Dresdner Hochschulmedizin erforscht Auslöser des vermeintlichen Frauen-Herzinfarkts

In einer Studie der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden will ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam klären, ob es einen Zusammenhang zwischen der individuellen Stressverarbeitung und einer durch Stress ausgelösten Herzmuskelerkrankung gibt.

Ziel einer hierzu gestarteten Studie ist es, die Risiko-Merkmale zu identifizieren, die das Auftreten dieser Erkrankung wahrscheinlich machen, um so sinnvolle Vorsorgemaßnahmen zu entwickeln. An der Studie beteiligen sich neben den Neurologen auch die Experten der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik des Uniklinikums sowie die Kardiologen des Herzzentrums Dresden und des Städtischen Krankenhauses Dresden-Neustadt. Im Rahmen der wissenschaftlichen Studie werden nicht nur Patientinnen untersucht, bei denen der Verdacht auf eine „Stress-Kardiomyopathie“ besteht, sondern auch gesunde Frauen. Dafür suchen die Forscher Interessentinnen, die das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben.

Während Dichter das Herz gern als Sitz der Seele bezeichnen, ist es für den Arzt schlicht eine Pumpe für das Blut. Und doch kann die Seele offenbar für heftigen Schmerz vor allem im Brustkorb sorgen, der in den Rücken und den linken Arm ausstrahlt sowie Luftnot auslöst. Das sind die gleichen Symptome wie der auf verschlossenen Arterien beruhende „echte“ Herzinfarkt. Die gute Nachricht: Der durch Stress hervorgerufene Infarkt schädigt den Herzmuskel in der Regel nicht nachhaltig. Denn anders als bei einem durch Verkalkungen der Arterien verursachten Herzinfarkt, bei dem Zellen des Herzmuskels absterben, ist die stressbedingte Verengung der Herzgefäße vorrübergehend und weniger gravierend. Auslöser ist das autonome Nervensystem des Menschen. Es reguliert die Durchblutung des Organismus durch das Weiten oder Zusammenziehen der Gefäße. Beim stressbedingten Infarkt sorgen biologische Prozesse dafür, dass sich die Herzgefäße verengen und so die Symptome eines regulären Infarkts auftreten.

Betroffen von der „Stress-Kardiomyopathie“ sind zu 90 Prozent Frauen – zumeist nach den Wechseljahren. Als Auslöser des vermeintlichen Herzinfarkts gelten unter anderem emotional stark belastende Situationen – etwa der Tod oder die schwere Erkrankung eines Familienmitglieds beziehungsweise engen Freundes aber auch eines Haustieres. Auch Konflikte innerhalb der Familie oder im Beruf, Gewalterfahrungen etwa ein Unfall, Überfall oder häusliche Gewalt, Panikattacken und Angstzustände gehören zu den Triggern. Zusätzliche Faktoren, die einer Stress-Kardiomyopathie vorangehen, können zudem Erkrankungen sein – etwa Sepsis, Lungenkrankheiten, Hirnblutungen, Schlaganfall, Schädelverletzungen, chirurgische Eingriffe oder starke Schmerzen.

Die Dresdner Wissenschaftler gehen davon aus, dass Patienten mit Stress-Kardiomyopathie sensibler auf Stressreize reagieren als Gesunde. Anhaltspunkt dafür ist auch die hohe Zahl an Patientinnen, die vor dem vermeintlichen Herzinfarkt bereits an psychischen Störungen – vor allem Panik- und Angstattacken – gelitten haben. Bei diesen Erkrankungen ließ sich bereits der Zusammenhang einer besonderen neurobiologischen wie kognitiven Empfindsamkeit der Patienten nachweisen: Sie reagieren körperlich aber auch mental stärker auf Stress als gesunde Menschen. Das Ziel der Dresdner Studie ist es deshalb, die Stressreaktionen von Personen mit Stress-Kardiomyopathie zu untersuchen und mit denen Gesunder zu vergleichen. Um bei den Probanden das individuelle Erleben von Stresssituationen und die kognitive Verarbeitung von Stress unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur und frühkindlichen Erfahrungen zu erheben, nutzen die Forscher standardisierte psychologische Fragenbögen und nehmen Stresstests im Labor vor. Zudem werden körperliche Reaktionen auf Stress untersucht – zum Beispiel die Ausschüttung von Hormonen oder Veränderungen von Blutdruck und Herzfrequenz.

Für die Studie sprechen die Wissenschaftler Patienten mit vermeintlichem Herzinfarkt beziehungsweise mit Panikstörungen direkt im Universitätsklinikum, dem Herzzentrum Dresden sowie dem Städtischen Krankenhaus Dresden-Neustadt an. Zugleich ist es notwendig, gesunde Personen als Kontrollgruppe für das Forschungsprojekt zu gewinnen. Hierfür werden gesunde Frauen gesucht, die älter als 55 Jahre sind, die unter keinen schweren Grunderkrankungen leiden und die keine Psychopharmaka nehmen. Die Studien-Probandinnen erhalten eine umfassende Untersuchung des autonomen Nervensystems und erfahren, welcher „Stress-Typ“ bei ihnen vorliegt. Die Teilnehmerinnen erhalten zudem eine Aufwandsentschädigung von 150 Euro.

Kontakt für Interessentinnen
Gesunde, über 55 Jahre alte Frauen, die sich an der Studie beteiligen möchten, melden sich bitte im Autonomen und neuroendokrinologischen Funktionslabor der Klinik für Neurologie des Uniklinikums Dresden:
E-Mail: katharina.loebmann@uniklinikum-dresden.de
Telefon: 0351/458-7121 (wochentags von 8 bis 14 Uhr).
Kontakt für Journalisten
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik für Neurologie
Zentrum für klinische Neurowissenschaften
Autonomes und Neuroendokrinologisches Funktionslabor
Leiter: Prof. Dr. med. Tjalf Ziemssen
Tel. 0351/ 4 58 59 34
E-Mail: tjalf.ziemssen@uniklinikum-dresden.de
www.uniklinikum-dresden.de
Spitzenmedizin für Dresden: Uniklinikum erobert Top-Position in deutschen Krankenhaus-Rankings

Deutschlands größter, im Mai 2013 erschienener Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden (UKD) eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin erreichte Platz vier im deutschlandweiten Ranking. Dies ist ein weiterer Beleg für die überdurchschnittliche Qualität der 21 Kliniken des UKD. Gesundheitsexperten sowie insgesamt 22.000 Ärzte hatten Kliniken aus ganz Deutschland beurteilt. Sie honorierten dabei die großen Anstrengungen des Dresdner Uniklinikums in den Bereichen Behandlungsqualität und Patientensicherheit. Beim Focus-Vergleich erreichte das Dresdner Uniklinikum vor allem Top-Noten für die Therapie von Parkinson und Prostatakrebs. Damit belegen die Kliniken für Neurologie beziehungsweise Urologie jeweils Platz zwei. Unter den Top zehn ist nochmals die Neurologie mit der Behandlung von Multipler Sklerose vertreten. Top-Plätze im Ranking erreichten zudem die Klinik für Viszeral- Thorax- und Gefäßchirurgie mit der Versorgung von Darmkrebspatienten sowie die Klinik für Psychiatrie mit der Therapie von Depressionen und Alzheimer. Weitere Kliniken des Dresdner Universitätsklinikums, die als „Top-Fachkliniken“ ausgezeichnet wurden sind: Klinik für Orthopädie (Bewegungsapparat); Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik (Angst- und Zwangserkrankungen), Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Brustkrebs und Risikogeburten) sowie die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie.

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Holger Ostermeyer idw

Weitere Informationen:

http://www.uniklinikum-dresden.de/

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