Wenn die Höhe krank macht

Margherita-Hütte am Monte Rosa-Massiv

Entstehung des Höhenlungenödems geklärt / Veröffentlichung im „Journal of the American Medical Association“

Wer rasch große Höhen erklimmt, riskiert eine akute Höhenkrankheit. Dazu kann auch die Entwicklung eines Lungenödems gehören: Wasser sammelt sich in der Lunge, der ohnehin knappe Sauerstoff in der Höhenluft gelangt nicht mehr ausreichend ins Blut. Nur umgehender Abstieg, Sauerstoffzufuhr und Senkung des Blutdruckes können die Katastrophe verhindern. Ohne Behandlung sterben etwa die Hälfte der Betroffenen.

Professor Dr. Peter Baertsch, Ärztlicher Direktor der Abteilung Sport- und Leistungsmedizin am Heidelberger Universitätsklinikum, und seine Arbeitsgruppe haben nun geklärt, welcher Mechanismus dem Lungenödem zugrunde liegt, gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Zürich und Seattle. Die Arbeit erscheint in der aktuellen Ausgabe des „Journals of the American Medical Association“ (JAMA) vom 1. Mai 2002 (www.jama.com). Wasser sammelt sich in der Lunge, weil der Körper auf den akuten Sauerstoffmangel oberhalb von 3.500 Metern reagiert: Die Blutgefässe sind stark verengt, der Blutdruck in der Lunge steigt an, während äußere Luftdruck abnimmt. Die feinen Blutgefäße, von denen die Lungenbläschen umgeben sind, werden durch den starken Druck von innen leck: Flüssigkeit wird in das Innere der Bläschen gepresst.

Mit seiner Studie hat Professor Baertsch auch die lang gehegte Vermutung ausgeräumt, dass eine der Ursachen für das Lungenödem in großer Höhe entzündliche Reaktionen in der Lunge sind. Seine Untersuchungen nahm der Höhenmediziner im Monta-Rosa-Massiv vor, dessen Gipfelhütte Margherita eine höhenmedizinisches Labor beherbergt. Zehn Bergsteiger, die zum Höhenödem neigen, und sechs nicht vorbelastete Personen wurden jeweils bei 450 Metern und auf dem Gipfel bei 4.600 Metern auf Herz- und Lungenfunktion gecheckt. In niedriger Höhe konnten keine Veränderungen festgestellt werden. Bei Studienteilnehmern, die nach 24 Stunden auf dem Gipfel ein Ödem entwickelten, fanden sich rote Blutkörperchen und große Eiweißmoleküle in der Ödemflüssigkeit, dagegen keine weißen Blutzellen oder andere Anzeichen einer Entzündung. „Nun verstehen wir auch, warum Cortison, das Entzündungsreaktionen hemmt, bei der Behandlung des Höhenlungenödems keine Wirkung hat“, sagt Baertsch.

Etwa sechs Prozent der Bevölkerung bekommt eine akute Höhenkrankheit, wenn sie sehr schnell über 3.000 Meter aufsteigen. Wer betroffen ist, lässt sich nicht vorhersagen. „Selbst im Hochdrucklabor, wo wir die äußeren Bedingungen großer Höhen exakt simulieren können, kann eine Anfälligkeit nicht sicher festgestellt werden“, sagt Baertsch. Vor Höhenkrankheit ist niemand geschützt, auch Ausdauertrainierte und langjährige Bergsteiger können betroffen sein. „Schützen kann eine langsame Anpassung an die Höhe, also etwa 500 Meter Aufstieg pro Tag“, empfiehlt Baertsch. Treten Alarmzeichen wie Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit und Konzentrationsstörungen auf, sollte der Abstieg angetreten werden.

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Dr. Annette Tuffs idw

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