Hauptbahnhof ohne Grauschleier

Leuchtend erhebt sich die Glaskuppel des Berliner Hauptbahnhofs hinter der nächtlichen Spree. Das Glasdach besteht aus über 8 000 Scheiben, von denen keine der anderen gleicht – allein das gläserne Nord-Süd-Dach ist 200 Meter lang, das Ost-West-Dach umfasst weitere 278 Meter. Was für Touristen eine Sehenswürdigkeit ist, birgt für Fensterreiniger zahlreiche Herausforderungen. Um auf das Dach zu klettern, brauchen sie daher eine Sondergenehmigung.

Ab Mai diesen Jahres können sich die Fensterputzer am Berliner Hauptbahnhof zurücklehnen: Sie bleiben mit einer Fernbedienung auf den Bahnsteigen, während das halbautomatische Reinigungssystem Filius Toni nach ihren Anweisungen ständig auf dem Glasdach herumfährt und es vom First bis in die Traufe reinigt. Eine komplizierte Aufgabe: Zahlreiche Hindernisse säumen den Weg der Reinigungsmaschine – Schneefangrohre, Spannbögen und Lüftungsklappen -, an einigen Stellen fällt das Dach zudem um fast 90 Grad ab. „Durch vier große Ballonräder und einen Allradantrieb überwindet Filius Toni die Hindernisse problemlos“, sagt Justus Hortig, der die Entwicklung im Auftrag der Deutschen Bahn AG am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg geleitet hat. „Weiterhin verteilen die Ballonreifen den Druck, den Filius Toni auf das Dach ausübt, gleichmäßig auf dem Glas.“ Um die Sicherheit der Reisenden zu gewährleisten, ist der Reinigungswagen über eine Befahranlage gesichert, eine Art Gleissystem auf der Mitte des Dachs: Von hier aus seilt Filius sich über seine zwei Seilwinden ab. Leitungen und Kabeltrommel versorgen ihn über die Befahranlage ständig mit Wasser und Strom.

Das Abseilen und Geradeausfahren erledigt das Reinigungssystem per Fernsteuerung. Stößt es auf ein Schneefangrohr oder ein anderes Hindernis, bleibt es – den Wünschen der Deutschen Bahn AG entsprechend – zunächst stehen. Der verantwortliche Mitarbeiter am Bahnsteig hat durch das Glasdach Sichtkontakt zu Filius Toni. Erst wenn er ihm per Fernbedienung das Signal zum Weiterfahren gibt, rollt die Reinigungsmaschine langsam über das Hindernis hinweg. Auch die Richtung, in die Filius Toni fahren soll, steuert der Mitarbeiter. Eine breite Bürste mit langen Borsten und Sprühdüsen mit Wasser sorgen für strahlende und schnelle Sauberkeit – die Reinigungsleistung beträgt über 150 m2 pro Stunde, ein menschlicher Fensterputzer schafft etwa 20 bis 30 m2 stündlich. Auch beim Preis bringt Filius Vorteile: „Die Reinigungskos-ten, die üblicherweise im mittleren fünfstelligen Bereich liegen, können mit Filius Toni stark reduziert werden“, sagt Hortig.

Media Contact

Dr. Janine Drexler idw

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