Werkzeugprobierpresse auf dem Weg zur Stütze der Serienfertigung

Der Sound verschiedener Stanzmaschinen überlagert sich – es klickt und klackt permanent und man hört dazwischen das Fallen verschiedener Stanzteile. Ringsum an den Maschinen stehen speziell gekennzeichnete Blechbehälter, die entweder ein fertiges Stanzteil oder einen Stanzbutzen als Stanzabfall aufnehmen. Ort des Geschehens ist das Stanzcenter der Behr Thermot-tronik GmbH im schwäbischen Kornwestheim.

Die Behr Thermot-tronik GmbH, ein Tochterunternehmen der Behr GmbH & Co. KG, entwickelt, produziert und vertreibt weltweit komplette thermostatische Regelgeräte. Eingesetzt werden diese vorwiegend in der Automobilindustrie, aber auch in der Industrie- und Haustechnik. Damit erzielte das Unternehmen in 2007 mit rund 750 Mitarbeitern einen Umsatz von über 100 Mio. Euro.

Wesentliche Bestandteile der Regelgeräte, die bei Behr Thermot-tronik hergestellt werden, sind auch Stanzteile, die auf Grund ihrer Beanspruchung durch Temperatur und Kühlmitteln aus Edelstahl bestehen. „Wir haben mit Kornwestheim nur ein einziges Stanzcenter für diese Stanzteile“, erklärt Martin Holzhauser als Leiter des Stanzcenters. „Die Stanzteilversorgung findet nur von diesem Standort aus statt. Wir versorgen damit unsere Außenwerke weltweit“, fügt er ergänzend hinzu.

Stanzteile in unzähligen Varianten

Was das bedeutet, lässt sich auch in imposanten Zahlen belegen. „Noch 2001 haben wir hier in Kornwestheim rund 24 Mio. Teile im Jahr produziert, mittlerweile sind wir bei 37 Mio. Teilen pro Jahr angelangt. Durch weiteres Wachstum könnte die 40 Mio. Grenze in den nächsten 1 bis 2 Jahren erreicht werden“, lässt Holzhauser wissen. Verarbeitet wird ausschließlich Edelstahl der Thyssen Krupp Nirosta und direkt aus Coil-Material.

Die Menge an Stanzteilen und die unzähligen Varianten der thermostatischen Regelgeräte generieren denn auch viele unterschiedliche Größen und Geometrien. Darüber hinaus sind für jedes Teil die Qualitätsanforderungen ziemlich hoch gesteckt. Das erfordert eine absolut fehlerfreie Produktion, die von den Kornwestheimern aber jeder Zeit garantiert wird. Die Qualität der Werkzeuge nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein.

Denn bei den hohen Stückzahlen und den Qualitätsanforderungen müssen sie, einmal in Betrieb genommen, ihre Aufgabe zu 100% erfüllen. „Wir wollen bereits ab dem ersten Teil ein Gutteil in der Hand haben“, konstatiert Holzhauser. „Auch wenn es sich bei den Stanzteilen nur um Centbeträge handelt, so können wir uns es nicht leisten, beispielsweise wegen eines fehlerhaften Werkzeuges Ausschuß zu produzieren“, macht er deutlich.

Werkzeugtest hat große Bedeutung

Um solche Situationen zu vermeiden, werden die Werkzeuge auf einer Probierpresse getestet. Das Problem ist nur, die Werkzeuge wachsen vor allem durch die Integration zusätzlicher Operationen weiter, sie werden länger und komplexer. Schließlich sollen am Ende einer Folgeverbundfertigung einbaufertige Teile herauskommen. Deshalb kommt dem Werkzeugtest eine große Bedeutung zu.

Zum Zweck der Werkzeugeinstellung betreibt Behr Thermot-tronik eine bereits in die Jahre gekommene Probierpresse, die zwar noch ihre Dienste tut, aber den Anforderungen heutiger Werkzeuge nicht mehr gerecht wird. „An dieser Probierpresse steht uns nur ein Stößel in der Mitte zur Verfügung. Damit haben wir massive Probleme bei den Abstimmarbeiten“, sagt Holzhauser. Und so war es an der Zeit, sich nach einer geeigneten Anlage für moderne Werkzeuge umzusehen.

Eines Tages – es war zufälligerweise der Zeitpunkt an dem sich Holzhauser und seine Mitarbeiter mit dem Gedanken an eine neue Werkzeugprobierpresse befassten – tauchte Ronald Baiker bei Behr in Kornwestheim auf um die Synchropress vorzustellen. Ronald Baiker ist Geschäftsführer der M. E. Bruderer + Co. GmbH in Empfingen, deren Eigentum die Vertriebsrechte der Synchropresse sind. „Die Synchropress kannte ich aber schon vorher“, verrät Holzhauser. Damals wurde sie aber noch als reine Probierpresse angeboten. „Doch Herr Baiker“, so Holzhauser, „hat die Synchropress schon mit dem Schritt in die Produktion angeboten.“

Für die Serie hatte man eine chinesische Presse im Auge

Im Zusammenhang mit der Beschaffung einer neuen Serienpresse dachte man bei Behr aber eher an eine preisgünstige konventionelle Anlage aus China. Baiker‘s Präsentation gefiel Holzhauser dann offensichtlich so gut und überzeugte ihn, dass er sich bei seiner Geschäftsleitung für die Synchropress einsetzte und die Investitionsentscheidung zu Gunsten der deutschen Anlage ausfiel. „Es war der Gedanke, mit einer Klatsche gleich zwei Fliegen zu erschlagen“, lässt Holzhauser wissen, „denn mit der Synchropress hätten wir eine Anlage, mit der wir unsere Werkzeuge wirklich sehr gut einstellen und andererseits auch Engpässe in der laufenden Produktion abfangen können.“

Kein Geheimnis macht Holzhauser daraus, dass er parallel auch andere Pressenhersteller angefragt hat. Doch die Synchropress mit ihren Möglichkeiten fand bei Behr allseits großen Anklang und so wurde für die rund 500000 Euro-Gesamtinvestition inklusive Peripherie grünes Licht gegeben. Jetzt ist die Synchropress bei Behr Thermot-tronik seit rund einem Jahr in Betrieb und fertigt im Zwei-Schicht-Betrieb rund 800000 bis 1 Mio. Teile pro Monat.

Synchropress mit waagerechtem Palettenabwickler und intelligentem Fördersystem ausgerüstet

Die Entscheidung fiel damals auf eine Standard-Synchropress mit 1000 kN Presskraft und einer Werkzeugeinbaulänge von 1250 mm. Dieser Maschinentyp ist insbesondere durch seine vier Spezialrollengewindetriebe gekennzeichnet. Damit und mit Hilfe einer elektronischen Steuerung wird eine absolut parallele Bewegung zwischen Pressenstößel und Pressentisch garantiert. Die vier Spindeln werden jeweils durch einen eigenen Torque-Motor angetrieben.

Die Behr-Thermot-tronik-Synchropress ist mit einem waagerechten Palettenabwickler und einem intelligenten Fördersystem für die fertigen Stanzteile sowie deren Butzen und Restgitter ausgestattet. Die Experten von M. E. Bruderer und Behr Thermot-tronik sprechen dabei von einem dreifach System, weil die Entsorgung auf drei unterschiedlichen Ebenen abläuft und die Teile oder das Restmaterial in jeweils eigene Behälter transportiert werden. M. E. Bruderer hat die komplette Linie aus einer Hand geliefert. „Kritische Teile“, so der Leiter des Stanzcenters Holzhauser, „machen wir jetzt nur noch auf der Synchropress. Dort kann ich auf Grund des speziellen Antriebskonzeptes mit der Geschwindigkeit spielen, kann schneller oder langsamer fahren und kann die Stanzkurve, abweichend von der klassischen Sinus-Kurve, genau anpassen. Und ich weiß, dass ich damit 100% gute Teile herausbekomme.“

Synchropress als reine Produktionspresse „zweckentfremdet“

Gerade wegen ihrer Baugröße und der recht einfachen Installation fand die Synchropress ihren Platz im sichtlich beengten Bereich des Stanzcenters. Sie wird, wenn man so will, zweckentfremdet nunmehr als reine Produktionspresse genutzt und leistet unverzichtbare Dienste auf die der Betreiber nicht mehr verzichten kann und will. Eine Alternative wäre die Installation je einer Synchropresse bei den beiden externen Werkzeugbauern im nahe gelegenen Heilbronn, die für Behr Thermot-tronik die Werkzeuge herstellen und dann auch abstimmen könnten.

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Dietmar Kuhn MM MaschinenMarkt

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