Metav 2010 zeigt Neuheiten rund um das erosive Drehen

Wer hat seinen Umsatz entgegen dem Zeitgeist im ersten Halbjahr 2009 verdoppelt und arbeitet eng mit Werkzeugmaschinen-Herstellern, Neurochirurgen und der Physikalisch-Technischen Prüfanstalt PTB in Braunschweig zusammen? Antwort: Das Institut für Mikrotechnik Mainz mit seiner Abteilung Feinwerktechnik.

Der Name der Landeseinrichtung trifft eigentlich schon nicht mehr zu: Vor knapp zwei Jahrzehnten gründete das Land Rheinland-Pfalz das Institut für Mikrotechnik Mainz GmbH (IMM). Mittlerweile könnte es auch Institut für Nano-Mikrotechnik heißen, denn das IMM verschiebt in der Feinwerktechnik Jahr für Jahr seine Technologiegrenzen. Das Institut entwickelt und erzeugt heute bewegliche Bauteile, die kleiner als ein Millimeter ausfallen bei einer Genauigkeit von einem Tausendstel Millimeter (Mikrometer). In der Abteilung Feinwerktechnik unter Dipl.-Ing. Frank Neumann entstehen sogar auf Bruchteile von Mikrometern genaue Oberflächen, die ein Polieren überflüssig machen.

Das Geheimnis steckt im EDM-Kompetenzzentrum

Derartige Rekordleistungen möglich macht „Electro Discharge Machining“ (EDM) – zu deutsch: Funkenerosion. Die Mainzer haben im Jahr 2007 ein EDM-Kompetenzzentrum gegründet, mit dessen Hilfe sie das von ihnen mitentwickelte Verfahren, das erosive Drehen, auf dem Markt etabliert haben.

Beim erosiven Drehen rotiert das Werkstück in einer standardmäßigen Erodiermaschine in einer zusätzlichen Achse, die quer zum aufgestellten Draht positioniert wird. „Auf diese Weise kann ich entsprechende Strukturen am Bauteil erzeugen. Es können damit Teile hergestellt werden, die früher undenkbar waren. Die Anwender können mit einer Indexierachse inzwischen sogar Hinterschnitte erzeugen, die mit anderen Verfahren wie Schleifen oder Drehen nicht herstellbar sind“, erläutert Abteilungsleiter Neumann Der Grund: Bauteile mit 20 bis 30 Mikrometer Durchmesser (zum Vergleich: ein menschliches Haar ist 40 bis 120 Mikrometer dick) lassen sich beispielsweise nicht mehr sicher schleifen, drehen oder fräsen, weil sie wegen der eingebrachten Werkzeugkräfte sofort abbrechen würden.

Erosives Drehen – ein wichtiges Thema auf der Metav 2010

Erosives Drehen läuft im Prinzip mittlerweile auf Erodiermaschinen aller namhafter Hersteller wie Fanuc, Makino, Agie-Charmilles oder Mitsubishi Electric. „Ich bin mir daher sicher, dass es auf der Metav 2010 Neuheiten in Sachen erosives Drehen zu sehen gibt“, so Neumann. „Allerdings ist die erzielbare Präzision stark abhängig vom Benutzer-Know-how und vor allem von der eingesetzten Technologie.“ Hier ist das IMM natürlich durch die langjährige Zusammenarbeit mit den Firmen Hirschmann, Jauch-Schmider und Mitsubishi Electric im Vorteil.

Hirnsonden der fünften Generation

Ärzte regten die Rheinland-Pfälzer Forscher zu einer besonderen Entwicklung an: So erzeugt das IMM Hirnsonden, die Gehirnströme messen und Energie zum Veröden einleiten können. Die Sonden der fünften Generation sind bis zu 300 mm lang und sie besitzen einen Durchmesser gerade einmal 0,5 mm. In der Spitze befinden sich 30 Elektroden, die mit der integrierten Elektronik verbunden sind. Die Chirurgen können damit extrem präzise Positionen anfahren. Die Resonanz fiel gut aus. „Die Neurochirurgen sagten uns: „Endlich gibt es mal ein Gerät, mit dem wir testen und arbeiten können“, freut sich Abteilungsleiter Neumann.

Neues Normal für Computertomographen

Eine der neuesten messtechnischen Entwicklungen am IMM entstand für die Medizintechnik. Die Aufgabenstellung: Zur Eichung der Genauigkeit von Computertomografen (CT) gab es bisher nur einen Prüfkörper mit eingeklebten Kugeln, mit denen sich die jeweilige Position im Raum nur in einem bestimmten Rahmen genau bestimmen ließ.

Gemeinsam mit der Physikalisch-Technischen Prüfanstalt PTB in Braunschweig haben die Mainzer ein neues so genanntes Normal geschaffen. Es handelt sich um einen kleinen Titan-Würfel mit einer Kantenlänge von 10 mm, in den die Mainzer auf drei Seiten sehr genaue Strukturen eingebracht haben.

Messrestunsicherheit beträgt nur wenige Mikrometer

Für Experten: Die so genannte Messrestunsicherheit beträgt weniger als einen Mikrometer; die Strukturtoleranzen liegen zwischen +/-2 bis 3 Mikrometer. Die Präzision reicht dem Leiter der Feinwerktechnik noch nicht aus. „Wir wollen dieses Normal aber jetzt mit Blick auf die Genauigkeit der Strukturen weiter verbessern“, erklärt Neumann. „Zukünftig sollen Hersteller und Anwender von Fräs- und Erodiermaschinen diesen Prüfkörper ebenfalls einsetzen.“

Media Contact

Jürgen Schreier MM MaschinenMarkt

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