oder Calciumcarbonat“, erklärt Zimmermann. Mit Hilfe des neu entwickelten Prozesses sei es möglich, maßgeschneiderte Partikel im Mengen von über 20 Tonnen herzustellen.

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Rolf Froböse

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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