Künstliche Leber im Modell keine Kunst

Forscher simulieren Züchtung am Computer – Bauplan des Blutnetzwerkes inklusive

Die Züchtung einer künstlichen Leber ist prinzipiell möglich. Das behaupten die Gewebe-Ingenieurs-Spezialisten Jay Vacanti vom Massachusetts General Hospital und Jeffrey Borenstein vom Draper Laboratory. Sie haben erstmals an einem 3D-Computermodell die Funktionsweise einer künstlichen Leber simuliert. Vacanti ist auch für die Züchtung eines menschlichen Ohrs auf dem Rücken einer Maus im Jahr 1997 verantwortlich, berichtet BBC heute, Donnerstag.

Bisher gelang es Forschern lediglich, einfache Körpergewebe wie z.B. Gelenksknorpel oder Haut zu züchten. Als größtes Problem galt die Züchtung eines eigenes Blutgefäßnetzes, das das Organ mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und Abfallstoffe abtransportiert. Zu diesem Zweck ist aber ein biologisch abbaubarer Kunststoff nötig, der zuerst in eine Lösung mit Zellen des Patienten und folgend in eine Nährstofflösung getaucht wird. Haben sich die Zellen erst einmal vermehrt und verbunden, löst sich der Kunststoff-Rahmen auf. Der Gewebeteil überlebt durch die Nähr- und Sauerstoffversorgung. Bei dickeren Geweben können die Nährstoffe aber nicht alle Zellschichten durchdringen, was eine interne Blutversorgung nötig macht.

Vacanti und Borenstein entwickelten eine computergestützte Technik, mit der sie das Blutgefäßsystem einer echten Leber nachahmten. Dafür injizierten die Forscher flüssiges Plastik in die Blutgefäße der Leber, das Lebergewebe löste sich auf, übrig blieb der Abdruck der Blutgefäße. Anschließend gaben sie die Strukturdaten in ein 3D-Modellierungsprogramm ein, das in einer Computersimulation getestet wurde. Das Programm stellt ein 3D-Schichtmodell der Leber dar, das in drei horizontale Schichten „geschnitten“ werden kann. Diese können zur Herstellung einer geschichteten Silikonform benutzt werden, in die eine biologisch abbaubare Gerüstsubstanz eingegossen wird. Anschließend erfolgt unter Hitze und Druck die Zusammenlegung der Schichten. Laut „Bauplan“ ist das Ergebnis ein Grundgerüst der Leber. Die leeren Kanäle werden mit einer Lösung aus Endothelzellen, die die Gefäßwände aufbauen, gefüllt. Die Gerüstsubstanz löst sich in wenigen Monaten auf, und idealerweise entsteht eine funktionierende Leber.

„Das größte und bis dato ungeklärte Problem ist es, die richtigen Zelltypen am richtigen Ort zu züchten“, so Linda Griffith vom Massachusetts Insitute of Technologie (MIT). Gewebe-Ingenieur Larry Hench ergänzt: „Derzeit gibt es auch keinen Weg, diese Implantate steril zu halten.“ Der Einsatz einer künstlichen Leber für Organverpflanzungen ist wie die Forscher in USA Today betonen noch ein steiniger Weg.

Weiterführende Infos über die Disziplin „tissue engineering“ auch unter: www.usatoday.com/news/healthscience/health/2002-01-23-cover-organs.htm

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Sandra Standhartinger pte.online

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