Mantel gegen Korrosion bei Offshore-Windkraftanlagen

Über dem Meer weht der Wind im Durchschnitt viel stärker als über dem Land. Folglich ist dort das Betreiben von Windenergieanlagen attraktiver. Jedoch ist der wirtschaftliche Offshore-Betrieb der Anlagen nur dann sichergestellt, wenn sie langlebig konstruiert sind und ohne aufwändige Wartungs- und Reparaturmaßnahmen laufen.

Korrosionsschutz bei Offshore-Windkraftanlagen wichtig

Eine wichtige Rolle spielt daher der Korrosionsschutz. So wurde Anfang dieses Jahres in Hamburg auf der Tagung „Korrosionsschutz in der maritimen Technik“ dieses Thema lebhaft diskutiert.

Um ein optimiertes, wirtschaftliches und ökologisch verträgliches Konzept für den Korrosionsschutz von Offshore-Windenergieanlagen zu erstellen, müssen Experten aller beteiligten Branchen eng miteinander zusammenarbeiten. Denn grundsätzlich lassen sich Erfahrungen aus anderen Branchen übernehmen.

Zum Beispiel hat sich zur Vermeidung von Bimetallkorrosion bewährt, dass bei der Bauplanung kompatible Werkstoffe ausgewählt oder entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden. Später, bei der Applikation, kann man auf die Erfahrungen von Werften hinsichtlich der oft nur schwer einzuhaltenden VOC-Richtlinien zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen zurückgreifen.

„Natürlich gibt es für Offshore-Plattformen vorbildliche Korrosionsschutzstrategien“, berichtet Daniel Engel, Vice President Materials & Products bei der Germanischer Lloyd AG in Hamburg, die als Dienstleister Neubauten von Schiffen, meerestechnischen Bauwerken und Offshore-Anlagen überwacht. Diese Strategien müssten allerdings noch auf Windenergieanlagen übertragen und nachhaltig angepasst werden.

Notwendige Überwachung der Offshore-Windkraftanlagen

Die Herstellung immer größerer Windenergieanlagen verlange eine Anpassung aller begleitenden Parameter, sagt Uwe Meesenburg vom Anlagenhersteller Repower Systems, Hamburg. Der Experte für Qualitäts- und Fertigungsüberwachung im Bereich Rohrturm und Korrosionsschutz bezieht sich dabei auf die Pilotprojekte „Beatrice“ in der Nordsee und „Thornton Bank“ im Ärmelkanal. Für beide Projekte hat Repower Rohrturm, Gondel und Rotor geliefert.

Zwar waren für die Arbeit von Repower die hoch belasteten Bereiche der Gründungen im Unterwasserbereich und in der Wasserwechselzone ausgeklammert, doch brachten die Projekte genügend große Herausforderungen mit sich: Wie werden die Komponenten vor Korrosion geschützt, wie transportiert und errichtet? Welcher Turmhersteller ist überhaupt in der Lage, Rohrtürme dieser Größenordnung herzustellen und korrosionsschutzgerecht zu beschichten?

Beim Projekt „Beatrice“ ist das Turmsegment 66 m lang. Für die Beschichtung musste diese „Röhre“ in drei Segmente aufgeteilt werden, weil sie im Ganzen nicht in die Strahl- und Lackierkabine gepasst hätte. Das machte eine aufwändigere Prozessplanung und -durchführung erforderlich, die jedoch laut Meesenburg das Ergebnis gerechtfertigt hat: die sichere Applikation einer zuverlässigen Beschichtung. Erwartete Beschädigungen durch Transport und Montage wurden in einer späteren Projektphase mit dem jeweiligen Reparatursystem des Farbherstellers beseitigt.

Vorgrundierte Bleche entsprachen zuerst nicht den Vorgaben

Im Fall „Thornton Bank“ dagegen zeigte sich, dass der Hersteller der Rohrtürme den Anforderungen von Repower anfänglich nicht gerecht wurde. So entsprach vor allem der Einsatz von vorgrundierten Blechen nicht den Vorgaben. Letztendlich entstand jedoch in enger Kooperation von Repower, dem Turmhersteller sowie dem Zulieferer der Bleche ein hochwertiges Produkt.

„Das zeigt aber, dass eine tiefgreifende Qualitäts- und Fertigungsüberwachung im Bereich des Korrosionsschutzes unumgänglich ist“, erläutert Meesenburg. „Eine Prozesssicherheit wird sich erst über einen längeren Zeitraum bei größeren Losgrößen einstellen.“

Korrosionsschutz für Windkraftanlagen muss vollständig dokumentiert werden

Wichtig sei außerdem eine vollständige Dokumentation des Korrosionsschutzes, damit im Notfall auf ein geeignetes Reparatursystem zurückgegriffen werden könne. Dazu gehörten insbesondere Hinweise für die Oberflächenvorbereitung bei der Reparatur des notwendigen Farbschichtaufbaus.

„Es gibt zurzeit nur wenige Turmhersteller, die technisch in der Lage sind, den Herausforderungen gerecht zu werden“, resümiert Meesenburg. Schließlich bedürfe es eines erheblichen Investitionsvolumens, um Fertigungsstätten für Rohrturmsegmente dieser Dimension zu errichten.

Offshore-Windkraftanlagen sollen über 20 bis 25 Jahre möglichst wartungsfrei bleiben

„Grundsätzlich soll die Anlage so konstruiert sein, das sie über eine Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren möglichst wartungsfrei zu betreiben ist“, sagt Mathilde Lindhardt Damsgaard vom dänischen Energiekonzern Dong. „Bei der Auswahl eines Korrosionsschutzsystems müssen daher alle gegebenen Parameter untersucht werden.“

Nur eine genaue Betrachtung des individuellen Objekts führe zu einem wirtschaftlichen und dauerhaften Schutz. Sowohl für Beton- wie auch für Stahlkonstruktionen sei ein Design mit geeigneten Materialien und Konstruktionsdetails der erste Schritt, um das Risiko von Korrosion zu minimieren.

Einfache Beschichtungssysteme reichen für Offshore-Windkraftanlagen nicht aus

Doch erst im Betrieb einer Offshore-Windenergieanlage werde offensichtlich, wo die Stärken und Schwächen eines Korrosionsschutzsystems liegen. So wurden in dem im Jahr 2002 errichteten Windpark „Horns Rev“ westlich von Dänemark beispielsweise nur einfache Beschichtungssysteme aufgetragen. Bereits nach wenigen Jahren zeigten sich großflächige Beschädigungen.

Seitdem ist klar: Um einen „Puffer-Effekt“ zu erzielen, sind mehrlagige Systeme notwendig. Denn Poren oder Durchbrüche auf die Stahloberfläche treten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht genau übereinander auf.

Dokumentation des Korrosionsschutzes erleichtert Überprüfung

Ein anderes Fallbeispiel, das Damsgaard auf der Tagung geschildert hat, waren inaktive Anoden im Windpark „Nysted“. Dort hatte man pro Gründung 120 kg Zinkanoden eingesetzt. Die inaktiven Bauteile konnten nicht aufgespürt werden. Das mache deutlich, so Damsgaard, wie sinnvoll eine Dokumentation sei. Sie ermögliche, die Anoden der betroffenen Charge zu überprüfen, was Arbeit und Kosten einspare.

Bereits vor 18 Jahren wurde der erste Windpark mit knapp 5 MW Leistung in der Ostsee vor der Küste Dänemarks errichtet. Bau und Aufstellung von Offshore-Windenergieanlagen sind dennoch für alle Beteiligten relatives Neuland. Noch gibt es keine umfangreichen Erfahrungen. Weder übergeordnete Regeln noch Standards weisen den Weg. Daniel Engel von der Germanischer Lloyd AG weiß jedoch, dass „hohe Qualitätsstandards und zuverlässige Kontrollsysteme ausgesprochen wichtig“ sind.

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Josef Kraus MM MaschinenMarkt

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