Hier sind Sensoren ins Netz gegangen

Ob zur Sicherung von Fußballstadien oder zur Überwachung von abrutschgefährdeten Felshängen – Wissenschaftler des Sächsischen Textilforschungsinstituts (STFI) an der TU Chemnitz haben sensitive Textilstrukturen entwickelt, die überall eingesetzt werden können, wo unerwünschte Bewegungen oder Temperaturänderungen aufgespürt werden sollen.

„Stand der Technik waren bisher Textilflächen, die etwa mit Kupferdraht-Dehnungssensoren ausgestattet sind“, berichtet Frank Weigand vom STFI. Die Nachteile: Solche Sensoren können überbrückt werden, sind empfindlich gegenüber Blitzeinschlägen und können einen Schaden zwar feststellen, nicht aber genau orten. „Nachgefragt sind Textilstrukturen, die bereits in der Fertigung mit großflächigen, blitzsicheren Sensorfasern ausgestattet werden, um eine Überwachung des eingebauten Textils – und damit des gesicherten Geländes oder Objektes – zu ermöglichen“, erklärt Weigand.

Verwendet werden dazu optische Sensorfasern – am Anfang der Forschung waren es Glasfasern, inzwischen werden Polymerfasern eingesetzt, durch die Licht gesendet wird. Je nach Belastung kommt es zu einer Dämpfung sowie einer erhöhten Rückstreuung des Lichtes in der Faser, die gemessen und ortsauflösend lokalisiert werden kann. Die Vorteile der optischen Polymerfasern: Sie sind wesentlich elastischer als optische Glasfasern, belastbarer und in Herstellung und Verarbeitung besser zu handhaben.

Außerdem können sie mit vergleichsweise kostengünstigen Messgeräten analysiert werden. Die Sensoren erfassen – entweder ständig oder zu bestimmten Messzeiten – Veränderungen des Textils, wie Verformungen, Durchbiegungen oder signifikante Temperaturänderungen, und geben den genauen Ort des Geschehens an. Außerdem lösen sie Alarm aus, wenn das Textil zerstört oder gravierend beschädigt wird.

Das Forschungsprojekt unterteilte sich in zwei Hauptziele: Das STFI bearbeitete die textilseitigen Aufgaben, die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) die sensorseitigen. Finanziell gefördert wurde das Projekt vom 1. April 2006 bis zum 31. März 2008 von der „Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen“ (AiF). „Unsere Hauptaufgabe war die Einarbeitung der Sensoren in die Textilien.

Es mussten Verfahren gefunden werden, durch die die Sensoren nicht beschädigt werden und so im Textil liegen, dass sie optimal arbeiten“, erklärt Weigand. Was optimal ist, hängt dabei auch vom Anwendungsfall ab, manchmal müssen die faseroptischen Sensoren straff umwickelt werden, manchmal arbeiten sie besser, wenn sie mehr Raum haben. Auch welches Textil zur Ummantelung der Sensoren eingesetzt wird, hängt von der Anwendung ab: Mal muss es besonders dehnbar sein, mal wasserbeständig, mal ein bestimmtes Kraft-Dehnungsverhältnis besitzen. Die sensitiven Netzstrukturen wurden im Wirkverfahren hergestellt.

Die Netze können eine Länge von bis zu 150 Metern bei einer maximalen Breite von sechs Metern erreichen. Die Sensoren lokalisieren Verformungen und Zerstörungen auf zehn bis 80 Zentimeter genau. Den Praxistest haben die sensitiven Textilstrukturen bestanden: Sie wurden bei der Sanierung des Bahndamms in der Hilbersdorfer Kurve auf der Zugstrecke zwischen Chemnitz und Dresden als Prototypen getestet.

Dort überwachen sie den Untergrund und geben Alarm, falls er drohen sollte, abzurutschen. Außerdem wurden sie im STFI an einem weltweit einzigartigen Prüfstand getestet, der es erlaubt, Netze mit bis zu 24 Tonnen zu belasten. „Das besondere an unserem Prüfstand sind die rechnergesteuerten Prüfabläufe mit exakter Messwerterfassung, die Eignung für unterschiedliche Netzarten und technische Textilien, die Installierung in einer unabhängigen, neutralen Prüfstelle und das akkreditierte Prüfverfahren im Rahmen der Laborakkreditierung“, berichtet Weigand und ergänzt: „Uns ist weltweit keine gleichwertige Einrichtung bekannt.“

Weitere Informationen erteilt Frank Weigand, Telefon 0371 5274-226, E-Mail frank.weigand@stfi.de.

Media Contact

Katharina Thehos idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer