Zur Schneidringverschraubung in Werkzeugmaschinen gibt es bessere Alternativen

Betrachtet man heutzutage die mechanische Bearbeitung in der Automobilindustrie und deren Zulieferer, so erinnert kaum noch etwas an das alte Bild von schmutzig grünen Anlagen in dunklen Hallen, ölgeschwängerter Luft oder den leichten Ölbelag auf Böden und Maschinenteilen. Heute sieht man weißlackierte Maschinen auf weißem Fußboden in hell erleuchteten, fast steril wirkenden Produktionsbereichen, bei denen überall Schlagworte wie „TPM“, „5S“ oder „Ordnung und Sauberkeit“ plakativ dargestellt werden. Dabei stellt sich die Frage, wie viel echte Instandhaltungsleistung ist und wie viel reine Kosmetik.

Ein Blick hinter die Kulissen – in die Ölwannen, auf die Ölentsorgungskosten, den Frischölbedarf sowie den Aufwändungen für die Reinigung von Anlagen und Hallenböden – zeigt ein anderes Bild. Maschinen und Anlagen werden heute für einen Nutzungszeitraum von zehn bis 15 Jahren angeschafft. Die Gewährleistung der Maschinenhersteller und somit die minimal berechnete Lebensdauer von Maschinenkomponenten liegt in einem Zeitraum zwischen zwei und fünf Jahren. Bestehende Systeme werden häufig umgebaut oder erweitert, wobei technische Änderungen heutzutage größtenteils durch externe Dienstleister und kaum noch durch eigenes Personal eingeführt werden.

Die mechanische und hydraulische Beanspruchung der einzelnen Komponenten und somit des gesamten Systems sind kaum noch vergleichbar mit denen früherer Anlagen. Dies ist am ehesten dann zu erkennen, wenn Größe und Leistungsfähigkeit hydraulischer Komponenten von Altanlagen mit denen neuer Anlagen verglichen werden. Betriebsdrücke steigen, Ventile bauen bei höherer Leistungsdichte viel kleiner und kompakter, wobei die gesamte hydraulische Belastung der Anlage erhöht wird. Die Auslastungen der Anlagen variieren sehr stark und können in Hochzeiten bei einem Sieben-Tage-Betrieb liegen, bei dem eine vorbeugende Instandhaltung kaum noch möglich ist.

Insgesamt wurden die Instandhaltungsressourcen in den letzten Jahren verkleinert oder bei einem wachsenden Maschinenpark konstant gehalten, so dass die heutige Instandhaltung mehr und mehr koordinierende Tätigkeiten durchführt und für die eigentlichen Tätigkeiten fremde Dienstleister herangezogen werden. Im Rahmen von TPM werden einfache Wartungsarbeiten den Maschinenbedienern abverlangt, was jedoch in der Praxis nicht immer den gewünschten Erfolg oder die gewünschte Nachhaltigkeit bringt.

Zudem besteht ein immenser Kostendruck bei der Beschaffung von Neuanlagen, wobei dann eher ein Abweichen von der Betriebsmittelvorschrift als eine Kostenerhöhung in Kauf genommen wird. Bei der Abnahme der Neuanlagen wird dann kaum noch überprüft, ob Betriebsmittelvorschriften eingehalten wurden, weil ja während der Gewährleistungsphase der Maschinenhersteller einen Großteil der Instandhaltungstätigkeiten übernehmen muss.

Zusammenfassend bedeutet dies, dass von Anlagen mit hohem Nutzungsniveau, gerade an die Instandhaltung besondere Herausforderungen gestellt werden. Die geforderte lange Lebensdauer des Gesamtsystems mit verringerten Verschleißreserven der Anlagenkomponenten bringt die Problematik auf den Punkt. Zudem sinkt unter der Zuhilfenahme externer Personalressourcen das eigene Know-how; und dies bei immer massiverem Produktionsdruck.

Instandhaltungskapazitäten werden unnötig gebunden

Leckagen bei hydraulischen Systemen von Produktionsmaschinen stellen dabei nur einen relativ geringen Teilbereich dar, jedoch sind sie immer mit Folgekosten verbunden. Zusätzlich zum optischen Eindruck – wobei weniger Öllachen auf dem Boden ersichtlich sind, eher vollgelaufene Ölauffangwannen sowie Ölverschmutzungen am eigentlichen Hydraulikaggregat – besteht eine erhöhte Unfallgefahr. Infolge der Ölentsorgung und Frischölnachfüllung entstehen zudem noch vermeidbare Abfälle und Kosten.

So werden Instandhaltungskapazitäten gebunden, die sich an anderer Stelle weitaus profitabler einsetzen ließen. Ist das nachgefüllte Frischöl mit Feststoffpartikeln kontaminiert, kann dies zu Komponentenausfällen wie Pumpenversagen, Ventilklemmern bis hin zum Totalausfall der Anlage führen. Die Kosten für die Bodenreinigung steigen um ein Vielfaches, wenn das Reinigungswasser – bedingt durch eine starke Ölkontamination – als Sondermüll entsorgt oder sogar noch vor der Entsorgung über Emissionsspaltanlagen aufbereitet werden muss. Dabei stellt sich die Frage, wo die Ursachen für diese Leckagen liegen und wie diese Leckagen dauerhaft zu vermeiden sind.

Erhöhtes Leckagerisiko aufgrund von Fehlmontage

Gerade in der Werkzeugmaschine hat sich in der Vergangenheit der Schneidring als Standardsystem durchgesetzt. Bei der Schneidringverbindung wird ein Metallring in das Rohr eingeschnitten und führt hierdurch eine Halte- und Dichtfunktion aus. Seit einigen Jahren wird dieser Schneidring standardmäßig mit einer zusätzlichen Elastomerdichtung ausgeführt, wodurch sich das Leckagerisiko weiter verringern lässt. Der Vorteil dieses Schneidringsystems liegt im wirtschaftlichen Preis und der einfachen Handhabung sowie in der weltweiten Verfügbarkeit. Hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften wie Ausreißfestigkeit, Biegewechselfestigkeit und Druckimpulsstabilität erreichen moderne Schneidringverbindungen heute ein Niveau, das für die meisten Anwendungen absolut ausreichend ist.

Eine Herausforderung stellt jedoch die Schneidringverbindung bei der Erstmontage und im Besonderen bei Wartungsarbeiten dar. In der Montage eines durchschnittlichen Maschinenbauunternehmens können pro Jahr mehrere Tausend Schneidringverbindungen hergestellt werden. Schaut man sich mögliche Fehlerpotenziale an, so muss man als Erstes die Rohrtoleranzen sowie die Schichtdicke der Rohrbeschichtung betrachten. Bei einer Überschreitung der Rohrtoleranzen (Rohrovalität) oder der maximalen Schichtdicke, sind Montagefehler schon vorprogrammiert. Wird eine maschinengeführte Vormontage vorgenommen, sind kontinuierlich die Toleranzen der Vormontagewerkzeuge (Verschleiß) und die Einstellwerte der Vormontagemaschine zu überprüfen. So weit zur Theorie.

In der Praxis sind häufig die Vorgaben der DIN 3859T und die Montagevorgaben der Hersteller nicht einzuhalten. Dies führt zwangsläufig zu einem Anteil von nicht optimal montierten Schneidringverbindungen. Bei einer Untermontage können die ersten 100 bis 1000 Betriebsstunden dicht erscheinen, irgendwann beginnt jedoch die schleichende Leckage. Eine Übermontage kann wiederum unter Einfluss mechanischer Belastungen während des Betriebs zu einem Gewaltbruch führen. Bei diesem Montagefehler müssen daher insbesondere auch die Toleranzfelder der weiteren Verbindungskomponenten betrachtet werden. Sie können bei einer grenzwertigen Auslegung in Verbindung mit Setzeffekten dazu führen, dass die Langzeitstabilität und somit die dauerhafte Leckagesicherheit nicht mehr gegeben ist.

Die häufig eingesetzten weichdichtenden Systeme bieten augenscheinlich eine Verbesserung, doch sind elastomere Dichtungen – insbesondere unter dynamischer Belastung – nicht auf ein Maschinenleben ausgelegt, sondern zählen zu den Verschleißteilen. Das wiederum bedeutet, dass eine Leckage zeitlich verschleppt und nicht vermieden wird. Im ungünstigsten Fall wird sogar eine Fehlmontage aufgrund der Weichdichtungen überdeckt und führt erst nach einigen Jahren zu einer Leckage. Nicht ohne Grund setzen einige Instandhaltungsbereiche in der Automobilindustrie zwischenzeitlich wieder metallisch dichtende Schneidringverbindungen ein, damit Fehlmontagen direkt beim erneuten Maschinenstart erkannt werden können.

Schlussfolgert man, so ist die Schneidringverbindung von der konstruktiven Seite und auf Basis der üblicherweise vorherrschenden mechanischen und hydraulischen Belastungen, die richtige Alternative. Doch aufgrund der langen Maschineneinsatzzeiten, der knappen Instandhaltungsressourcen und der hohen handwerklichen Anforderungen an eine normgerechte Montage, die vor allem den ungeübten Instandhalter überfordert, ist die Schneidringverbindung in Frage zu stellen.

Rohr mit Dichtkegelanschluss vereinfacht die Montage

Gesucht war somit ein Rohrverbindungssystem, das die mechanischen Eigenschaften einer Schneidringverbindung erreicht oder gar übertrifft und den Monteur hinsichtlich einer vorgabengerechten Montage optimal unterstützt. Und dies sollte auch im Servicefall von einem ungeübten Monteur intuitiv richtig eingesetzt werden können. Als Lösung haben sich Rohrumformsysteme herausgestellt, die in der Kontur des umgeformten Rohres, den sogenannten Dichtkegelanschluss imitieren. Dieser Dichtkegelanschluss hat im Vergleich zur Schneidringverschraubung den Vorteil, dass bei der Endmontage nur die Reibungskräfte der Rohrverbindung überwunden werden müssen und nach dem Endanschlag im Kegelsitz eine entsprechende Vorspannung im System erreicht werden muss. Ein „Setzen“ der Bauteile ist dann auszuschließen.

Eine zusätzliche Weichdichtung als Elastomerdichtung sorgt dabei für zusätzliche Sicherheit. Die gesamte Vormontage erfolgt maschinell gesteuert durch einen Stauchprozess des Rohres, bei dem das Rohr kalibriert wird und somit Toleranzen ausgeglichen werden. Alle möglichen Fehlerquellen der Schneidringmontage sind somit ausgeschlossen. Die Ausreißfestigkeit, Biegewechselfestigkeit und Druckimpulsstabilität liegen bei diesen Systemen auf einem mit dem ungeschwächten Rohr vergleichbaren Niveau, weil im Vergleich zur Schneidringverbindung das Rohr nicht verletzt wird.

Die in der kaltverfestigten Phase des Rohres auftretenden Gefügeänderungen und somit Schwächungen des Rohres lassen sich durch einen in die Mutter eingearbeiteten Klemmring kompensieren, indem die auftretenden Biegewechselbelastungen von dieser Stelle entfernt in das Rohr eingebracht werden.

Rein konstruktiv betrachtet ist dieses System für normale Anwendungen in Werkzeugmaschinen überdimensioniert, aber exakt durch diese Überdimensionierung wird eine Leckagesicherheit auch in einem normalen Betriebszeitraum von zehn bis 15 Jahren gewährleistet. Der Nachteil dieses Systems sei nicht verschwiegen. Zum Umformen der Rohre wird eine hydraulische Presse mit einer Presskraft von rund 1000 kN benötigt. Damit lässt sich die gesamte Palette der in der Hydraulik üblichen Rohrdurchmesser und Wanddicken verarbeiten. Diese hydraulische Presse ist jedoch nur bei einer entsprechenden Auslastung wirtschaftlich sinnvoll, so dass sie überwiegend für den Maschinenhersteller in Frage kommt und bei größeren Revisions- oder Umbauarbeiten eingesetzt werden kann.

Bördelverschraubung als Ersatzteil verwendet

Für den täglichen Instandhaltungsbedarf sind diese Maschinen nicht praxistauglich. Aus diesem Grund hat sich in der Instandhaltung insbesondere auch als Reparaturlösung für defekte Schneidringverbindungen die Bördelverschraubung BV-10 herausgestellt. Bei diesen Bördelverschraubungen wird ein gehärteter Bördelkegel mit einer kleinen Handpumpe in das Rohr eingetrieben. Dabei wird das Rohr um 10° aufgeweitet. Ein Sägezahnprofil hält das Rohr und dichtet es ab. Auf der Rohranschlussseite befindet sich nun wieder der oben erwähnte Dichtkegel mit integriertem O-Ring, wodurch eine sehr einfache und sichere Montage gewährleistet ist.

Auch bei den Bördelverschraubungen wird das Rohr nicht geschwächt, weil die Aufweitung des Rohres sich unterhalb der Streckgrenze befindet. Gefügeänderungen werden dadurch wirkungsvoll ausgeschlossen. Die Schneidringverbindung wurde somit durch eine Verbindung mit weitaus höheren Festigkeitseigenschaften ersetzt, wobei die richtige Montage durch das Dichtkegelprinzip sichergestellt wird. Die Verlängerung des Rohres mit Hilfe des Bördelkegels ergibt zudem die Möglichkeit einer Reparatur von defekten Schneidringverbindungen. Der defekte Rohrbereich lässt sich absägen, wobei über die längere Bauweise des Bördelkegels die vorherige Gesamtlänge des Rohres wieder hergestellt wird.

Somit ist zumindest in Bezug auf die Leckagevermeidung von Rohrverbindungen eine dauerhafte Leckagesicherheit während der Maschinenlebensdauer gewährleistet. Diese Sicherheit basiert bei der Erstausrüstung auf dem Einsatz von Rohrumformsystemen, in Kombination mit der Bördelverschraubung als Reparaturlösung.

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Werner Thorwarth MM MaschinenMarkt

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