TUD-Studierende experimentieren in der Schwerelosigkeit

Im Weltraum: Duschen Impossible?

Fünf Maschinenbau-Studenten der TU Darmstadt hatten bei der diesjährigen Student Parabolic Flight Campaign der europäischen Raumfahrtagentur esa die Gelegenheit, ihre Idee für eine Weltraumdusche zu testen.

„Ten seconds … five … three seconds … and pull-up“ ertönt es aus den Kabinenlautsprechern, und genau zwanzig Sekunden später mit der Ansage „Injection“ beginnt sie dann: Die Phase der Schwerelosigkeit. Ab jetzt stehen den sechzig Experimentatoren, den Darmstädtern und weiteren Studierenden aus den esa-Mitgliedsländern, an Bord des umgebauten Airbus A-300 zero-g der esa ungefähr dreißig Sekunden Schwerelosigkeit zur Verfügung. Nicht viel Zeit, um das völlig unbekannte Gefühl zu erleben und auszukosten, aber genug, um die lange vorbereiteten Experimente durchzuführen.
Sieben Monate vorher startete das Projekt. Das Ziel war die Entwicklung und Durchführung eines Experiments, mit dem die Idee für ein Wirkprinzip einer Weltraumdusche, in der trotz Schwerelosigkeit Wassertropfen beschleunigt werden, getestet werden sollte: Für dieses Problem der Raumfahrt gibt es bis heute keine befriedigende Lösung. Entweder müssen Astronauten in einer Duschkabine die schwebenden Wassertropfen per Hand einfangen, verreiben und danach wieder absaugen, oder es stehen nur Frischetücher und Waschlappen zur Verfügung.

Die fehlende Gewichtskraft, die sonst für eine Beschleunigung der Tropfen in Richtung Erde sorgt, müsste für eine realitätsnahe Dusche durch eine andere Kraftwirkung ersetzt werden. Dazu bot sich ein elektrisches Feld an. Unter Ausnutzung des Dipoleffektes sollten die Wassertropfen durch ein inhomogenes elektrisches Feld beschleunigt werden. Mit einem entsprechendem Experiment sollte die Funktionstüchtigkeit dieses Konzeptes beweisen und das Verhalten von verschiedenen Wassertropfen (ionisiertes und destilliertes Wasser verschiedener Tropfengrößen) studieren.
Nach dem Einreichen einer Experimentbeschreibung begann ein mehrstufiges Auswahlverfahren, bei dem nicht nur die praktische Durchführbarkeit und der wissenschaftliche Nutzen nachgewiesen werden musste. Es waren auch eine Menge Sicherheitsauflagen beim Aufbau des Experimentes zu beachten, und natürlich machten die Vorschriften auch vor den Teammitgliedern nicht halt. So mussten die Darmstädter Studierenden bald feststellen, dass vom ursprünglichen Team aus vier Maschinenbauern nur einer den Flugtauglichkeits-Anforderungen entsprach. Um weiterhin im Rennen zu bleiben, fanden sich sehr schnell drei flugtaugliche Ersatzpersonen, die seitdem in das Projekt integriert sind. Sehr bald stand dann auch fest, dass das „Team Darmstadt“ für die Kampagne ausgewählt wurde.
Der Aufbau des Experiments bestand im wesentlichen aus einer großen Metallröhre, in deren Mitte eine Stabelektrode angebracht war. Diese wurde mit einem Hochspannungsgenerator aufgeladen und erzeugte somit in der Röhre ein radiales elektrisches Feld. Durch Kanülen waren die Experimentatoren in der Lage, Wassertropfen in das Feld einzuspritzen. Eine in die Röhre gerichtete Kamera nahm die Flugbahnen der Tropfen zur späteren Auswertung auf. Zusammen mit einem Bedien-Tableau und einer speziellen Entladeschaltung, die die Elektrode im Notfall entladen konnte ohne Funken zu erzeugen, waren diese Bauteile in einer Rack-Struktur montiert.

Pünktlich sechs Stunden nach Fertigstellung des Experimentaufbaus starteten die TUD-Studierenden zu siebt mit einem Kleinbus des Hochschulsportzentrums in Richtung Bordeaux, wo der Airbus A 300 zero-g der Betreiberfirma Novespace stationiert ist. Von dem zehntägigen Aufenthalt waren die ersten drei Tage für die letzten Vorbereitungen und den Einbau des Experimentes in das Flugzeug vorgesehen. Danach stand zunächst die Sicherheitsüberprüfung sämtlicher inzwischen eingebauter Experimente durch Sachverständige des französischen Flugtestzentrums (CEV) auf dem Plan. Dabei zeigten sich noch so manche Sicherheitsmängel an einigen Experimenten. Auch auf das TUD-Experiment wurde schon wegen der vorhandenen Hochspannung ein genauerer Blick geworfen.
Nach dem obligatorischen Safety-Briefing und einem kurzen Einführungsflug mit fünf Parabeln stand dann der erste richtige Parabelflug auf dem Plan. Nach der freiwilligen Medikamenteneinnahme gegen Übelkeit startete der Airbus in Richtung Atlantik, über dem die dreißig Parabeln geflogen werden. Die aus vier Piloten bestehende flight crew versucht dabei eine möglichst exakte mathematische Parabel nachzufliegen, die gleiche Flugbahn, die auch ein geworfener Stein beschreibt.

Tags darauf fand der zweite Experimentalflug statt, der die Ergebnisse vom Vortag bestätigte. Die Studierenden konnten nicht nur die erwartete Flugbahn der Tropfen beobachten, sondern einige zusätzliche, die sie nicht erwartet hatten. So schwenkten viele Tropfen in einen regelrechten Orbit um die Elektrode.

Aufgrund der Vielzahl an Tropfen pro Orbit und der unterschiedlichen Randbedingungen wie Feldstärke, Tropfengröße und Zusammensetzung der Wassertropfen dauert die Untersuchung der digitalisierten Filme noch an. In einem ersten kurzen Überblick für die esa konnten die Studierenden mit einer Bewegungsgleichung, die sie für die Tropfen aufgestellt hatten, sämtliche real auftretenden Flugbahnen numerisch simulieren.

Inzwischen haben die Darmstädter Studierenden von der esa eine Einladung erhalten, ihre bisherigen Ergebnisse bei der übernächsten professionellen Parabelflugkampagne im Frühjahr 2002 zu überprüfen beziehungsweise Folgeexperimente bei der esa durchzuführen. Weitere Informationen sind im Internet unter www.spaceshower.de zu finden.

Bildunterschrift: Darmstädter Studenten nahmen mit ihrem Experiment zu ihrer Konstruktionsidee einer Dusche für die Schwerelosigkeit an Parabelflügen der esa teil. Von links nach rechts: Alexander Herz, Gerald Vetter, Christian Banse, Nils Schweizer, Kim Nadine Seip, Michael Rösch, nicht im Bild: Matthias Wejwoda

Kontakt: Michael Rösch, Tel. 06163/913170, michael_roesch@t-online.de

Media Contact

Diplom-Volkswirtin Sabine Gerbau idw

Weitere Informationen:

http://www.spaceshower.de

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