Lernen durch Podcasting: Bilden in der Bahn und auch beim Bügeln

Das Besondere am Konzept von CASTing: Die Beiträge werden bis zum letzten Knopfdruck in der Zusammenarbeit und Verantwortung der gesamten Gruppe erstellt und das Ganze ist audiobasiert.

Hörbücher oder Podcasts haben Konjunktur. Längst nutzen viele Menschen die Zeit beim Joggen, beim Autofahren oder in der U-Bahn zur Unterhaltung und zum Wissenserwerb per Audio: „Sogar beim Bügeln kann man so lernen“, erläutert Juniorprofessor Dr. Michael Klebl von der FernUniversität in Hagen, der zusammen mit seinem Kollegen Dr. Stephan Lukosch das „Kollaborative audio-basierte Storytelling“ (CASTing) entwickelt hat. Das Besondere am Konzept von CASTing: Die Beiträge werden bis zum letzten Knopfdruck in der Zusammenarbeit und Verantwortung der gesamten Gruppe erstellt und das Ganze ist audiobasiert.

Neben der universitären Lehre sehen die beiden Nachwuchswissenschaftler viele Anwendungsmöglichkeiten für Wissenserwerb und -vermittlung. In Unternehmen ist Storytelling bereits als Methode des Wissensmanagements etabliert. Auch für die Kommunikation zwischen Laien und Experten und selbst beim Bürgerrundfunk kann CASTing sich eignen.

Bei diesem Forschungs- und Entwicklungsprojekt kooperieren die beiden Nachwuchswissenschaftler Dr. Michael Klebl und Dr. Stephan Lukosch seit über zwei Jahren interdisziplinär. Klebl, Experte für computergestützte Gruppenarbeit (CSCL), ist Juniorprofessor in der Hagener Fakultät Kultur- und Sozialwissenschaften, Lukosch war bis zu seiner kürzlich erfolgten Berufung an die TU in Delft (NL) Juniorprofessor für „Verteilte Systeme für kooperative Arbeits-/Lernumgebungen“ in der FernUni-Fakultät Mathematik und Informatik. An CASTing werden die beiden weiter zusammenarbeiten.

An der FernUniversität können Studentinnen und Studenten seit Beginn des Wintersemesters 2008/2009 in Seminaren gemeinsam Podcasts erstellen, um durch den lebendigen Dialog zu lernen. Als u. U. weltweit verteilte Gruppe arbeiten sie über das Internet und zu unterschiedlichen Zeiten an dem Projekt. Diese grenzenlose Zusammenarbeit schließt den gemeinsamen virtuellen Schnitt der Podcast-Beiträge ein.

„In der Forschung interessiert uns, wie wir die Studierenden dazu bringen können, als Gruppe Podcasts zu produzieren“, so Klebl, „und wir wollen wissen: Was passiert dann in der Gruppe?“ Es geht nicht darum, Vorlesungen aufzunehmen und in MP3-Dateien umzuwandeln. Vielmehr bilden die Wissenschaftler außer dem universitären Lernkontext auch Lehr- und Lernprozesse in anderen Bereichen ab. Denn Wissenserwerb und -vermittlung findet in Organisationen auf sehr vielfältigen Wegen gerade außerhalb des Seminarraums statt. Durch Gespräche am Arbeitsplatz, auf Arbeitswegen, in Pausen etc. wird oft besonders viel Expertenwissen weiter gegeben und „Atmosphärisches“ vermittelt. Das geschieht oft in Form einer Geschichte, wie man das auch von Familienfeiern her kennt: „Weißt Du noch…?“ Nur mit dem „Atmosphärischen“ kann man in Organisationen bestimmte Entscheidungen, Strukturen oder Verhältnisse einordnen.

Durch solches „Storytelling“ entsteht auch Expertenwissen, das in Projektgruppen zur Reflexion von Projektverläufen genutzt werden. Aber nur, wenn alle Gruppenmitglieder darauf Zugriff haben, also gemeinsam die Geschichte erzählen. Sie stellen Rückfragen, ergänzen sie durch immer neue Beiträge oder fassen Erinnerungen zusammen: Zuhörer werden zu Co-Erzählern. Modernes Wissensmanagement versucht, auch solche informellen Prozesse zu nutzen.

Die beiden Forscher setzen Podcasts ein. Charakteristisch für diese Form der Wissensvermittlung ist, dass Erfahrungen und Erkenntnisse durch mündliches Erzählen und Hören weitergegeben werden. Durch die Beschränkung auf Audio wird das Erzählen besonders authentisch. Die Aufmerksamkeit kann durch eine geschickte Didaktik gesteuert werden. Wie in einem Hörbuch.

Für dieses Vorhaben gab es allerdings noch kein technisches System, das lebendige Gruppenarbeit unterstützt. Klebl und Lukosch gelang es, einen einsatzfähigen Prototyp zu entwickeln. Weil 80 Prozent der FernUni-Studierenden berufstätig sind, muss das System das verteilte und asynchrone Arbeiten unterstützen: Die weit entfernten Gruppenmitglieder arbeiten zu unterschiedlichen Zeiten an dem Thema. Ihre Beiträge sind allen Gruppenmitgliedern per Internet zugänglich. Teilstücke können an anderer Stelle genutzt werden, unwichtige Teile gelöscht, Fehlendes nachträglich eingefügt werden. Die Endfassung entsteht auf Knopfdruck, wenn die Gruppe sich einig ist. Sogar alternative (Teil-)Fassungen sind möglich.

Media Contact

Susanne Bossemeyer idw

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