Spannungsarme Alternative

Konstrukteure und Ingenieure ahnen es, Werkzeug-, Formen- und Modellbauer wissen es: Aluminium gewinnt – insbesondere wenn Endprodukte aus Kunststoff entstehen sollen – im Werkzeug-, Formen- und Modellbau immer mehr an Gewicht. Und jeder Techniker, der dieses Material mechanisch bearbeiten muss, weiß seine Pluspunkte zu schätzen. Dazu gehören neben der hohen Wärmeleitfähigkeit, die gute Zerspanbarkeit, die verlässliche Formstabilität und das geringe Gewicht. Nicht zuletzt bietet die Vielfalt der Legierungen für fast jede gestalterische Aufgabe eine passende Lösung.

Einer der führenden Lieferanten von Aluminium-Halbzeugen ist das Unternehmen Bikar mit Stammsitz in Bad Berleburg. Im Laufe der Jahrzehnte hat es sich insbesondere auf die Anforderungen der Werkzeug-, Formen- und Modellbauer eingestellt. Dabei beinhaltet diese Entwicklung nicht nur die Bereitstellung eines umfangreichen Aluminium-Lieferprogramms, sondern schließt auch ein breit gefächertes Angebot an Halbzeugen aus Kupfer, Messing, Bronzen oder technischen Kunststoffen mit ein. Geordert werden können sowohl Platten, Bleche, Stangen, Rohre oder Profile als auch Ronden und Ringe. Kundenspezifische Zuschnitte stehen heute ebenfalls auf der Tagesordnung von Bikar.

Zudem ist die werkstofftechnische Beratung fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie. „In Zusammenarbeit mit einem führenden Hersteller für Fräs- und Bohrwerkzeuge können wir beispielsweise Probleme bei der Bearbeitung direkt mit dem Kunden klären – telefonisch oder vor Ort“, sagt Inhaber und Geschäftsführer Konstantin Bikar, der das Unternehmen mit seinem Bruder Aleksandar führt.

Auf Wachstum programmiert

Seit Jahren befindet sich das Unternehmen auf Wachstumskurs. Unter anderem durch stete Investitionen in moderne Logistik und innovative Bearbeitungsanlagen hat es sich zu einem der Marktführer hoch gearbeitet – weltweit. In drei Werken am Standort Bad Berleburg werden die Produkte gelagert und auf Kundenwunsch zugeschnitten. In Werk I dreht sich alles um Zieh- und Pressprodukte – um runde, flache, vier- und sechskantige Stangen sowie Rohre und Profile. Auf modernen Bandsägen werden maßgenaue Abschnitte gefertigt.

Im Werk II findet die Bearbeitung von Walzprodukten statt. „Herzstück ist hier unser computergesteuertes Hochregallager mit einer Kapazität von 9.000 Tonnen“, sagt Bikar. In 1.800 Kassetten liegen Platten und Bleche verschiedener Qualitäten und Dimensionen.

Automatisch werden Aufträge von hier aus ins angegliederte Zuschnittzentrum geliefert. „Dort fertigen wir auf Hochgeschwindigkeits-Kreissägen Kundenaufträge von Briefmarkengröße bis zum Superformat 6.000×2.000 mm. Fast jedes Maß ist möglich. Auch Ronden und Ringe bis zu einem Durchmesser von 1.500 mm sind kein Problem“, so der Firmenchef. Auf die Produktion von Gussplatten spezialisiert ist das neue Werk III. Einzigartig im Hinblick auf die Prozessabläufe dürfte das zwei Millionen Euro teure Sägezentrum in dieser Halle sein, auf dem das Unternehmen seine Produktreihe Formodal fertigt.

Dabei handelt es sich um gegossene und thermisch veredelte Aluminiumplatten aus einer spannungsarmen Legierung, deren Festigkeitseigenschaften im Bereich gewalzter Aluplatten liegen. Daraus entstehen zum Beispiel hochpräzise Blasform- und Spritzguss-Werkzeuge. Das Ausgangsformat dieser Aluminiumguss-Platten sind Blöcke mit Abmessungen von 4000x2200x600 oder 3400x1650x1020 Millimeter. Im Sägezentrum macht das Unternehmen daraus kundengerechte Zuschnitte, die dem Werkzeug-, Modell- und Formenbauer eine Reihe von Arbeits- und Verfahrensschritten ersparen. „Gerade Formen- und Modellbauer haben oft das Problem, dass das zu erstellende Werkstück beim Fertigungsprozess aufgrund von Spannungen die Maßhaltigkeit nicht gewährleisten kann. Ursache dafür sind längskristalline Strukturen, die beim Walzprozess auftreten, oder Spannungen, die beim Zerspanen freigesetzt werden“, erklärt Konstantin Bikar.

Gegossen statt gewalzt

Hier zeigt diese Werkstoffgruppe ihre Stärken. Formodal 023 ist eine Gusslegierung, die sich durch Spannungsarmut und Formstabilität bei und nach der Bearbeitung auszeichnet. So lassen sich komplizierte Werkzeuge besser als bisher realisieren. Als weiterer Vorteil erweisen sich die lieferbaren Abmessungen. Als Ausgangsmaterial dienen Guss-Walzbarren mit Liefergrößen von 4.000×2.200×600 mm – über 14 Tonnen schwer – und 3.400×1.650×1.050 mm. Daraus werden die gewünschten Maße gesägt. Bei der Variante Formodal 030-plan handelt es sich um den gleichen Werkstoff; allerdings sind diese Platten in den Oberflächen plangefräst und foliert. Die Dickentoleranzen liegen bei ±0,1 mm, die Ebenheit je nach Plattenstärke zwischen 0,13 und 0,80 mm (bezogen auf die gesamte Platte!). Standardmäßig lagert Bikar Platten der Größe 3.000× 1.500 mm von 5 bis 100 mm Dicke.

Derzeit im Entwicklungsstadium befindet sich ein hochfester Aluminium-Werkstoff namens Formodal 360 – eine 7000er-Legierung mit hervorragender Zerspanungsqualität und Zugfestigkeiten von 310 bis 360 N/mm². Auch hier steht der Aspekt Spannungsarmut im Vordergrund.

Weil die gegossenen Alu-Halbzeuge vom Typ Formodal nicht das Prozedere des Walzverfahrens durchlaufen, können sie kostengünstiger hergestellt werden. 2008 hat Bikar rund 5000 Tonnen dieses Materials an Werkzeug-, Formen- und Modellbauer geliefert.

Trotz der überzeugenden Eigenschaften ist Formodal laut Firmenchef Bikar kein voller Ersatz für die gewalzte Platte: „Ausschlaggebend für die Wahl des richtigen Materials ist der Verwendungszweck. Denn bei bestimmten Anforderungen im Werkzeugbau werden gerade die längskristallinen Strukturen einer Knetlegierung benötigt, um deren Elastizität – etwa Biege- und Wechselfestigkeit – zu nutzen“, sagt er. Die Gusslegierungen können nicht alle Bereiche der gewalzten Platte abdecken, die gegossenen Alu-Halbzeuge eröffnen für den Werkzeug- und Formenbauer aber neue Einsatzmöglichkeiten und das Potenzial zu Kostensenkungen. Weitere Details darüber erfahren Interessierte auf der Euromold. Dort ist Bikar in Halle 8 auf Stand E58 zu finden.

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Michael Stöcker SCOPE

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