Neues Schmiedeverfahren senkt Gratanteil von 54 auf 7 Prozent

Significantly lower burr percentage: The multi-directionally forged crankshaft (right) compared with a conventionally forged one. (Graphics: IPH)

Zwei Jahre lang hat das IPH an dem Verfahren geforscht – mit Fördergeldern der Europäischen Union und in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen aus Spanien, Rumänien und der Türkei. Das Ergebnis: Die Forscher konnten den Gratanteil beim Schmieden einer Zweizylinderkurbelwelle erheblich senken. Im konventionellen Schmiedeverfahren mussten 10,8 Kilogramm Stahl eingesetzt werden, um die untersuchte 7 Kilogramm schwere Kurbelwelle zu schmieden – das entspricht einem Gratanteil von 54 Prozent. Mit dem neuen, mehrdirektionalen Schmiedeverfahren sinkt der Gratanteil auf nur 7 Prozent: Um dieselbe Kurbelwelle herzustellen, genügen 7,5 Kilogramm Stahl. Zudem spart das neue Verfahren etwa 20 Prozent Energie, weil weniger Stahl erhitzt werden muss.

Möglich wird die Einsparung durch das sogenannte mehrdirektionale Schmieden. Bei herkömmlichen Schmiedeverfahren wird ausschließlich durch Druck von oben umgeformt. Überschüssiges Material entweicht zu den Seiten.

Dadurch entsteht der sogenannte Grat, der anschließend entfernt werden muss. Beim mehrdirektionalen Schmieden wird der erwärmte Stahl dagegen nicht nur von oben umgeformt, sondern gleichzeitig durch Druck von den Seiten. So lässt sich der Stahl kontrollierter in Form pressen und weniger Material wird verschwendet.

Das IPH beschäftigt sich bereits seit mehr als zehn Jahren mit dem mehrdirektionalen Schmieden und hat es in etlichen Forschungsprojekten weiterentwickelt. Im Rahmen des EU-Projekts REForCh wurde das Verfahren jetzt erstmals erfolgreich im industriellen Umfeld erprobt. REForCh steht für „Resource efficient forging process chain for complicated high duty parts“ – zu Deutsch: „Ressourceneffiziente Schmiedeprozesskette für komplizierte Hochleistungsbauteile“.

Rund 1,1 Millionen Euro hat die EU in das Forschungsvorhaben investiert. Am Projekt beteiligt waren insgesamt sechs Unternehmen und Forschungsinstitute aus Deutschland, Spanien, Rumänien und der Türkei. Das Institut für Elektroprozesstechnik (ETP) der Leibniz Universität Hannover hat sich mit der Auslegung der induktiven Erwärmungsprozesse sowie der Energiebilanz des Schmiedeverfahrens auseinandergesetzt.

Die spanische Firma Aurrenak hat das Umformwerkzeug hergestellt, das sich in eine ganz normale Exzenterpresse einsetzen lässt und den Pressendruck so umleitet, dass der Stahl gleichzeitig von oben und von den Seiten umgeformt wird.

Erfolgreich getestet wurde das neue Verfahren in der Türkei: Das Schmiedeunternehmen Omtaş Otomotiv Transmisyon Aksami hat mit dem mehrdirektionalen Werkzeug bereits Prototypen von Zweizylinderkurbelwellen für Quads und Schneemobile hergestellt und möchte das Verfahren jetzt auf die Herstellung weiterer Kurbelwellentypen übertragen. Bis zur Anwendungsreife ist es also nur noch ein kleiner Schritt.

Von den Forschungsergebnissen profitieren alle Schmiedeunternehmen, die Material und Energie sparen wollen: Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gibt die Erkenntnisse aus dem Projekt gern weiter und berät Unternehmen zum mehrdirektionalen Schmieden. Ansprechpartner ist Dr.-Ing. Malte Stonis, zu erreichen ist er unter der Telefonnummer (0511) 279 76-336 oder per E-Mail an stonis@iph-hannover.de.

Weitere Informationen:

http://www.reforch.eu

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Susann Reichert idw - Informationsdienst Wissenschaft

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