Protein-Kristalle für Krebsforschung auf ISS gezüchtet
Hamburger Forscher sucht nach optimierter Tumorbekämpfung
Die internationale Raumstation ISS wird auch für medizinische Zwecke genutzt: Der Hamburger Biochemiker Wolfgang Weber züchtet in der Schwerelosigkeit Protein-Kristalle. Diese sollen in weiterer Folge als Tumorbekämpfer eingesetzt werden, berichtet die Nachrichtenagentur ddp. Forschungsziel ist es, mehr Klarheit in die dreidimensionale Struktur des so genannten EGF-Rezeptorproteins zu bringen. Weil diese Proteine in der Schwerelosigkeit eher Kristalle bilden, haben die Forscher die Eiweiße aus menschlichen Tumorzellen isoliert und sie zur Raumstation geschickt.
Seit der Entschlüsselung des Erbguts ist bekannt, dass 40.000 bis 50.000 verschiedene Proteine das menschliche Leben ausmachen. Die Funktionen der meisten sind noch unbekannt. „Um diese Lebensmoleküle vollends zu verstehen, muss man ihre Struktur kennen“, so Weber, der an der Hamburger Universitätsklinik Eppendorf (UKE) arbeitet. Um die Form eines einzelnen Proteins zu ermitteln, wird es zunächst aus menschlichem Gewebe isoliert oder gentechnisch hergestellt, um es dann zu kristallisieren. Denn erst aus den Kristallen lässt sich mit physikalischen Methoden die Form des Moleküls ableiten. „Es sieht so aus, als seien genügend große Kristalle dabei“, erklärte der Forscher.
Das EGF-Rezeptorprotein kommt auf vielen Tumorzellen vor. Für die Krebsforschung sei es bedeutsam, weil es maßgeblich an der Wachstumskontrolle von Zellen beteiligt ist. „Kürzere Experimente gab es zwar schon während früherer Space Shuttle-Missionen, damals reichte die Zeit von maximal zwei Wochen für die Bildung ausreichend großer Kristalle aber nicht aus“, so Weber. Die Wissenschaftler setzten ihre Hoffnung auf das jüngste Experiment. Mit einer Raumfähre wurde die Versuchsreihe im April zur Raumstation gebracht und erst nach mehr als acht Wochen wieder von der ISS abgeholt.
Die im Weltraum gezüchteten größeren Eiweiß-Kristalle werden derzeit von Physikern am Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY) in Hamburg analysiert. In den nächsten Monaten erhofft sich Weber wichtige Fortschritte bei der Entschlüsselung der Proteinstruktur. „Wenn das gelingt, könnte damit die Basis zur Entwicklung einer neuartigen Tumortherapie gelegt werden“, meint der Wissenschaftler. Da der untersuchte EGF-Rezeptor für die Übermittlung von Wachstumssignalen verantwortlich ist, lässt sich vermutlich auch das Wachstum von Tumorzellen hemmen, wenn man dieses Protein durch spezifische Wirkstoffe blockiert. Damit solche aber hergestellt werden können, muss das Protein erst das Geheimnis seiner Struktur preisgeben.
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