Roboter überprüfen Präzisionsmessgeräte

Bei der Firma MSB prüfen erstmals Roboter ob Messschieber verbogen oder verschlissen sind. (© Fraunhofer IPA)<br>

Bei der Automobilindustrie und im Maschinenbau kommt es auf Präzision an – die einzelnen Teile müssen ein exaktes Maß haben und an genau der richtigen Stelle sitzen. Die Mitarbeiter greifen daher zu Messschieber und Bügelmessschrauben, um dies zu überprüfen. Sie klemmen das zu messende Bauteil mit dem Messschieber ein und lesen auf einer Skala oder einem Display ab, wie weit der Messschieber geöffnet und entsprechend wie dick das Bauteil ist.

Problematisch wird es, wenn die Messgeräte ungenau – etwa leicht verbogen oder verschlissen – sind. Messschieber und Co müssen also ebenfalls von Zeit zu Zeit überprüft werden. Dazu schicken die Industriekunden sie zu Kalibrierlaboren, wo die Mitarbeiter sie per Hand vermessen und dem Kunden mitteilen, wie groß der Messfehler des entsprechenden Schiebers ist.

Nun lassen sich solche Geräte erstmalig vollautomatisch kalibrieren. Der Vorteil: Das Verfahren ist dreimal genauer als die Messung per Hand. Denn während ein Mensch den Schieber mal etwas stärker, mal weniger stark zusammendrückt und die gemessene Dicke daher um bis zu 0,3 mm variiert, misst der Roboter immer mit exakt der gleichen Kraft. Außerdem arbeitet der Roboter etwa sechsmal schneller als der Mensch und kann Tag und Nacht durcharbeiten. Industriekunden können durch die automatische Prüfung schlechte Messgeräte erkennen, bevor diese falsche Messergebnisse liefern.

Den Anstoß für die Automatisierung gab die Firma MSB in Halberstadt, die auf dieser Geschäftsidee aufbaut. Anfangs war jedoch nicht klar, ob eine solche Vollautomatisierung überhaupt machbar ist, und wenn ja wie. Die Firmengründer beauftragten daher die Forscher vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart, die das Konzept für den Roboter erarbeiteten und Pläne für den mechanischen Aufbau und die Steuerung entwickelten. Mittlerweile haben die Mitarbeiter der Firma MSB die Messschieberzelle in Betrieb genommen. Die Roboter für die Bügelmessschrauben dürften in zwei bis drei Wochen ebenfalls einsatzbereit sein.

Die gesamte Kalibrierung läuft vollautomatisch – lediglich am Warenein- und -ausgang nimmt ein Mitarbeiter die Geräte entgegen, sortiert sie und legt sie in Transportkisten. Das System befördert diese Kisten zunächst in ein klimatisiertes Hochregallager, wo sie bei festgelegter Luftfeuchtigkeit und Temperatur eine kurze Zeit gelagert werden. Sind sie an der Reihe, machen sie sich mittels Fließbändern automatisch auf den Weg. Am Roboter nimmt ein Greifarm einen Messschieber aus der Kiste und fährt ihn nacheinander an mehrere exakte Prüfkörper, für Außen-, Innen-, Tiefen- und Stufenmessung, heran. Hier drückt ein weiterer Greifer den Schieber zu, ein System aus Kamera und Bildverarbeitung liest die Skala aus. Der Roboter überprüft auch, wie nachgiebig der Messschieber ist. Wie stark verändert sich das Ergebnis, wenn man den Messschieber stärker oder weniger stark zusammendrückt?

Einer der Knackpunkte, die die Fraunhofer-Forscher lösen mussten, lag in der Bildverarbeitung. »Es gibt sehr viele Varianten von Messschiebern oder Bügelmessschrauben«, sagt Bernd Winkler, Wissenschaftler am IPA. »Durch unsere Entwicklung können wir nun mit derzeit etwa 20 verschiedenen Parametersätzen fast jeden Schiebertyp vermessen. Welcher Parametersatz für welchen Schieber verwendet wird, legt der Mitarbeiter am Wareneingang fest.«

Media Contact

Bernd Winkler Fraunhofer Wirtschaftsthemen

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