Fräser mit Wechselkopfsystem reduzieren Werkzeugkosten

Bei Fräsern mit Durchmessern ≤ 20 mm sind Ausführungen aus Vollhartmetall hinsichtlich der Leistung unschlagbar. Wendeplattenwerkzeuge sind in dieser Größenordnung nur als Ein-, Zwei- oder maximal als Dreischneider realisierbar.

Vollhartmetall-Fräser bieten höhere Zähnezahlen

Viele Bearbeitungen verlangen aber nach mehr Zähnen. Zähnezahlen z = 4 und mehr sind bei Vollhartmetall-Werkzeugen kein Problem, die Möglichkeiten zur Anpassung auf Werkstoff und Bearbeitung daher vielfältiger.

Vollhartmetall-Werkzeuge liegen deshalb im Trend, und das nicht nur bei kleineren Durchmessern unter 20 mm. Der Tübinger Werkzeughersteller Walter sieht einen steigenden Bedarf nach immer größeren Vollhartmetall-Fräsern, 25 mm Durchmesser sind schon nichts Besonderes mehr, über kurz oder lang wird die Nachfrage in Richtung 32 mm gehen.

Kosten der Vollhartmetall-Werkzeuge steigen mit dem Durchmesser

Hauptanwender für Vollhartmetall-Werkzeuge sind insbesondere die Energietechnik, die Luft- und Raumfahrttechnik und der Werkzeugbau. Sowohl die Herstellung komplexer Konturen wie auch die Bearbeitung von Problemwerkstoffen sind dort an der Tagesordnung.

Der Vollhartmetall-Trend wirft allerdings ein Problem auf: Die Werkzeugkosten steigen mit dem Durchmesser. Vollhartmetall ist ein Hightech-Material. Und von diesem ist ein überwiegender Teil gar nicht an der Zerspanung beteiligt, er klemmt als teurer Schaft in der Maschinenspindel.

Modulare Vollhartmetall-Werkzeuge als günstigere Alternative

Als Alternative bietet sich ein modulares Werkzeugkonzept an, bestehend aus Vollhartmetall-Wechselfräskopf und kostengünstigem Halter. Für den Anwender reduzieren sich nicht nur die Beschaffungskosten, er profitiert außerdem von der Verwandlungsfähigkeit einer solchen Lösung.

Unterschiedliche Fräsköpfe sind mit unterschiedlichen Halterlängen kombinierbar. Der Zerspaner braucht nur in den Systembaukasten zu greifen, um das passende Werkzeug zusammenzustellen.

Herzstück eines solchen modularen Konzepts ist die Schnittstelle zwischen Fräskopf und Halter. Generell mindert eine solche Trennstelle die Stabilität und damit Leistungsfähigkeit. Es wird daher stets Bearbeitungssituationen geben, in denen Vollhartmetall-Ausführungen die Nase vorne haben, insbesondere bei großen Schnitttiefen.

Doch diese Fälle dürften künftig weniger werden. Denn Walter hat mit der Cone-Fit-Schnittstelle eine Lösung auf den Markt gebracht, die Schaftwerkzeugen erstaunlich nahe kommt. Ziel war es, ein modulares Werkzeugsystem zu entwickeln, das in Sachen Stabilität neue Maßstäbe setzt und dennoch Kostenvorteile bietet. Die Kosten für modulare Fräsköpfe betragen im Schnitt nur etwa ein Drittel der Kosten für herkömmliche Vollhartmetall-Schaftfräser.

Wechselkopf-Vollhartmetall-Werkzeuge sind kostengünstig

Selbst wenn man davon ausgeht, dass Vollhartmetall-Schaftfräser einer Wiederaufbereitung unterzogen werden, kommt die modulare Lösung zumeist günstiger weg. Die Kosten für das Entschichten, Nachschleifen und Wiederbeschichten durch einen externen Nachschleifservice betragen gut und gerne ein Drittel bis die Hälfte der Anschaffungskosten der Neuwerkzeuge. In vielen Fällen liegen diese Kosten über denen für die einzelnen Wechselfräsköpfe.

Wie der Name bereits andeutet, verbirgt sich hinter Cone Fit eine kegelförmige Aufnahme. Genauer gesagt ein Präzisionskonus mit selbstzentrierendem Spezialgewinde. Dieses Gewinde ist eine Mischung aus Trapez- und Sägegewinde. Die Patentanmeldung läuft derzeit noch.

Der Konus garantiert höchste Wechselgenauigkeit und einen präzisen Rundlauf, eine Plananlage sorgt für die bestmögliche Steifigkeit der Verbindung. Auf diese Weise entsteht ein großflächiger Kegel-Plan-Kontakt zwischen Fräskopf und Schaft, Bedingung für die Übertragung maximaler Drehmomente. Die Cone-Fit-Schnittstelle ist derzeit die stabilste Verbindung ihrer Art.

Geometrien von anderen Vollhartmetall-Fräsern abgeleitet

Hinter den Fräsköpfen selbst verbergen sich alte Bekannte. Die Geometrien wurden von anderen Vollhartmetall-Fräserfamilien des Walter-Prototyp-Programms abgeleitet. Im Moment stehen etwa 75% der bekannten Vollhartmetall-Familien (Qmax HR, HNR, Harte Jungs, AL45, Flash, N50, zahlreiche Formfräser) sowohl in Schaft- wie auch in Cone-Fit-Version zur Verfügung.

Das Sortiment soll sukzessive ausgebaut werden. Die Wechselköpfe stehen zunächst in vier Durchmessergrößen zur Auswahl: 10, 12, 16 und 20 mm. Eine Erweiterung des Programms nach oben ist in Planung.

Die Cone-Fit-Schnittstelle verfügt über alle Merkmale, die für den Werkzeug- und Formenbau vorteilhaft sind: So können beispielsweise Baumaßlängen individuell mit den unterschiedlichen Schaftvarianten zusammengestellt, Stahlschäfte sehr einfach modifiziert und somit die unterschiedlichsten Werkstückformen flexibel bearbeitet werden. Bei sehr langen Auskragungen bieten die Hartmetall-Schäfte zusätzliche Steifigkeit.

Die Vollhartmetall-Köpfe können in der Maschine mit Gabel- oder Drehmomentschlüssel gewechselt werden. Die genaue Längentoleranz erspart ein zusätzliches Messen des Werkzeugs bei Schrupp- und Vorschlichtarbeiten. Ein Tauschen der Fräserköpfe ist schnell und einfach möglich. Außerdem stehen pro Werkzeugdurchmesser verschiedene Eckenradien zur Verfügung.

Wechselkopf-Fräser bringen gleiche Leistung wie Schaftfräser

Dass die Zielsetzung, ein Hochleistungs-Wechselkopfsystem auf den Markt zu bringen, als erreicht bezeichnet werden darf, belegen die ersten Praxistests. Beim Absatzfräsen von Warmarbeitsstahl X40CrMoV5 (1200 N/mm2) mit einem Flash-Fräskopf mit 12 mm Durchmesser stand die Cone-Fit-Variante der Schaftversion bezüglich Leistung in nichts nach, ähnlich bei einem Test mit Radiusfräsern. Bei der Bearbeitung von Vergütungsstahl 42CrMo4 mit 1000 N/mm2 schafften beide Werkzeugversionen mit identischen Schnittwerten dieselbe Fräslänge.

Die Werkzeughalter beziehungsweise Wechselschäfte werden aus Stahl gefertigt. Derzeit bietet Walter vier Standardlängen zwischen 60 und 180 mm, abhängig vom Fräskopfdurchmesser.

Die Schäfte bringen nicht nur in der Standardausführung ein hohes Maß an Flexibilität mit sich. Der Anwender kann überdies die Stahlschäfte selbst anpassen, das heißt die Länge nach seinen Wünschen abtrennen. Bei anderen Herstellern ist dies nicht möglich.

Walter kündigt Wechselschäfte aus Vollhartmetall an

Walter wird Wechselschäfte künftig außer aus Stahl auch aus Vollhartmetall anbieten. Die Stabilität lässt sich dadurch weiter steigern. Die Cone-Fit-Fräser sind bereits in die Werkzeugauswahl- und Schnittdatensoftware CCS von Walter Prototyp integriert worden.

Am Institut für Produktionstechnik (IfP) der Westsächsischen Hochschule Zwickau wurden bei der Bearbeitung von Dampf- und Gasturbinenschaufeln aktuelle Vollhartmetall-Schaftfräser mit den neuen Cone-Fit-Fräsern verglichen, die erstaunlich gut abschnitten. Vergleicht man die Standwege, so liegen die Cone-Fit-Fräser gegenüber Vollhartmetall-Fräsern teilweise klar vorne.

Die Bearbeitung im Detail: Als Testwerkstück diente eine Muster-Turbinenschaufel aus dem Werkstoff X22CrMoV12.1. Gefräst wurde auf einem Fünf-Achs-Schaufelzentrum Typ HSTM B500/5 von Hamuel unter Praxisbedingungen. Verglichen wurden Cone-Fit-Fräser von Walter Prototyp mit D = 10 mm und z = 4 mit Vollhartmetall-Schaftfräsern D = 10 mm und z = 3 und 5. Bei identischen Schnittdaten (vc= 400 m/min, fz= 0,08 mm, ap= 0,03 mm, ae= 1,5mm, Auskraglänge 130 mm) schafften die Cone-Fit-Werkzeuge fast den doppelten Standweg/Vorschubweg.

Josef Gießler ist Entwicklungsleiter Round Tools der Walter Deutschland GmbH in 60489 Frankfurt; Helmut Gschrey ist Produktmanager der Walter AG in 72072 Tübingen.

Media Contact

Josef Gießler und Helmut Gschrey MM MaschinenMarkt

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Maschinenbau

Der Maschinenbau ist einer der führenden Industriezweige Deutschlands. Im Maschinenbau haben sich inzwischen eigenständige Studiengänge wie Produktion und Logistik, Verfahrenstechnik, Fahrzeugtechnik, Fertigungstechnik, Luft- und Raumfahrttechnik und andere etabliert.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Automatisierungstechnik, Bewegungstechnik, Antriebstechnik, Energietechnik, Fördertechnik, Kunststofftechnik, Leichtbau, Lagertechnik, Messtechnik, Werkzeugmaschinen, Regelungs- und Steuertechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer