Selbstbau-Sonarhandschuh hilft Blinden beim Tasten

Der Bastler Steve Hoefer hat ein Gerät namens „Tacit“ erfunden, das Blinden mit Ultraschalltechnik bei der gefahrlosen Fortbewegung helfen soll. Das System liegt am Handrücken auf und wird am Gelenk befestigt. Findige Techniker können die sonare Navigationshilfe anhand einer Bauanleitung mit einfach im Handel erhältlichen Teilen selbst realisieren.

Gerd Schwesig, Hilfsmittelbeauftragter des Blinden- und Sehbehindertenverbands Niedersachsen http://blindenverband.org , spricht im pressetext-Interview über die Vor- und Nachteile des Geräts.

Zwischen Kopf und Hüfte

Zwei Ultraschallsensoren und ein kleiner Servomotor bilden das Herz des Tacit. Verbaut in eine Neoprenhülle, erfassen die Ultraschallwellen Hindernisse bis auf eine Distanz von etwa dreieinhalb Meter. Je nach Entfernung zu einer Hürde reagieren die Motoren mit haptischem Feedback unterschiedlicher Intensität. Ausgelöst wird die Erfassung mit einer einfachen Bewegung des Mittelfingers.

Experte Schwesig sieht im Sonarhandschuh eine sinnvolle Ergänzung zum Taststock, dessen Nutzung für Blinde und Sehbehinderte jedoch unumgänglich bleibt. „Ultraschallsysteme sind nichts Brandneues im Bereich der Hilfsmittel. Systeme wie der Tacit eignen sich gut um Areale abzudecken, die man mit dem Blindenstock nicht erfasst – hauptsächlich der Bereich zwischen Kopf und Hüfte.“ So arbeitet auch der Ultra-Body-Guard der Firma RTB http://rtb-bl.de mit Sonarwellen und kann dabei in der Hand getragen oder um den Hals gehängt werden.

Blindenstock bleibt unersetzbar

Um die Umgebung unterhalb der Hüfte zu prüfen, bleibt der Langstock jedoch erste Wahl, so Schwesig. „Beim Joggen ist es beispielsweise wichtig, den Untergrund vor sich genau abtasten zu können, um so rechtzeitig Stufen oder andere Gefahrenstellen erkennen zu können. Zudem kann man mit dem Stock Hindernisse genauer erfassen, um etwa festzustellen, um was es sich genau handelt und wie groß es ist. Ultraschallsysteme können dies nicht bewerkstelligen“, erklärt der Fachmann.

Auch digitale Mittel stehen blinden und sehbehinderten Passanten zur Verfügung. Hier bieten sich beispielsweise Smartphones mit Fußgängernavigationssystem an, die per Sprachausgabe die Wegfindung besonders in der Stadt erleichtern. Ein ursprünglich für Motorradfahrer entwickeltes System namens Kapten+ verzichtet gänzlich auf graphische Darstellung und leitet den Nutzer über Kopfhörer durch den urbanen Dschungel.

100 Dollar

Ein Merkmal läßt den Tacit jedoch herausstechen: Der kostspielige Erwerb über einen Hersteller entfällt, Steve Hoefer hat eine ausführliche Bauanleitung nebst Source Code des Steuerungsprogramms unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht. Die benötigten Bestandteile können online oder über Fachhändler bezogen werden. Der Selbstbau schlägt mit rund 100 Dollar und ein paar Arbeitsstunden zu Buche.

Vorstellung und Bauanleitung des Tacit (in englischer Sprache):
http://grathio.com/2011/08/meet-the-tacit-project-its-sonar-for-the-blind/

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Georg Pichler pressetext.redaktion

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