Trocken geschmiert

Die Fertigung von CDs, DVDs und Blue-Ray-Discs sowie die immer höheren Bestückungsdichten von integrierten Halbleitern zählen zu den anspruchsvollen Produktionstechniken. Ähnliches gilt für neuartige Beschichtungen von Werkzeugen und Automobilbauteilen. Waren es bislang vor allem Reinraumanforderungen prägend, so entwickeln sich die Fertigungsprozesse für die Hochtechnologie inzwischen weiter. Die Bestrebungen gehen in Richtung Ultrahochvakuum – etwa für Abscheide-Technologien oder in Richtung Tieftemperaturtechnik; unter anderem zur Nutzung von supraleitenden Materialien für Messungen und Grundlagenuntersuchungen.

Einige dieser Aufgaben werden von Harmonic Drive erfolgreich bedient – mit besonderen Getrieben, die auf eine Fett- oder Ölschmierung verzichten. Flüssigschmierstoffe haben bei sehr niedrigen Temperaturen (-100°C bis -270°C) den Nachteil, dass sie eine sehr hohe Viskosität erreichen oder gar komplett verfestigen. Im Vakuum zeigen die meisten dieser Schmierstoffe ein sehr ungeliebtes Verhalten: Das Ausgasen von Komponenten, die das Vakuum verschmutzen. Wenn man auf Flüssigschmierung angewiesen ist, bleibt keine Alternative zu einem vakuumtauglichen Schmierstoff beziehungsweise einem Sperrluftanschluß, der kontinuierlich über den Antrieb absaugt und eine Kontamination der eigentlichen Kammer verhindert.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, ist man gezwungen auf ein anderes Schmierstoffkonzept zu wechseln: Die Trockenschmierung. Hier werden auf den Kontaktflächen besondere Beschichtungen aufgebracht, die ein Fressen und den vorzeitigen Verschleiß der Flächen vermeiden.

Zwei Klassen von Schmierstoffen unterscheidet man hier: „Weiche“ Schmierstoffe, die über ein Gleiten von wenig miteinander verbundenen Schichten eine entsprechende Bewegung erlauben. Graphit, Blei oder auch MoS2 sind typische Vertreter dieser Familie. Die andere Gruppe geht den entgegengesetzten Weg: Über die Beschichtung mit superharten Schichten werden der Verschleiß soweit wie möglich verhindert und eine entsprechende Lebensdauer erreicht.

Diamantartige Kohlenstoffschichten (Diamond-like Carbon/ DLC) sind ein Beispiel für diese Schichten. Für beide Typen gilt, dass die Beschichtung als einer der letzten Fertigungsschritte vorgenommen werden muss, um Beschädigungen zu vermeiden. Um eine gleichmäßige Beschichtung komplexer Zahngeometrien sicher zu stellen ist man allerdings in Prozesstemperatur und Schichtdicken eingeschränkt.

Mit beiden Beschichtungsarten wurden in den letzten Jahren bei der Harmonic Drive AG verschiedene Versuche und Tests gefahren. Zunächst unter atmosphärischen Bedingungen, zunehmend aber auch im Vakuum. Ein starker Antreiber ist hier die Raumfahrt. Generell verhalten sich die Schichten unter Vakuum deutlich anders, da die in der normalen Atmosphäre vorhandene Feuchtigkeit mit zum Schmiersystem an den Kontaktflächen beiträgt.

Was in Luft funktioniert, funktioniert nicht unbedingt unter Vakuum, das gilt auch umgekehrt: Gerade MoS2 reagiert sehr empfindlich auf Feuchtigkeit. Beide Beschichtungsarten können nur so gut funktionieren, wie es die Haftung auf dem Trägermaterial zulässt – was eine der größten Herausforderungen darstellt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, insbesondere bei der Haftung auf hochfesten Edelstählen, werden inzwischen durch entsprechende Vorbehandlung der Oberflächen und eine Bearbeitung unter Reinraumbedingungen deutliche Verbesserungen erzielt.

Weiterhin mussten die Fertigungstoleranzen angepasst werden, um die zusätzliche Dicke der aufgetragenen Schichten (meist wenige μm) zu kompensieren. So konnten die Lebensdauern der Schichten inzwischen mehr als verdoppelt werden.

Das Leistungsspektrum der Getriebe erweitern
Damit ist es nun möglich, in kleinen Schritten aus Forschungs- und Testanwendungen erste Projekte in eher industriellen Prozessen zu bedienen. Die Erkenntnisse werden übrigens nicht nur für Harmonic Drive-Getriebe, sondern auch für Sonderzahnräder, wie schmierstofffreie Stirnräder, eingesetzt. Hier konnte die breite Erfahrung in der Entwicklung von besonderen Verzahnungsgeometrien erfolgreich genutzt werden. Allerdings wachsen die Bäume nicht in den Himmel: Von der Lebensdauer einer Fettschmierung ist man noch weit entfernt. Trotzdem gibt es immer mehr Anwendungen, die mit den erreichten Werten von mehreren tausend Abtriebsumdrehungen ausreichend bedient werden können.

Einen hohen Einfluss hat dabei die zu übertragende Last und die Drehzahl: In beiden Fällen nimmt die Lebensdauer mit Zunahme dieser Parameter ab einer gewissen Grenze überproportional ab. Man ist also auf geringe bis normale Lasten sowie niedrige Drehzahlen beschränkt. Diese Grenzen zu erweitern und damit das Leistungsspektrum trockengeschmierter Getriebe zu erweitern, ist die Aufgabe der kommenden Jahre. Bis daraus aber ein Standardprodukt wird, das wie die fettgeschmierten Varianten per Katalog bestellt werden kann, ist noch einiges zu tun.

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