Eine Stadt für Jung und Alt

Das Stollberg von heute haben sie analysiert und daraus Ideen entwickelt für das Stollberg von morgen – 15 Studierende der TU Chemnitz konzipierten Projekte, durch die Stollberg eine noch attraktivere Stadt für junge und alte Einwohner werden kann. „Wir führen in unserer Professur Sozial- und Wirtschaftsgeographie regelmäßig Arbeiten durch, bei denen die Studierenden raus aus der Uni kommen.

Ein fester Bestandteil sind die Projektseminare, wie das aktuelle gemeinsam mit der Stadt Stollberg“, erklärt Prof. Dr. Peter Jurczek, Inhaber der Professur und Leiter der Forschungsarbeiten. Acht Schwerpunkte haben die Studierenden unter die Lupe genommen, jeweils den Ist-Zustand protokolliert und Maßnahmen vorgeschlagen, was die Stadt im Erzgebirge in Zukunft ändern könnte.

Bevölkerung – Zwischen 1991 und 2006 hat Stollberg 2.222 Einwohner verloren, der Altersdurchschnitt steigt. Folgen sind ein zunehmender Wohnungsleerstand und ein sich wandelnder Bedarf an Einrichtungen wie Schulen und Altersheimen. Die Studierenden schlagen eine Überarbeitung der Internetpräsenz www.stollberg-erzgebirge.de vor, mit dem Ziel, bessere Informationen zu bieten für die Bevölkerung, aber auch für Investoren.

Außerdem empfehlen sie zwei neue Veranstaltungskonzepte: eine Einwohnerversammlung, bei der sich Bürger und Stadträte einmal jährlich über ihre Stadt austauschen können, und ein Sportfest für Kinder, bei dem sich Sportvereine vorstellen.

Industrie und Gewerbe – Stollberg ist bereits heute ein wichtiger Standort der Wirtschaftsregion Chemnitz-Zwickau. Als Projekte zur weiteren Stärkung von Industrie und Gewerbe entwickelten die Studierenden drei Vorschläge: Die Errichtung eines neuen Siemens-Werkes, einer Industrieanlage für die Herstellung von Pellets zum Heizen und eines Forschungszentrums, in dem biologische Kraftstoffe auf Ethanolbasis entwickelt werden. Bei letzterem Projekt sehen die Studierenden auch die Möglichkeit zur Kooperation zwischen der Stadt Stollberg und der TU Chemnitz.

Handel, Tourismus, Gastronomie – Die meisten Besucher in Stollberg bleiben nur für einen Tag und kommen zu Veranstaltungen. Übernachtungstourismus gibt es sehr wenig, denn es fehlen überregionale Besonderheiten und kulturelle Anziehungspunkte. Das Gaststättennetz ist gut ausgebaut und Veranstaltungen wie ein Kneipenfest sind etabliert. Eine Woche des Einzelhandels mit einem stadtweiten Markt könnte den Handel weiter stärken und Kunden an die Stadt binden, so ein Vorschlag der Studierenden. Aufschwung für den Tourismus könnte eine Bed and Breakfast Einrichtung mit Übernachtungsangeboten für 29 Euro bieten. Vor allem Durchreisende und Geschäftsleute würden dadurch in die Stadt gezogen. Der Vorschlag für die Gastronomie: eine Woche, in der neben Kochkursen, Wildkräuter- und Pilzwanderungen auch preisgünstige Menüs angeboten werden.

Verkehr – Um die teilweise unübersichtliche und gefährliche Verkehrsführung zu entschärfen, schlagen die Studierenden an ausgewählten Stellen Veränderungen vor: Neue Schilder, Tempo 30 Zonen sowie Änderungen in der Verkehrsführung sollen für Entlastungen sorgen.

Wohnen – Stadtteile stärken, das Wohnumfeld aufwerten, das Sozialgefüge stabilisieren und den Wohnungsleerstand verringern – das sind die Ziele, die die Studierenden für den Schwerpunkt Wohnen stecken. Um Innovations- und Investitionsanreize zu schaffen, könnte ein Energiesparprogramm dienen. In die Marketingstrategie integriert, würde es die Vermietbarkeit der Wohnungsbestände sichern. Für ein Wohngebiet – das Dürerviertel – sollte ein Leitbild kreiert werden und als drittes Projekt schlagen die Studierenden vor, mit begrünten Fassaden an Plattenbauten und verfallenen Gebäuden das Stadtbild attraktiver zu gestalten.

Bildung – Auf die 535 Stollberger Kinder bis sechs Jahre kommen 431 Betreuungsplätze – für die 241 Drei- bis Sechsjährigen stehen 350 Plätze zur Verfügung, für die 294 jüngeren Kinder allerdings nur 81. Diese Daten des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen von Ende 2005 zeigen Handlungsbedarf auf. Die Studierenden fordern eine verbesserte Kleinstkindbetreuung und flexiblere Öffnungszeiten der Einrichtungen.

Außerdem machen sie Vorschläge für Bildungsprogramme für Jugendliche und Erwachsene:

Ein Technisches Aus- und Weiterbildungszentrum soll mit den ortsansässigen Unternehmen kooperieren und seine Angebote auf die wirtschaftlichen Anforderungen der Region zuschneiden. Ein Wirtschafts- und Ausbildungsexperte könnte als Mittler zwischen der Wirtschaft, Jugendlichen als zukünftigen Arbeitnehmern und Ausbildungszentren agieren.

Soziales – In Stollberg gibt es neben rund 2.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen etwa 4.000 Einwohner über 60 Jahre. Die alternde Bevölkerung biete viele Potentiale, so die Studierenden. Deshalb schlagen sie die Einrichtung eines Begegnungszentrums vor, in dem die Generationen zusammenkommen, gemeinsam Zeit verbringen und voneinander lernen.

Außerdem wollen sie mit einem Tag der offenen Tür in den bereits bestehenden Jugendeinrichtungen deren Bekanntheitsgrad erhöhen. Ein Band Contest soll das Engagement der jungen Menschen fördern; im Rahmen einer größeren Veranstaltung wie einem Stadtfest könnten die vielen jungen Bands der Stadt eine Möglichkeit erhalten, sich und die Ergebnisse der lokalen Jugendarbeit zu präsentieren.

Freizeit – Kinderfreundlich und jugendlich dynamisch – so möchte Stollberg mit seinem Freizeitangebot dastehen. Dafür sind keine Millionenprojekte erforderlich, diagnostizieren die Studierenden, zumal das Angebot bereits in den vergangenen Jahren erheblich verbessert wurde. Für die Zukunft bringen sie weitere Projektideen ein: Ein Beachhandballplatz und eine Verbesserung des Marketings könnten schnell realisiert werden. Futuristischer sind die Überlegungen zu einem Klassik Open Air, einem Freestyle Open für Skater, BMX- und Skifahrer sowie der Bau einer Abfahrtsbahn, die im Sommer von Skatern und im Winter von Skifahrern genutzt wird. Mit den Projektideen, die auf den bereits vorhandenen Ressourcen aufbauen, könnte neben der Freizeitgestaltung der Stollberger Bürger auch der Tourismus gefördert werden, da sich Alleinstellungsmerkmale in der Region ergeben würden.

„Die Studierenden haben kleinere, überschaubare und kostengünstige Projekte vorgeschlagen – wie die Montage von Straßenschildern – aber auch größere, durchaus erstmal etwas utopische, wie die Einrichtung eines Forschungszentrums“, resümiert Prof. Jurczek. Bei einer öffentlichen Sitzung im Rathaussaal haben die Studierenden ihre Untersuchungsergebnisse vor dem Bürgermeister und den Stadträten präsentiert. „Diese werden die Vorschläge nun diskutieren und bei einem weiteren Termin mit allen Beteiligten wird besprochen, was konkret umgesetzt wird, woran weiter gearbeitet wird und was erstmal auf die Warteliste muss“, blickt Jurczek in die Zukunft. Neben dem Projektseminar führte die Professur zudem ein so genanntes Geländepraktikum mit fünf Studierenden in Stollberg durch, bei dem die Teilnehmer eine Unterrichtseinheit am Stollberger Gymnasium hielten.

Die zugrunde liegende Fragestellung war, wie Stollberg sich weiterentwickeln kann. Ziel: Die Schüler sollten motiviert werden, sich für ihre Stadt zu engagieren.

Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Peter Jurczek, Professur Sozial- und Wirtschaftsgeographie, Telefon (03 71) 5 31 – 3 49 11, E-Mail peter.jurczek@phil.tu- chemnitz.de.

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Katharina Thehos TU Chemnitz

Weitere Informationen:

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