Zwei Zähne weniger

Wenn die Hydraulik der Nockenwellenverstellung ihr Limit erreicht kann das Wellgetriebe aushelfen. Erfahrungen im Maschinenbau zeigen: Die Performance reicht weit über das geforderte Maß hinaus

Die Entwicklung moderner sparsamer und emissionsarmer Verbrennungsmotoren verlangt von Nockenwellenverstellsystemen eine deutliche Steigerung der Performance insbesondere bei Genauigkeit, Verstellgeschwindigkeit und Verhalten in Abhängigkeit von der Betriebstemperatur. Die hydraulischen Nockenwellenversteller stoßen hier an ihre Grenzen.

Ovalo in Limburg bietet auf Basis des Wellgetriebeprinzips kompakte und leistungsstarke mechanische Stellglieder inklusive dazu passenden speziell entwickelten Elektromotoren an. Grundlegende Voraussetzungen zur Funktion des Wellgetriebes sind der Einsatz eines radial elastisch verformbaren Kugellagers und eines ebenso verformbaren ring- oder topfförmig ausgeführten Zahnrades. Die grundsätzliche Funktion des Ovalo Wellgetriebes zeigt einen zylindrischen Außenring, der eine Innenverzahnung erhält. In dieses Hohlrad wird ein dünnwandiges flexibles Zahnrad mit Außenverzahnung eingelegt.

Bei gleichem Modul besitzt das flexible Zahnrad zwei Zähne weniger als das Hohlrad. Somit ist der Verzahnungsaußendurchmesser geringer als der Innendurchmesser des Hohlrades, und die Zähne sind nicht im Eingriff. In das flexible Rad wird ein elliptischer Stahlplug mit aufgepresstem Kugellager eingefügt. Die Hochachse der Ellipse ist so bemessen, dass die Zähne dort exakt in Eingriff kommen. Wird die Ellipse rotatorisch angetrieben, so wälzt sich die Außenverzahnung des flexiblen Zahnrades im Hohlrad ab. Das Kugellager trennt dabei die hohe Drehzahl des Wellengenerators von der niedrigen Drehzahl des flexiblen Zahnrades. Sowohl flexibles Zahnrad als auch Kugellager werden bei jeder Umdrehung dauerfest elastisch verformt.

Auf Grund der Zähnezahldifferenz vollzieht sich kontinuierlich durch Rotieren der Ellipse – auch als Wellengenerator bezeichnet – eine Relativbewegung zwischen flexiblem Zahnrad und Hohlrad. Damit ist auf kompakte Art in Abhängigkeit von der Zähnezahl eine hohe Untersetzung von 50:1 bis 160:1 möglich. Bei der Umdrehung des Wellengenerators fällt das flexible Zahnrad daher zwei Zähne zurück und es wird die Untersetzung 50:1 dargestellt. Die Wellgetriebe werden in zwei grundsätzlichen Ausführungen eingesetzt. Als Topfgetriebe wird das elastische dünnwandige Zahnrad in Topfform ausgeführt (Flextopf). Das Hohlrad wird als Flansch zur Anbindung an die Peripherie genutzt. Bei schneller Drehung des Wellengenerators mit geringem Drehmoment können am Boden des Flextopfes die untersetzte Drehzahl und das entsprechend hohe Drehmoment abgegriffen werden.

Zweite Lösung ist ein Ringgetriebe. Das elastische dünnwandige Zahnrad ist in Ringform ausgeführt (Flexring). Es kommen zwei Hohlräder zum Einsatz: Hohlrad eins besitzt die identische Zähnezahl des inneren Zahnrades, Hohlrad zwei besitzt zwei Zähne mehr. Bei schneller Drehung des Wellengenerators mit geringem Drehmoment entsteht eine Relativdrehung der beiden Hohlräder. Zwischen Rad eins und zwei können die untersetzte Drehzahl und das hohe Drehmoment abgegriffen werden. Schon aufgrund seiner Bauform bietet sich das Ringgetriebe zum Einsatz im Bereich des Nockenwellenantriebes an: Im Außendurchmesser passen verschiedene Baugrößen des Basisgetriebes in das Nockenwellenrad, und bei Dimensionen um 15 Millimeter in der Tiefe kann eine optimale konstruktive Einbindung inklusive integrierter Lagerung zur Aufnahme der eingeleiteten Querkräfte im axial vorhandenen Bauraum erfolgen.

Am Hohlrad 1 wird die Nockenwelle und am Hohlrad 2 über eine Außenverzahnung (zum Beispiel Kette, Riemen, Radsätze) der Nockenwellenantrieb angebunden. Bei Drehung des Wellengenerators mittels Elektromotor erfolgt somit eine Relativbewegung zwischen Nockenwelle und deren Antrieb. Damit ergibt sich die Verstellung der Ventilöffnungs- beziehungsweise Ventilschließzeiten relativ zu Kurbeltrieb und Kolbenstellung des Verbrennungsmotors. Über eine spezielle Kupplung werden vorhandene Montage- und Bauteiltoleranzen ausgeglichen und die Welle des antreibenden Elektromotors mit dem Wellengenerator des Getriebes verbunden. Die Kupplung ermöglicht eine einfache Montage der Einheit in den Arbeitsschritten am Montageband. Für den Elektromotor sind geometrische Restriktionen sowie die Optimierung der Leistungsaufnahme zu beachten.

Für jede Anwendung erfolgt die Auslegung eines optimierten Antriebes zur Erreichung des benötigten Antriebsmomentes. Im Zusammenspiel der Leistungskennlinie des Elektromotors, notwendigem Antriebsmoment der Nockenwelle und Wahl der Getriebeuntersetzung erfolgt die ganzheitliche Abstimmung des elektromechanischen Nockenwellenverstellers. Der Stator des Elektromotors wird fest mit dem Verbrennungsmotor verbunden. Die Stelleinheit befindet sich permanent im Eingriff und der Rotor läuft mit Nockenwellendrehzahl synchron mit. Daher werden bürstenlose Motore eingesetzt (BLDC) um das System dauerfest und wartungsfrei darzustellen. Durch Erhöhen bzw. Reduzieren der Rotordrehzahl treibt der Wellengenerator mit der entstandenen Differenzdrehzahl das Getriebe an und es erfolgt die Nockenwellenverstellung nach früh bzw. spät. Die Regelung benötigt dazu die Winkellagen von Kurbelwelle, Nockenwelle und Rotor um den im Kennfeld abgelegten Differenzwinkel anzufahren.

Vier Hallsensoren in einem gehäusefesten Chip werden von einem auf der Rotorwelle befindlichen zweipoligen Dauermagneten angeregt. Es erfolgt eine interne Interpolation des sinusförmigen Differenzsignals und Ausgabe des hoch aufgelösten inkrementellen Drehzahl- und Lagesignals. Wellgetriebe werden seit Jahrzehnten erfolgreich im allgemeinen Maschinenbau eingesetzt. Die dort geforderte Lebensdauer von mehr als 30.000 Betriebsstunden und Einstellpräzisionen bis in den Winkelsekundenbereich übertreffen die Forderungen der Motorenhersteller an einen elektromechanischen Nockenwellenversteller deutlich.

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