Teilespezifische Kohlenwasserstoff-Reinigung in einer Zentralanlage

„Die alte wässrige Reinigungsanlage konnte die gestiegenen Sauberkeitsanforderungen einfach nicht mehr erfüllen“, erzählt Guido Dettweiler, Betriebsleiter und Qualitätsbeauftragter bei der Hego Drehtechnik – Gebr. Hermle GmbH. Das in Gosheim ansässige Unternehmen produziert bereits seit 1900 Drehteile. Heute fertigt Hego Kurz- und Langdrehteile in CNC- und konventioneller Technik im Wert von rund 1,7 Mio. Euro jährlich. Zum Einsatz kommen die Werkstücke überwiegend in der Hydraulik- und Fluidtechnik sowie der Elektroindustrie, beliefert werden aber auch der Maschinenbau, die Fahrzeug-, Kunststoff- und Möbelindustrie.

In all diesen Branchen ist die Bauteil-Sauberkeit in den letzten Jahren zu einem entscheidenden Qualitätskriterium geworden. „Für unsere Kunden in der Hydraulikindustrie müssen wir sicherstellen, dass die Teile nicht mehr mit Spänen behaftet sind. Bei einem anderen Unternehmen durchlaufen unsere Teile eine optische Sortieranlage und da würde anhaftendes Restöl zu einer Störung führen. Das heißt, wir müssen unsere Teile späne- sowie ölfrei ausliefern und haben uns deshalb nach einem neuen Reinigungssystem umgesehen“, berichtet der Qualitätsbeauftragte.

Prozesssichere Reinigung von Bauteilen trotz unterschiedlicher Werkstoffe

Weil Hego sowohl Automatenstahl und hochfeste Stähle als auch Messing, Aluminium und Kupferlegierung mit Ölen als Kühlschmiermittel verarbeitet, musste die neue Anlage ein anforderungsgerechtes Reinigungsergebnis bei allen Werkstoffen gewährleisten. Um dies zuverlässig herauszufinden, führte Guido Dettweiler Probereinigungen bei der Karl Roll GmbH & Co. KG und anderen Anlagenherstellern durch. „Wir haben dafür auch ein sehr komplexes, dünnwandiges Werkstück aus Kupfer mit einer extrem kleinen, aber tiefen Bohrung ausgewählt, aus der Späne entfernt werden müssen. Allerdings darf es bei der Reinigung mechanisch nicht stark beansprucht werden, weil dies schnell zu Beschädigungen führen würde“, erklärt Dettweiler.

Weitere Anforderungen an die Reinigungsanlage bestanden in hoher Wirtschaftlichkeit und Verfügbarkeit. Außerdem sollten korrosionsanfällige Bauteile in der Anlage konserviert werden können. „Sowohl von der Reinigungsqualität als auch von der Anlagenkonzeption und Wirtschaftlichkeit her hat uns die Anlage von Roll am meisten zugesagt“, so der Betriebsleiter.

Separate Ex-Schutz-Maßnahmen durch Vollvakuum überflüssig

Das geschlossene Reinigungssystem vom Typ RCTS kann mit allen gängigen nicht halogenierten Kohlenwasserstoffen und modifizierten Alkoholen betrieben werden. Sowohl die Arbeitskammer als auch die Verrohrung sind in Edelstahl ausgeführt. Der Anlagenbetrieb erfolgt unter Vollvakuum, das einen Ex-Schutz überflüssig macht.

Um ein Maximum an Sicherheit zu gewährleisten, wird vor jedem Arbeitszyklus automatisch eine Dichtheitsprüfung der Arbeitskammertürdichtung durchgeführt. Darüber hinaus werden alle sicherheitsrelevanten Temperaturen und Drücke redundant abgefragt. Die Ausstattung der RCTS mit zwei Medientanks ermöglicht die Konservierung von Stahlteilen nach der Reinigung in der Anlage.

40 Reinigungsprogramme decken breites Teilespektrum ab

Für den mehrstufigen Reinigungsprozess stehen die Arbeitsschritte Tauchen mit und ohne Schwenk- oder Drehbewegungen des Warenkorbs, Dampfentfetten und Vakuumtrocknen zur Verfügung. Darüber hinaus ist in das Reinigungssystem eine Ultraschalleinrichtung integriert, die aus Einzelelementen besteht. Dies hat einerseits den Vorteil, dass die mechanische Beanspruchung auf die einzelnen Elemente relativ gering ist und die Beschallung der Teile sehr gezielt erfolgt. Andererseits würde sich bei einem eventuellen Ausfall eines Elements die Ultraschallleistung nur minimal verringern, so dass der Reinigungsbetrieb aufrechterhalten werden kann.

„In der Steuerung der Anlage haben wir derzeit rund 40 Programme hinterlegt. Dadurch können wir den mehrstufigen Reinigungsprozess sehr teilespezifisch gestalten und erzielen die von den Kunden gewünschte/geforderte Sauberkeit problemlos bei allen Werkstücken. Die Reinigungszeit liegt je nach gewähltem Reinigungsprogramm zwischen fünf und 12 Minuten“, berichtet Guido Dettweiler. Die Zuführung der Teile erfolgt manuell.

Der Durchsatz der kompakten Anlage ist der Fertigungskapazität von Hego angepasst: Das Unternehmen reinigt am Tag rund 800 kg Teile als Schüttgut oder Setzware im Ein-Schicht-Betrieb. Sie werden in 1,5 Schichten produziert Steigt die Produktionsmange, kann das Mehr durch die Ausweitung der Reinigungszeit einfach bewältigt werden.

Integrierte Wärmerückführung senkt Energiebedarf der Reinigungsanlage

Die Aufbereitung des Lösemittels erfolgt in der serienmäßigen Vakuumdestille der Reinigungsanlage. Beheizt wird die Destillationsanlage indirekt über Wasserdampf mit einem eingeflanschten, allseitig frei zugänglichen Heizrohr. Feinschmutz, der sich zwangsläufig am Boden der Destille sammelt, kann sich dadurch nur in sehr geringem Maße auf den Heizungen niederschlagen und verkrusten.

Die Heizung der Reinigungsanlage ist so ausgeführt, dass sie im Wartungsfall komplett als Einheit aus der Destille entnommen und außerhalb der Anlage einfach und schnell gereinigt werden kann. Zu einem sehr energieeffizienten Betrieb der Reinigungsanlage trägt auch die integrierte Wärmerückgewinnung der für die Destillation erzeugten Wärme bei, die zur Beheizung der Medientanks eingesetzt wird. Der Austrag der Späne erfolgt in Vollstromfiltration.

Anlagenumstellung führte zur Ausweitung des Teilespektrums

Gelohnt hat sich die Investition in das Reinigungssystem für Hego aber nicht nur durch die signifikant verbesserte Reinigungsqualität und hohe Wirtschaftlichkeit der RCTS. „Ausschuss durch beschädigte Gewinde oder zerschlagene Fräsungen, den es bei der alten Anlage immer mal gegeben hat, haben wir jetzt nicht mehr“, führt der Qualitätsbeauftragte aus.

Die jetzt erzielbaren Reinigungsergebnisse ermöglichten dem Drehteilhersteller auch eine Ausweitung seines Teilespektrums. „Und wir können jetzt auch Teile reinigen, die wir früher nicht sauber bekommen hätten“, so Dettweiler. „Dies hat dann auch zu Investitionen in den Maschinenpark geführt.“

Media Contact

Doris Schulz MM MaschinenMarkt

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