Wellpappe bietet weit mehr als „nur“ Verpackung

„Es ist doch nur eine Verpackung, die nach Gebrauch im Altpapier-Container verschwindet.“ Diese in Industrie und Handel verbreitete Einstellung verleitet manch einen Einkäufer dazu, nach möglichst günstigen Angeboten für Transportverpackungen aus Wellpappe Ausschau zu halten.

Aber das billige Angebot erweist sich oftmals als ganz schön teuer, weshalb man beim Verband der Wellpappen-Industrie (vdw), Darmstadt, ganz klar feststellt: „Da wird am falschen Ende gespart.“

Eine vor vier Jahren vom Verband in Auftrag gegebene Studie belegt das deutlich: Danach zahlt allein der Handel jährlich zwischen 312 und 449 Mio. Euro für Schäden, die durch vermeintlich günstige, aber nicht anforderungsgerechte Verpackungen entstehen. In der Industrie sieht das kaum anders aus, denn auch dort kreist in Bezug auf die Verpackung der Rotstift.

Es darf zudem bezweifelt werden, dass sich die Zahlen vier Jahre nach der Studienerhebung deutlich verbessert haben. Denn nach wie vor gilt: Es ist nur eine Verpackung. Und die sollte möglichst wenig kosten.

Billige Wellpappe geht zu Lasten der Stabilität

Die Wellpappen-Verpackung soll gleichwohl auf jeden Fall stabil sein. Auch das ist ein Ergebnis, das die Studienmacher von Dricon Managing Consultants, Frankfurt am Main, herausfanden.

Interessanterweise zeigten sich die befragten verpackenden Unternehmen sogar überzeugt davon, dass die von ihnen gewählten Wellpappenverpackungen einen einwandfreien Schutz böten. Die Schadensbilanz in Millionenhöhe zeichnet allerdings ein anderes Bild.

„Die Physik setzt dem Wunsch nach minimaler Verpackung und maximalem Schutz nun mal Grenzen“, meint Wolfgang Reimers, Leiter der Verpackungsprüfung beim Hamburger Institut für Beratung, Forschung, Systemplanung, Verpackungsentwicklung und -prüfung (BFSV).

Deshalb kann, wer die billigstmögliche Lösung aus schlichter Transportkiste, gefertigt mit dünnwandiger Wellpappe, wählt, im Schadensfall auf eine nachträgliche Überprüfung der Stabilität getrost verzichten.

Wellpappe ermöglicht zahlreiche Varianten zwischen billig und teuer

Doch zwischen der Billiglösung und der Luxusausführung aus mehrwelliger Wellpappe mit konstruktiv „eingebauten“ weiteren Schutzfunktionen und zusätzlich aufgetragenen Schutzschichten gibt es beliebig viele Varianten. Aus dem Grund sollte jemand, der sicher gehen will, dass die Verpackung die an sie gestellten Anforderungen tatsächlich erfüllt – vom Zeitpunkt des Abpackens von Waren und Industriegütern bis zum Entsorgen am Ende der Logistikkette –, im Vorfeld die Eignung der ausgewählten Transportverpackung von unabhängigen Stellen bestätigen lassen. Entweder indem er vom Hersteller ein entsprechendes Prüfzeugnis anfordert oder indem er selbst die Prüfung veranlasst.

In Frage kommen dafür akkreditierte Prüfinstitute wie die Hamburger oder das Institut für Wellpappenforschung und -prüfung (wfp), Darmstadt. „Rund die Hälfte unserer Kunden kommt aus der abpackenden Industrie, die anderen sind Packstoff- und Packmittelhersteller“, beschreibt Reimers das übliche Kundenspektrum.

Welche der beiden Kundengruppen anfrage, hänge davon ab, was geprüft werden solle. In der abpackenden Industrie steht im Allgemeinen die Qualität des kompletten Verpackungssystems im Fokus, und zwar umso mehr, je hochwertiger das darin Transportierte ist. Aber wenn es darum geht, die Qualität des Packstoffs von neutraler Stelle testen und bescheinigen zu lassen, sind eher die Wellpappenhersteller als Auftraggeber der Institute zu finden.

Mit jeder Funktionsschicht gelangt Wellpappe zu neuen Aufgaben

In die letztgenannte Kategorie fällt auch die Prüfung von Wellpappe, deren Eigenschaften mit zusätzlich aufgebrachten Schichten erweitert werden. Solche Funktionsschichten verhindern beispielsweise das Rutschen der Transportverpackungen auf schräg nach oben oder unten laufenden Transportbändern.

Oder sie schirmen elektronische Bauteile vor schädlichen elektrischen Spannungsfeldern ab. Andere Beschichtungen bauen im Inneren der Transportverpackung einen wirkungsvollen Korrosionsschutz auf, wieder andere bieten einen zusätzlichen Staubschutz.

Wenn es gilt, die Qualität solcher Wellpappen-Funktionsschicht-Systeme zu überprüfen, kommen andere Prüfabläufe zum Zuge als bei den unbeschichteten Packstoffen. Denn hier steht die Funktion der Beschichtung und nicht die der Wellpappe im Vordergrund. Hinzu kommt, dass es sich meist um kundenspezifische Beschichtungssysteme handelt, für die eigens Prüfvorschriften ausgearbeitet und angepasst werden müssen.

Jürgen Paul, Geschäftsbereichsleiter Coated Products bei Hans Kolb Wellpappe, Memmingen, erklärt das in seinem Hause übliche Vorgehen: „Viele der Beschichtungslösungen entwickeln wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Das Produkt prüfen wir zunächst in unserem Labor und geben es – bei Bedarf – zum Absichern der Ergebnisse in ein Prüfinstitut. Bei einigen Beschichtungen erteilen externe Prüf- und Forschungseinrichtungen die Freigabe.“

Behandelte Wellpappe nach wie vor Nischenmarkt

Die Käufer der beschichteten oder mit Speziallacken behandelten Verpackungen kommen überwiegend aus der Industrie. Deren Gründe, warum sie danach fragen, sind fast so vielfältig wie das Angebot an Beschichtungsvarianten.

So schätzen einige Unternehmen den Wert ihrer Produkte so hoch ein, dass sie diesen zusätzlichen Transportschutz für geboten halten. Andere erwarten von der Funktionsschicht, dass sich damit das Handling in ihrer Logistikkette vereinfacht. Schließlich kommen sogar Kostengründe zum Tragen. Dann nämlich, wenn man mit einer beschichteten Transportverpackung mehrere Einzelmaterialien ersetzen kann.

Trotz solcher Vorteile stellt Carin Hilmer-Brenzinger, Mitglied der Geschäftsführung der Panther-Packaging-Gruppe, Tornesch, klar: „Gemessen an der normalen Wellpappenproduktion fallen bei uns die jährlich produzierten Mengen an beschichteter Wellpappe kaum ins Gewicht. Es ist auf jeden Fall ein Nischenmarkt.“

Nur wenige Anbieter von beschichteter Wellpappe

Ein Nischenmarkt, den offensichtlich nicht jeder Wellpappenhersteller bedienen will, was ein Blick in die Produktpalette der Anbieter (insbesondere der Großen) belegt. Und längst nicht jeder kann ihn bedienen. Denn aufgrund der Vielfalt an möglichen Beschichtungsvarianten und -kombinationen bedarf es des besonderen Know-hows, nicht nur bezüglich des Aufbaus von Produktionslinien und Prüfmöglichkeiten. „Bei uns ist dieser Bereich in mehr als 22 Jahren gewachsen“, gibt Jürgen Paul zu bedenken. „Deshalb können wir unseren Kunden diesen Mehrwert beim Transportschutz anbieten.“

Damit es sich um einen echten Mehrwert handelt, liegt auch die Entsorgung der gebrauchten Verpackung im Fokus der Hersteller. Schließlich soll der für die Wellpappenbranche so wichtige Altpapierkreislauf selbst mit Mehrschichtsystemen auf dem Trägermaterial Wellpappe noch ungestört funktionieren. Das ist der Grund, warum überwiegend umweltverträgliche Materialien zum Einsatz kommen und für andere Materialien strikte Grenzwerte gelten.

Trotzdem sind der Gang ins Labor, Analysen mit unvermischter beschichteter Wellpappe beziehungsweise den Papieren und in einigen Fällen die Zusammenarbeit mit externen Prüfdienstleistern unerlässlich, um die unbedenkliche Wiederverwertbarkeit zu belegen. Andernfalls würde der ökologische Vorteil, den die Wellpappe für sich reklamiert, fehlen.

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Claudia Treffert MM MaschinenMarkt

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