Wie genau muss ein Kugelgewindetrieb sein?

Die Diskussion um die benötigte Güteklasse bei Kugelgewindetrieben wird häufig mit der Bemerkung beendet, daß keine hohe Genauigkeit für eine bestimmte Anwendung erforderlich ist, oder dass ein direktes Messsystem vorhanden ist und ein hochgenauer Kugelgewindetrieb deshalb unnötig, so der Spezialist für Kugelgewindetriebe Steinmeyer. Die erste Aussage ist noch nachvollziehbar. Bei manchen Anwendungen ist die geforderte Positioniergenauigkeit tatsächlich in einem Bereich, der mit praktisch jedem Kugelgewindetrieb erreichbar ist. Und der Zusammenhang zwischen „Güte“ und Eigenschaften wie Lebensdauer oder Schwingungsverhalten ist weniger prominent und oft kaum nachweisbar.

Kugelgewindetrieb ist Teil eines Regelkreises

Die Behauptung aber, die Anforderungen an den Kugelgewindetrieb sind minimal, weil ein Messsystem vorhanden ist, ist in vielen Fällen schlichtweg falsch, konstatiert Steinmeyer. Wie erläutert wird, fängt das Problem bei der DIN beziehungsweise ISO-Norm an, die die Güte eines Kugelgewindetriebes über die Steigungsabweichung definieren. Zwar werden andere Eigenschaften wie die Geradheit der Spindelwelle und Konzentrizität der Lagerzapfen einbezogen, doch erfolgt die Bewertung der Positioniergenauigkeit rein statisch über die Steigungsabweichung. Lediglich die Angabe von bestimmten Toleranzen des Reibmomentes – allerdings im unbelasteten Zustand – deutet darauf hin, dass der Kugelgewindetrieb Teil eines Regelkreises darstellt, dessen Funktion unter Umständen durch übermäßige Störgrößen beeinträchtigt wird.

Verminderte Erwärmung

An genau dieser Stelle setzt die Technik ETA+ von Steinmeyer an. Während die technischen Details immer noch ein wohlgehütetes Geheimnis sind, haben in den fast vier Jahren seit der Einführung eine ständig zunehmende Zahl von Kunden die Vorzüge von ETA+-Kugelgewindetrieben in der Praxis kennen gelernt, so das Unternehmen. Ein verminderter Temperaturgang bei Maschinen ohne direktes Messsystem ist noch ein aufgrund der deutlich verminderten Erwärmung erklärbarer Vorteil.

Aber auch und gerade Maschinen mit direktem Messsystem profitieren besonders deutlich, denn diese neue Kugelspindel verhält sich laut Steinmeyer im Regelkreis anders als eine konventionelle Spindel – eine Eigenschaft, die in den einschlägigen Normen bisher keinen Eingang gefunden hat.

Kaum spürbare Reibung

Als auffallendsten Unterschied zu konventionellen Kugelgewindetrieben nennt Steinmeyer die kaum spürbare Reibung, die eine massiv reduzierte Vorspannung vermuten läßt. Vergleicht man jedoch die Werte der Mutternsteifigkeit, dann wird deutlich warum diese Technik nach dem Wirkungsgrad „ETA+“ genannt wurde: bei nur einem Drittel der Reibung erzielt die ETA+-Kugelspindel eine Steifigkeit, die gegenüber der konventionellen Technik um rund 50% verbessert ist. Dies macht eine höhere Achsbeschleunigung und höheren Ruck möglich.

Fast kein Umkehrfehler

Fast noch wichtiger ist aber laut Steinmeyer – zumindest auf den zweiten Blick – das fast völlige Fehlen eines Umkehrfehlers. Der ETA+-Kugelgewindetrieb reagiert auf jede Drehbewegung, gleich in welcher Richtung und mit welchem Verfahrweg, mit einer exakt proportionalen Axialbewegung, wird erklärt. Dadurch können Regelabweichungen drastisch reduziert werden, wie man leicht an einem Kreisformdiagramm ablesen kann: Der „Überschwinger“ beim Quadrantenübergang ist plötzlich kein Problem mehr. Auch der Schleppfehler ist generell auf einen Bruchteil reduziert.

Die Möglichkeiten, die sich damit auftun, sind laut Steinmeyer vielfältig. Kleinerer Schleppfehler bedeutet ruhigerer Lauf der Achse und damit sicht- und messbar bessere Werkstückoberflächen. Kleiner Schleppfehler in Verbindung mit höheren Verstärkungen bedeutet aber auch höhere mögliche Vorschübe bei der Bearbeitung von Freiformflächen oder bei der Unrundbearbeitung.

Statische Betrachtung stößt an Grenzen

Die Diskussion des Regelverhaltens von Kugelgewindetrieben beschränkte sich bisher hauptsächlich auf die Definition von Toleranzgrenzen für das Reibmoment. Steifigkeiten wurden allenfalls statisch über die Einfederung des stehenden Kugelgewindetriebes unter Last betrachtet – oft nur in Druckrichtung. Doch auch Zug-/Druckversuche wurden bisher nur am gegen Drehung blockierten Kugelgewindetrieb durchgeführt.

Der Erfolg, den die Technik ETA+ am Markt hat, so Steinmeyer, zeigt aber die Grenzen dieser statischen Betrachtungsweise auf. Kugelgewindetriebe müssen als Teil des Regelkreises sich „formelkonform“ verhalten: Jede Drehbewegung muss unabhängig von Last und Geschwindigkeit, und unabhängig von vorangegangenen Bewegungen, zu einer exakt vorausberechenbaren Axialbewegung führen. Dies ist nach Einschätzung von Steinmeyer ein zukünftig nicht mehr zu vernachlässigendes Qualitätsmerkmal.

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Bernhard Kuttkat MM MaschinenMarkt

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