Informationen aus dem Kabel

Die berührungslose Identifizierung von Produkten mit der RFID-Technik hat sich seit Jahren bewährt und ist mittlerweile Standard. Sie arbeitet ohne Sichtverbindung, erkennt mehrere Objekte (im Pulk) und bietet eine hohe Speicherkapazität sowie Systemanbindung. Außerdem kann der Transponder, meist nur als Tag bezeichnet, wieder beschrieben werden.
Damit ist diese Technologie definitiv die Lösung der Zukunft, auch wenn die Umsetzung etwas länger dauert, als noch vor wenigen Jahren angenommen. Aber das hängt hauptsächlich mit den Kosten für die Tags zusammen, die noch deutlich über dem Niveau der Barcodes liegen.

In diesem Beitrag geht es um passive Tags. Das heißt, sie haben keine eigene Batterie. Die notwendige Energieversorgung für die Aktivierung des Chips im Tag und auch für die Datenübertragung erfolgen über das HF- oder UHF-Feld des Readers. Für den Anwender liegen die Hauptunterschiede dieser beiden Varianten in der maximalen Entfernung zwischen Tag und Reader, Aufbau und Größe der Antenne sowie der Störanfälligkeit – gerade in Verbindung mit Metall. Welches Potenzial die Unternehmen in dieser Technologie sehen, zeigt sich darin, dass jeder versucht, ein Stück vom Kuchen zu bekommen. Und das ist umso größer, je mehr Nutzen der Kunde hat.

Parallel zu den Versuchen, die Kosten für Standard-Tags soweit als möglich zu senken, arbeiten die Unternehmen daher an der Optimierung von zwei weiteren Entwicklungen: Erstens, den Tag schon während der Fertigung eines technischen Produktes zu integrieren – auch auf metallischem Untergrund – und zweitens, ihn mit Sensoren zu kombinieren. Bei der Integration von Tags in Kabeln oder auf Steckverbindern denkt man im ersten Moment an den üblichen Nutzen in Bezug auf Logistik und Warenerkennung; wie es heute beim Handling großer Materialmengen üblich ist. Die Lösung von Lapp verfolgt primär aber ein anders Ziel.

Neben Montageanleitungen, die werksseitig hinterlegt sind, ist es mit RFID ja auch möglich, weitergehende Informationen auf dem Chip zu speichern. So kann der Anwender beispielsweise „reinschreiben“, wann Stecker oder Kabel verlegt, wann die letzte Wartung durchgeführt wurde und welche Besonderheiten zu beachten sind. Das Auslesen der Daten, die dann zentral abgelegt und bearbeitet werden können, erfolgt mit einem Standard-Reader.

Ein „Tag“ für unterschiedliche Stecker

Die Anforderungen bei der Integration eines Tags in einen Stecker ist weniger die automatische Fertigung sondern, dass er direkt auf der Metalloberfläche sitzt. Warum ist dies so problematisch und warum wird überhaupt versucht, ihn direkt auf Metall zu platzieren? Physikalisch gesehen führt die „Nähe“ des Metalls zu einer Verstimmung der Antenne und einer Schwächung der übertragenen Energie. In den Anfängen von RFID war daher der Satz „Tags und Metall vertragen sich nicht“ fast ein Dogma. Er ist auch jetzt noch richtig, nur gibt es mittlerweile mehr oder weniger aufwändige Lösungen, um damit leben zu können.

Die Standards sind Abstandhalter und FlagTags (die Fahne steht senkrecht zum Metall) sowie Ferritfolien. Der Nachteil dieser Entwicklungen ist neben einer aufwändigen Montage die größere Abmessung, beziehungsweise die Temperaturabhängigkeit und Alterung der Folie. Daher wird gerade in der letzten Zeit vermehrt an Lösungen gearbeitet, um den Einfluss des Metalls so zu kompensieren, dass dessen Störungen keine negativen Auswirkungen mehr haben.

Auch Lapp setzt diese Technik bei ihren neu entwickelten Tags ein. Sie haben einen Durchmesser von acht Millimeter, eine Dicke von 2,0 Millimeter und werden in die hauseigenen Epic-Stecker integriert; eine flexibel aufgebaute Serie mit unterschiedlichen Gehäusen, Einsätzen und Kontakten.

Die Übertragung erfolgt im HF-Bereich – und das hat gleich mehrere Gründe. Das primäre Ziel dieser Entwicklung ist, eine gezielte Information aus einem bestimmten Stecker zu erhalten oder dorthin zu übertragen und zu speichern. Damit ist die HF-Lösung mit ihrem induktiven Nahfeld mehr als ausreichend; es fällt relativ stark ab und hat nur eine Reichweite bis maximal 1,70 Meter. Außerdem hat diese Frequenz den Vorteil, dass eine Kompensation der Störungen aufgrund des Metalls im Vergleich zu UHF einfacher ist. Denn die höheren Frequenzen verlangen ausgefeilte Antennenformen und meist auch eine präzise Projektierung!

Weitere Punkte sind die Größe der Antenne, die bei HF deutlich kleiner ausfällt und die Robustheit des gesamten Systems. Ein wichtiges Argument für das Handling, ob in der Industrie, im Tunnelbau oder im Automotive-Geschäft. Der Hauptunterschied der Lapp-Variante im Vergleich zu anderen Entwicklungen besteht darin, dass der Tag inklusive Antenne unabhängig von der Steckerform ist. Denn es gibt Lösungen, bei denen die Tags ihre volle Leistung nur über eine gezielte Kopplung mit einer definierten metallischen Umgebung erreichen.

Dazu Manfred Hauck, Managing Direktor bei Lapp Engineering in Cham (CH): „Wir wollen mit unserem Tag mehrere Produktvarianten abdecken – und nicht umgekehrt. Das heißt, wir werden beispielsweise einen runden Metallstecker nicht so formen, dass er nur aufgrund seiner geometrischen Besonderheit ein einwandfreies Signal liefert. Dieser Standard soll für das gesamte Epic-Produktportfolio gelten, ob Rund- oder Rechteck-Steckverbinder, ob Druckguss-Stecker oder irgendeine andere Herstellvariante.“

Wasser oder Öl im Kabel?
Der Gedanke, dass man Tags nicht nur in einen Stecker, sondern auch in ein Kabel integrieren kann, liegt bei einem Unternehmen wie Lapp ja nicht allzu fern. Ein wesentlicher Punkt bei der Entwicklung neben einer sicheren Funktion des Tags war, dass Flexibilität und mechanische Belastbarkeit des Kabels weiterhin gewährleistet sind. Anders ausgedrückt, sie dürfen sich aufgrund der Integration von Tags nicht verändern. Für ihre Position gibt es unterschiedliche Lösungen, die im Wesentlichen vom inneren Aufbau des Kabels abhängen. Die äußerste radiale Position ist direkt unter dem Mantel.

Im Gegensatz zum Stecker können hier auch UHF-Tags integriert werden; das hängt aber stark von der Anwendung ab. Denn eine Lösung mit UHF verhält sich unter hoher mechanischer Belastung, wie beispielsweise in einer Schleppkette, anders als die HF-Variante. Und was die Anzahl der Tags im Kabel angeht, auch das ist Vorgabe des Kunden, angefangen von jeweils einem an den Enden bis hin zu deutlich engeren Abständen.

Individuelle Kalibrierung

Lapp ist aber noch einen Schritt weitergegangen und integriert einen HF-Transponder zusammen mit einem Sensor in ein Kabel. Die ersten Prototypen wurden auf der vergangenen Hannover Messe erstmals der Öffentlichkeit präsentiert – mittlerweile läuft schon die Vorserie für einen Kunden. Diese Sensoren nehmen je nach Ausführung physikalische Größen wie Feuchtigkeit, Temperatur oder Dehnung im Inneren des Kabels auf, die dann vom Anwender mit einem Standard-Reader ausgelesen werden können. Ihre Abmessungen sind erstaunlich gering und liegen bei dem Feuchtesensor mit integriertem Transponder bei 13 x 9 x 2 Millimeter.

Die Standard-Speicherkapazität ist 64 kBit; das gilt für alle hier beschriebenen Anwendungen. Bei Bedarf sind aber auch 512 kBit möglich, allerdings sind die Abmessungen dann größer. Worin besteht der Nutzen, die Feuchtigkeit in einem Kabel zu bestimmen und wann tritt ein solcher Fall überhaupt ein? Normalerweise ist das Kabelinnere gegenüber dem Außenraum abgeschlossen. Der Kabelmantel dient als äußerer Schutz gegen mechanische Beanspruchungen und Umwelteinflüsse wie Wasser, Öl, Chemikalien oder auch Korrosion.

Ist die Beanspruchung aufgrund einer mechanischen Beschädigung zu groß, wird entweder der Mantel aufgerissen oder die Verbindung am Interface wird undicht und das umgebende Medium tritt in das Innere des Kabels ein. „Unsere Entwicklung zielt auf die Wartung von Kabeln in sicherheitsrelevanten Anwendungen“, so Manfred Hauck. „Der Betreiber kann mit dem Auslesen der Daten an prägnanten Stellen genau feststellen, in welchem Zustand sich das Kabel befindet – das verkürzt die Wartung und verringert damit die Kosten erheblich. Gleichzeitig kann er die Daten protokollmäßig im Tag in Echtzeit hinterlegen und etwaige Qualitätsrichtlinien und -forderungen einwandfrei abdecken; und auch Jahre später wieder nachvollziehen. Außerdem erhält er eine Aussage darüber, ob in der direkten Umgebung des Kabels eine massive Störung vorliegt.“

Damit der Sensor bei der Messung die richtigen Werte liefert, wird er individuell auf das jeweilige Fluid kalibriert.

Nach dem Auslesen können die Feuchtigkeitswerte als Funktion der Leitfähigkeit in einem Diagramm dargestellt werden – es geht bei dieser Lösung also auch genauer als „nur“ feucht oder trocken. Detaillierte Aussagen zu den physikalischen Messmethoden für Feuchtigkeit, Temperatur oder Druck sind aus verständlichen Gründen aus dem Hause Lapp nicht zu erfahren.

Sie dürften aber von den typischen kapazitiven oder piezoresistiven Ansätzen, wie sie in der Sensortechnik genutzt werden, nicht allzu weit entfernt sein. Man darf gespannt sein, wie diese Entwicklung bei Lapp weitergeht. Das Interesse an der neuen Technik ist groß. Das zeigen Gespräche mit Unternehmen für Flugzeugtechnik, Bühnen- und Lichttechnik und auch mit einem Tunnelbauer – sie alle zielen auf mehr Verfügbarkeit und Sicherheit ihrer Anlagen.

Dr. Peter Stipp

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