Multimedia – Neues Leben für Telefonzellen

Nicht nur die Aufschrift „Dieses Telefon kann Leben retten. Zerstört es nicht!“ ist aus dem österreichischen Straßenbild verschwunden, auch so manche Telefonzelle selbst wurde eingespart. Die hohe Handy-Penetrationsrate sowie die deutlich gestiegenen Telefongebühren der öffentlichen Fernsprecher haben die Umsatzzahlen sinken und damit die Profitabilität des klassischen „Telefonhüttls“ in unerreichbare Ferne rücken lassen. Ähnliches ist in ganz Europa zu beobachten. Die Ex-Monopolisten versuchen die Anzahl der Telefonzellen zu reduzieren, so weit ihr (subventionierter) Versorgungsauftrag dies zulässt.

So wurden in Österreich in den letzten vier Jahren etwa 5.000 Apparate eingezogen. Von den übrigen rund 25.000 sind zwei Drittel Münztelefone, ein Drittel operiert mit Wertkarten. Gleichzeitigen versuchen die Unternehmen zusätzliche Einnahmen zu erzielen.

Die British-Telecom-Tochter BT Payphones setzt etwa auf Multimedia und hat dabei gleich mehrere Multimedia-Telefonzellen-Modelle im Angebot. Beim Topmodell kann man neben surfen (zehn Pence pro Minute) und simsen (20 Pence pro SMS) auch spielen, Klingeltöne fürs Handy erwerben und ortsbezogene Informationen wie Stadtpläne oder Touristeninfos sowie Angebote von Restaurants oder Hotels einsehen. Bezahlt wird cash oder mit Kreditkarte. BT Payphones sucht aktiv nach Partnern, die einen „Internet Kiosk“ aufstellen und dafür am Umsatz beteiligt werden möchten. Zusätzlich will man auch durch Aktionspreise das Geschäft beleben. In Liverpool kann parallel zum nachweihnachtlichen Ausverkauf in gekennzeichneten Telefonzellen bis 24. Februar zum Schleuderpreis telefoniert werden. Für Lokalgespräche reichen 20 Pence nun 55 Minuten anstatt der üblichen 110 Sekunden. In Österreich sind keine Preissenkungen geplant.

Auch die Telekom Austria setzt auf Multimedia. Derzeit hat das Unternehmen 25 Stück so genannte MultimediaStations in Wien und Graz in Betrieb. Die MultimediaStations sind mit Touchscreen und Videokamera ausgestattet und mit einer ADSL-Anbindung (512 kbit) mit dem Internet verbunden. Die ebenfalls getesteten Drucker werden aufgrund des großen Wartungsaufwandes nicht mehr eingebaut. Einfache Dienste wie das Verschicken von E-Mails und SMS gibt es schon ab zehn Cent pro Minute; ab 20 Cent pro Minute kann man Telefonate mit gleichzeitiger Videoübertragung führen. Auch ganz normale Telefonate können geführt werden.

Die Bezahlung der unterschiedlichen Multimediadienste kann wahlweise mittels Münzen oder Quickfunktion erfolgen. Letztere wurde bereits seit längerem im Wiener AKH an normalen Telefonzellen getestet, hat aber abseits der MultimediaStations keine weitere Verbreitung erfahren. Zusätzliche Einnahmen erhofft man sich durch ortsbezogene Informationen. Betriebe der näheren Umgebung einer MultimediaStation sollen ihre Angebote oder Veranstaltungstermine präsentieren und dafür einen Obulus entrichten. Hier dürfte die TA jedoch noch viel Überzeugungsarbeit, sowohl bei den Unternehmen als auch den potenziellen Usern, zu leisten haben.

Während es in Österreich keine kommerziellen Privatbetreiber von öffentlichen Fernsprechern gibt (wenn man von einzelnen Apparaten hauptsächlich in Bewirtungsbetrieben absieht), haben sich anderswo durchaus private Anbieter am Markt etabliert. Sie versuchen beispielsweise durch das Versprühen von Duftstoffen die Nutzung ihres Angebotes angenehmer zu gestalten. Da sie keinen Versorgungsauftrag zu erfüllen haben, können sie sich auf lukrative Standorte beschränken. Doch auch dort sind die Margen gering. Im Gegensatz zu den in die Fläche gegangenen Anbietern profitieren die privaten Anbieter von der Handyhausse, da die meisten Gespräche zu Mobiltelefonen geführt werden.

In Indien erleben öffentliche Telefone hingegen einen großen Aufschwung. Die staatliche BSNL hat in den letzten zehn Monaten 100.000 Dörfer mit so genannten Village Public Telephones ausgestattet. Und sogar die indischen Briefträger sind, wie berichtet seit Weihnachten wandelnde Telefonzellen.

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