Langsame Roboter sind schneller auf Sand

Körnige Böden wie beispielsweise Sand sind für moderne mobile Roboter relativ schwer zu bewältigen. Abhilfe verspricht nun eine Forschungsgruppe am Georgia Institute of Technology (Georgia Tech), die das Problem der Roboterbewegung auf körnigen Untergründen systematisch untersucht hat. Eine ihrer Erkenntnisse ist, dass Roboter auf sandigem Boden ihre Beine langsamer bewegen sollten, um besser voranzukommen.

„Wenn der Roboter seine Beine zu schnell rotiert oder der Sand lose genug ist, geht der Roboter von einer schnellen Geh- in eine langsame Schwimmbewegung über“, erklärt Daniel Goldman, Assistenzprofessor für Physik am Georgia Tech. „Unsere Studie kann helfen, bessere Roboter zu entwickeln, da wir nun beginnen zu verstehen, wie Beine und Böden interagieren“, meint er gegenüber pressetext. Davon könnten etwa die Planetenforschung und das Militär profitieren.

Das Problem der Bewegung auf körnigen Böden ist von großer Bedeutung für die Robotik. „In der Natur kommen verschieden grob-körnige Materialien an vielen Orten vor, etwa an sandigen Stränden, als Blätterbelag in Wäldern oder auf schneebedeckten Berghöhen“, erklärt Haldun Komsuoglu, Robotiker an der University of Pennsylvania, gegenüber pressetext. Er war an der Entwicklung des sechsbeinigen Roboters „SandBot“ beteiligt, mit dem nun in Georgia experimentiert wurde.

Als Teststrecke kam dabei ein etwa 2,4 Meter langer mohngefüllter Behälter zum Einsatz, wobei die Dichte des Mohnuntergrundes mittels eingeblasener Luft variiert werden konnte. „Wir haben auch Experimente mit feinen Glasperlen durchgeführt, die Wüstensand ähnlicher sind. Dabei gab es keine qualitative Veränderung der Ergebnisse“, betont Goldman.

Die Forscher haben beobachtet, dass das Wechselspiel zwischen der Bewegungsgeschwindigkeit der Roboterbeine und der Dichte des Bodenmaterials für die Qualität der Bewegung ausschlaggebend ist. Schon geringste Veränderungen der Dichte können dabei den Unterschied zwischen schneller Bewegung und langsamem Schwimmen ausmachen, so Goldman.

„Wir haben eine ähnliche Empfindlichkeit gegenüber Änderungen der Beinrotationsfrequenz beobachtet“, fährt der Wissenschaftler fort. Besonders bei schneller Rotation und einem Eintauchen der Beine in den Boden mit hoher Geschwindigkeit sowie sehr losem Untergrund gab es für den Roboter kaum mehr ein Vorankommen. Der Effekt ist ähnlich dem Durchdrehen der Räder eines Autos auf Sand, bestätigt Goldmann gegenüber pressetext.

Die Ergebnisse sollen die Entwicklung zukünftiger Roboter beeinflussen. Eine Vision sind intelligente Systeme, welche die Art des jeweiligen Untergrundes erkennen und die Bewegung ihrer Beine entsprechend anpassen können. Die Untersuchung könnte sich auf viele Anwendungsgebiete auswirken, wie beispielsweise die Erkundung anderer Planeten. „Da manche Himmelskörper wie Mond oder Mars keine besonders dichte oder gar keine Atmosphäre haben, sind sie mit einer feinen Staubschicht ähnlich irdischen Wüsten bedeckt“, erklärt Komsuoglu. Gerade Sandansammlungen seien ein Hindernis, dem bisherige Mars-Rover der NASA ausweichen mussten. Irdische Brandungs- und Strandregionen wiederum sind Gelände, die militärische Operationen behindern.

„Effektive Aufklärung und Nutzlast-Ablieferungen in diesen Umgebungen sind mit derzeit auf dem Markt erhältlichen unbemannten Bodenfahrzeugen wie 'Talon' oder 'PackBot' nicht möglich“, sagt Komsuoglu. Die aktuelle Forschung könnte helfen, effizientere robotische Plattformen fürs Militär zu entwickeln. Aber nicht nur die Robotik kann von den Forschungsergebnissen profitieren, so Goldman. Das entwickelte Modell zur Beschreibung von Bewegung auf körnigen Medien werde auch Biologen helfen zu verstehen, wie sich Tiere scheinbar mühelos über diverse schwierige Untergründe bewegen können.

Media Contact

Thomas Pichler pressetext.austria

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