Epoxidharz ermöglicht Flugzeug-Selbstheilung

Luftfahrtingenieure der University of Bristol haben ein System entwickelt, mit dem Materialschäden automatisch und auch während dem Flug behoben werden könnten. In einen Faserverbundwerkstoff wurden Glasfasern integriert, aus denen Epoxidharz und Härter „bluten“, um ähnlich der Wundheilung kleine Löcher oder Risse zu verschließen.

Die Gefahr, die von kleinen strukturellen Schäden ausgehen kann, wird so deutlich reduziert. Diese erhöhte Sicherheit der leichtgewichtigen Verbundwerkstoffe könnte ihnen zu größerer Verbreitung in der Luftfahrt und auch anderen Bereichen führen, betont das projektfinanzierende Engineering and Physical Sciences Research Council (EPSRC).

„Das System ist für die Art subtiler Schäden gedacht, die im normalen Betrieb zu erwarten sind“, erklärt Projektleiter Ian Bond im pressetext-Gespräch. Dazu zähle Hagelschlag oder der Aufprall winziger Schrottteile während einem Flug ebenso wie alltägliche Schäden auf dem Boden, beispielsweise durch fallengelassene Werkzeuge. In all diesen Fällen würden Epoxidharz und Härter aus den Glasfasern im Strukturmaterial auslaufen, sich vermischen und beim Aushärten die strukturelle Integrität wiederherstellen – mit bis zu 90 Prozent der ursprünglichen Stärke. Durch einen Farbstoff im Harz könnten derartige Korrekturen unter UV-Licht sichtbar gemacht werden, um nötigenfalls umfangreiche Reparaturen durchzuführen. „Das System soll die normale Inspektion und Wartung nicht ersetzen, sondern ergänzen“, betont Bond. Sie könne aber helfen, potenziell kritische, kleine Schäden zu identifizieren, die im Gegensatz zu großflächigen Schäden etwa durch Vögel nicht leicht zu erkennen wären.

Das System könnte in etwa vier Jahren kommerziell verfügbar sein. Der genaue Zeitrahmen hänge aber stark von der Investitionsbereitschaft der Industrie beispielsweise in nötige Massenproduktionstechniken ab, so Bond. Außerdem werde noch an der Entwicklung eines speziell auf diese Art der Anwendung optimierten Epoxidharzes geforscht. „Dieses Projekt ist nur der erste Schritt“, betont Bond ferner. Es werde nun an Systemen gearbeitet, in denen die Wirkstoffe des Selbstreparatursystems wie in einem Blutkreislauf zirkulieren, statt statisch in Glasfasern gespeichert zu sein. „Bei einem solchen System könnten die Substanzen für die Heilung nachgefüllt oder ersetzt werden“, erklärt Bond. Damit könnte die Struktur im Laufe ihrer Lebensdauer mehrmals geheilt werden.

Die Faserverbundwerkstoffe erlauben leichtere Flugzeugdesigns als gängige Aluminium-Modelle und wären somit geeignet, Treibstoff und somit operative Kosten zu sparen. Attraktiv seien die leichten, leistungsfähigen Materialien auch für Bereiche wie die Automobilindustrie, die Raumfahrt oder die Fertigung von Windturbinen, so das EPSRC. Selbstreparaturtechniken könnten daher helfen, die Verbreitung der Faserverbundwerkstoffe zu fördern. Auch andernorts wird an ähnlichen Systemen geforscht. An der University of Illinois wird mit eingebetteten Mikrokapseln statt mit Glasfasern gearbeitet. Das dort entwickelte System hatte ursprünglich den großen Nachteil, einen teuren Ruthenium-basierten Katalysator zu erfordern. Inzwischen setzen die Forscher in Illinois aber auf eine günstigere, katalysatorfreie Variante mit einem Lösungsmittel und Epoxid-Monomeren, die im November 2007 vorgestellt wurde.

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Thomas Pichler pressetext.austria

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