Schneiden mit elektromagnetischen Feldern

Quietschende Reifen, ein scheppernder Aufprall – bei einem Unfall müssen die Bleche der Autokarosserien einen ausreichenden Aufprallschutz bieten und die Insassen bestmöglich schützen. Bei der Bearbeitung birgt diese Festigkeit der Stähle jedoch Herausforderungen, etwa wenn die Autobauer Kabeldurchführungen ausstanzen müssen. Mechanische Schneidwerkzeuge verschleißen schnell, wenn sie sich durch das harte Blech kämpfen.

Zudem verbleibt ein Teil des zu entfernenden Materials an der Unterseite des Blechs, Experten sprechen vom Schnittgrat – das Blech muss aufwändig nachbearbeitet werden. Eine andere Möglichkeit sind Laser als Schneidwerkzeuge: Sie brauchen jedoch viel Energie, die Bearbeitung ist zeitaufwändig und teuer.

Eine Alternative, um Ausschnitte in Karosserieteile aus pressgehärtetem Stahl zu bekommen, haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz geschaffen – mit verschiedenen Partnern, unter anderem Volkswagen. »Basis ist die elektromagnetische Pulstechnologie EMPT, die bisher vor allem dazu dient, Aluminiumrohre aufzuweiten oder zu verengen«, sagt Dr. Verena Kräusel, Abteilungsleiterin am IWU. »Wir haben die Methode so verändert, dass wir damit auch harte Stähle schneiden können. Während der Laser etwa 1,4 Sekunden braucht, um ein Loch zu schneiden, sind es beim EMPT nur etwa 200 Millisekunden – wir sind bis zu siebenmal schneller.« Ein weiterer Vorteil: Es entsteht kein Schnittgrat – die Nachbearbeitung entfällt. Auch Stempelwerkzeuge sind überflüssig, es fallen keine Ersatzkosten durch Verschleiß an.

Die Pulsgeneratoren bestehen aus einer Spule, einer Kondensatorbatterie sowie einer Ladeeinrichtung und Hochstromschaltern. Schließt sich der Schalter, entladen sich die Kondensatoren innerhalb von Mikrosekunden über diese Spule, so dass ein hoher gepulster Strom fließt. Die Spule wandelt die in den Kondensatoren gespeicherte Energie in magnetische Energie um. Um mit dem Verfahren auch Stahl schneiden zu können, mussten die Forscher die Spule so verändern, dass das entstehende elektromagnetische Feld stark genug ist: Der Druck, mit dem das Feld auf den Stahl trifft, muss so hoch sein, dass das Material aus dem Blech herausgeschleudert wird. »Es wirken etwa 3500 bar auf den Stahl ein. Das entspricht dem Gewicht von drei Kleinwagen auf einem Fingernagel«, erläutert Kräusel. Das EMPT-System wurde von der Firma PSTproducts GmbH in Alzenau zur Verfügung gestellt. Die Spulen für verschiedene Schnittgeometrien entwickeln die Forscher im Kundenauftrag.

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Verena Kräusel Fraunhofer Gesellschaft

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