Feuerlösch-Roboter: Eine Kugel Waldbrandmeister

Die Fotomontage zeigt patrouillierende Modelle der Offroad-Löscheinheiten

Allein in Europa zerstören Großbrände jedes Jahr etwa eine halbe Million Hektar Wald – das entspricht ungefähr der doppelten Fläche des Harzes. Diese Zahlen hat das Freiburger „Global Fire Monitoring Center“ veröffentlicht. Bekämpfung der Feuer und Wiederherstellung der Natur verursachen schätzungsweise Kosten von 2,5 Milliarden Euro. Zur Kontrolle großer Waldflächen werden momentan Überwachungstürme, Hubschrauber, Flugzeuge und Satelliten eingesetzt. Mit der Verteilung von autonomen Rauchgassensoren sollen Gelder gespart werden. Diese verursachen allerdings Fehlalarme, weil sie auf viele Verbrennungsgase reagieren. Die Sensoren können Autogase nicht von Brandrauch unterscheiden – „Ole“ schon.

An der Fachhochschule Magdeburg-Stendal entwickeln Studenten und Akademiker im Institut für Industrial Design seit etwa einem dreiviertel Jahr den Lösch-Käfer „Ole“. Die Abkürzung steht für „Offroad-Löscheinheit“. Dahinter verbirgt sich ein Roboter, den Forscher nach dem Vorbild eines Insekts, dem Saftkugler, konstruiert haben. „Die Idee ist im Rahmen eines Studienprojekts entstanden“, sagt Projektbetreuer Professor Dr. Ulrich Wohlgemuth. „Ziel war es, für verschiedene technische Möglichkeiten wie Laufbewegung und mechanische Taster sinnvolle Anwendungen zu finden.“ Die Universität ist Mitglied des Biokon, eines Bionik-Kompetenz-Netzes. Der Verbund sucht nach Lösungen, die aus der Natur abgeleitet sind. Eine solche ist der Sechsbein-Lauf-Roboter.

„Es ist keine Superlösung“

Lösch-Käfer „Ole“ soll bei günstiger Windrichtung ein Feuer in einer Entfernung bis zu einem Kilometer orten. Mit verschiedenen Sensoren kann er große Waldregionen überwachen. „Die Biosensoren können Rauchpartikel wahrnehmen, und per Infrarot wird die Temperatur gemessen. Damit ist ein Brand von anderen Rauchgasen zu unterscheiden“, sagt Wohlgemuth. Registriert der Lösch-Käfer Anzeichen für einen Brand, entrollt er sich, sendet notwendige Informationen an eine zentrale Überwachungsstation und steuert die Brandstelle selbstständig an. Mechanische Taster, die Insektenfühlern ähneln, ermöglichen dem Robo-Käfer die Entscheidung, wie und ob er ein Hindernis auf seiner Route überwinden kann. Nicht Geschwindigkeit, sondern Geländegängigkeit und Robustheit sind „Oles“ großer Vorteil. „Es ist keine Superlösung, um alle Brände im Keim zu ersticken“, sagt Ulrich Wohlgemuth. „Sehr weicher Grund und sehr verstrüpptes Gelände ver- oder behindern ein Vorankommen. Wenn der Untergrund einfach befahrbar ist, sind rad- oder kettengetriebene Roboter schneller und sicherer.“ Vorteilhaft sei das Gerät bei der Überwachung von großflächigen Regionen und bei Entstehungsbränden im Umkreis von 100 bis 200 Metern, die „Ole“ eigenständig bekämpfen kann.

Ausgestattet mit einem Löschmitteltank und einer Impulslöschkanone beginnt der Roboter das Feuer abzuwenden, bevor es sich zu einem großflächigen Waldbrand ausweiten kann. Gelingt das nicht, rollt „Ole“ sich zusammen und lässt das Feuer über sich hinweg gehen. Schließlich ist sein Panzer aus einem Keramik-Faserverbundstoff hitzebeständig und hält Temperaturen bis 1300 Grad Celsius aus.

Stand-By-Modus spart Energie

Monatelang benötigt der Roboter weder Wartung noch neue Batterien, denn solange „Ole“ keine Gefahr erkennt, befindet er sich im Energiesparmodus. Vorgesehen ist allerdings nicht die flächendeckende Verteilung der Roboter in großen Waldgebieten, sondern die Konzentration auf besonders gefährdete Bereiche zum Beispiel an Straßen oder in der Nähe von Wohngebieten.

„Ole“ befindet sich in der Entwicklung, ein Test in europäischen Wäldern ist noch nicht möglich. „Bisher gibt es für das Gesamtkonzept lediglich virtuelle Modelle. Praktisch ausprobiert wurden Einzelkomponenten, wie die Tastfühler oder die Laufkinematik. Der Mechanismus zum Einkapseln ist noch nicht erprobt und auch nicht das Zusammenspiel aller technischen Komponenten“, sagt Wohlgemuth. Obwohl es bisher eine Möglichkeitsstudie ist und es noch keinen Funktionsprototypen gibt, besteht schon großes Interesse an dem Projekt. Vermutlich wegen der Faszination des bionischen Designs, glaubt Ulrich Wohlgemuth.

Auf der Suche nach Investoren

Ein Vorreiter seiner Klasse sei „Ole“ definitiv. Es gebe zwar Löschroboter in verschiedenen Ländern, die rad- oder kettengetrieben sind – auch in Magdeburg sei ein solcher Roboter als Funktionsprototyp vorhanden. Auf Beinen laufende Roboter nach dem Konzept „Ole“ sind Wohlgemuth jedoch nicht bekannt.

Die Produktionskosten eines Lösch-Roboters bewegen sich laut Experten der Hochschule Magdeburg zwischen 100.000 und 250.000 Euro. Finanzkräftige Investoren haben sich noch nicht gefunden. Solange sich an dem Zustand nichts ändert, kommt die klassische Löschtechnik zum Einsatz. Noch sind Feuerwehrmänner beweglicher als „Ole“.

Media Contact

Andrea Gläser Stern.de

Weitere Informationen:

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