Höhenplattform Prototyp erfolgreich flugerprobt – Rescue-Gleitschirm landet Hilfsgüter punktgenau

Neue Entwicklungen aus dem Institut für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen der Universität Stuttgart

Forscher der Universität Stuttgart unter Leitung von Prof. Dr.- Ing. Bernd Kröplin haben ein neuartiges Flugprinzip für Höhenplattformen entwickelt und jetzt erfolgreich bodennah erprobt. Damit ist im internationalen Vergleich ein einzigartiger Technologievorsprung entstanden, der sich direkt bei der vierten Mobilfunkgeneration umsetzen lässt. Hoch fliegende Plattformen sind international ein heiß umkämpftes Gebiet für neue Technologien. Amerika und Japan haben bereits große Staatsprogramme aufgelegt, um hier die Technologieführerschaft zu erringen. Doch noch hat Deutschland die Nase vorn.

Während UMTS bislang noch mit den enormen Ausbaukosten kämpft, setzen die Stuttgarter auf die nächste Generation: Leistungsfähige Nachfolger der so genannten WiFi`s könnten in Zukunft über so genannte Hot Spots mit stationären, in 20.000 Metern Höhe fliegende Plattformen, vernetzt sein. Die Höhenplattform wird als permanent fliegende Relaisstation über einem Ort platziert. Die jetzige Entwicklung ging aus dem dafür 1999 verliehenen Körber-Preis(Informationen dazu finden Sie im unten angegebenen link) hervor. Eine autonom gesteuerte Gliederkette mit Namen „AirChain“ als völlig neues Flugprinzip verbindet die Vorteile von Höhenballons und Luftschiffen und vermeidet die Nachteile von Höhenflugzeugen.

Ein Entwicklungsschritt auf dem Weg zum Mobilfunk aus der Luft: der autonom fliegende Rescue-Gleitschirm

Als „Spin off“ dieser Höhenplattform haben die Stuttgarter Wissenschaftler jetzt einen steuerbaren Gleitschirm vom Typ Papillon entwickelt, der autonom fliegt und zielgenau landet. Die mechanischen Steuerbewegungen eines Gleitschirmpiloten werden von einer mechanischen Automatik übernommen. Eine autonome, modellbasiert arbeitende Flugregelung, die sich mit Hilfe von satellitengestützter Navigation (GPS) und Kompass orientiert, fliegt das Gerät automatisch ins Ziel. Das in dieser Form einmalige Gleitschirmsystem war ursprünglich als „Rescue-System“ für die Höhenplattform (HAP) für Mobilfunk entwickelt worden, um die Station im Falle eines Defekts aus 20.000 Metern Höhe sicher zu bergen. Nun kann der Fallschirm in der humanitären Hilfe eingesetzt werden. Hilfsgüter, die von einem Transportflugzeug aus über einem Krisengebiet abgeworfen werden, landen künftig sicher und bis auf vier Quadratmeter punktgenau. Bislang musste man mit einem Frachtverlust von bis zu 30 Prozent rechnen: Güter wurden durch ungünstige Winde abgetrieben oder im unwegsamen Gelände nicht gefunden. Weltweit arbeitende Hilfsorganisationen haben bereits ihr Interesse bekundet.

Der Stuttgarter AirChain: international und technologisch weit vorn

Die Mobilfunknetze der vierten Generation werden den primär für Sprachkommunikation konzipierten Mobilfunk durch Digitalnetze zur Datenkommunikation ersetzen. „Die Mobilfunkbranche ist in ihrer Planung gedanklich über UMTS schon weit hinaus“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Bernd Kröplin.

Die vierte Generation wird Übertragungsraten von 100 Megabit pro Sekunde (etwa zehnmal so schnell wie die aktuellen Wireless-LAN-Funknetze) ermöglichen. Mit 100 Megabit pro Sekunde könnten sie den großen Brockhaus in zehn Sekunden übertragen. Derzeit benötigt ein D- oder E-Netz Handy etwa 30 Stunden für dieselbe Datenübertragung. „Bei dieser Datenübertragungsmenge würde selbst der jetzt geplante UMTS-Sendemastenwald bei weitem nicht ausreichen. Deshalb gehen wir zur Datenübertragung in die Luft und vermeiden die aufwendige Bodeninfrastruktur und die strahlungsintensiven Nahbereiche der Masten“, versichert Kröplin. Und so stellt er sich die Zukunft vor: Die mobilen Bodennetze, bestehend aus den Enkeln heutiger WiFi`s (Wireless Fidelity) und den Enkeln der heutigen Handys werden sich über die „Hot Spots“ in die in 20 Kilometern Höhe stationär über Ballungszentren positionierten Höhenplattformen direkt einklinken und darüber die globale Vernetzung herstellen. Die Höhenplattformen versorgen einerseits „ihr“ Ballungsgebiet und kommunizieren direkt untereinander oder über Satelliten. Diese fliegen circa zehnmal so hoch wie eine Höhenplattform in etwa 250 Kilometern Höhe und können daher nicht direkt mit einem herkömmlichen Handy kommunizieren. Höhenplattformen bilden somit das wesentliches Bindeglied zwischen den mobilen Bodennetzen und den Satelliten.

Dem Zeitgeist zum Trotz! Professor geht ungewöhnliche Wege in der Projekt-Finanzierung

„Andere Nationen, zum Beispiel USA und Japan haben bereits mit großer Kraft begonnen, die Entwicklung der Höhenplattform an sich zu ziehen. Sie haben große Staatsprogramme aufgelegt, denn die Realisierung einer Höhenplattform verspricht volkswirtschaftlich und technisch Revolutionen und Innovationen von enormen Ausmaßen“, schätzt Kröplin. So erhielten nach Berichten des amerikanischen Pentagon die Firmen Aeros, Lockheed Martin and Boeing eine Zusage über jeweils zwei Mio. US-Dollar für die Forschung. Das amerikanische Homeland-Defence Programm sieht nach dem 11. September Milliardenbeträge für die Erforschung von Höhenplattformen für die nächsten Jahre vor. NAL in Japan fördert seit mehreren Jahren ein Höhenluftschiff mit 100 Mio. US-Dollar. Der erste Prototyp wurde ohne Antrieb am 4. August 2003 gestartet, absolvierte einen unangetriebenen Höhenflug zum Materialtest bis in 16,4 Kilometern Höhe und wurde danach aus dem Meer geborgen. Weitere Projekte gibt es in Malaysia und Korea.

Deutschland hingegen erscheint wenig innovationsfreundlich. „Die Entwicklungen um den Transrapid, Fairchild Dornier und CargoLifter stimmen nachdenklich“, meint Kröplin, „alle Großprojekte werden vom Ausland übernommen oder gehen schlichtweg ein. Wir haben mit unserem HAP-Projekt bislang international noch einen Wissensvorsprung von etwa vier Jahren. Diese Entwicklung möchten wir jetzt auch in Deutschland nicht verlieren oder an das Ausland abgeben!“, sagt er.

Zwar hat Baden Württemberg schon einen ersten Schritt getan und einer Forschergruppe an der Universität Stuttgart einen so genannten „IRON Bird“ für den AirChain bewilligt. Die Forscher bauen ein „Mock Up“ des Systems am Boden auf, um das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten in simulierten Flugszenarien zu testen. Größere politische Signale oder private Finanzierungen aus Deutschland lassen jedoch auf sich warten.

Zur Vorbereitung eines Finanzierungskonsortiums und zur Bündelung des Know-hows hat Kröplin deshalb mit seinem Team eine Firma, TAO Technologies GmbH, als Spin-Off der Universität gegründet. Die Erprobung des neuartigen Flugprinzips mit einem HAP-Prototypen in 5000 Metern Höhe soll noch in diesem Jahr erfolgen. Unmittelbar werden dazu 1,4 Mio. Euro benötigt. Trotz „schwächelnder“ Konjunktur wollen die Stuttgarter jetzt Privatinvestoren ansprechen: „Nachdem wir gezeigt haben, dass das System funktioniert, wollen wir es jetzt auch in Deutschland umsetzen. Und unseren Wissensvorsprung in der Entwicklung ausbauen“, sagt Kröplin.

Höhenplattformen: Die Form macht´s

Höhenplattformen können als Flugzeuge oder Luftschiffe konzipiert sein. Sie sind unbemannt und müssen bei Luftdichten von etwa sieben Prozent der atmosphärischen Dichte auf dem Boden und Temperaturen von -60 Grad C gegen Winde von über 130 Kilometern pro Stunde langzeitig über einem Ort stehen können. Dies ist eine außerordentliche technische Herausforderung. Ein Beispiel für ein Höhenflugzeug ist das „Helios“ der NASA, ein Solarflugzeug, das vor etwa drei Wochen bei einem Probeflug abstürzte und im Meer versank. Beispiele für Luftschiffe sind die Projekte von Boeing und Lockheed (USA) sowie ATG (England) und NAL (Japan). Luftschiffe für diesen Einsatz haben eine Länge von etwa 250 Meter und einen Durchmesser von über 60 Meter. Aber diese beiden Systeme, Höhenflugzeug und traditionelles Luftschiff, haben Nachteile in Bezug auf die Energieversorgung und der Energiespeicherung für die Nachtstunden. Auch stellt die Anforderung an eine extreme Leichtigkeit bei gleichzeitig ausreichender Stabilität ein großes Problem dar.

Für diese Parameter haben die Stuttgarter Forscher ihr patentiertes Fluggerät entwickelt. Neben der Auftriebskontrolle, der Stabilisierung, den klassischen und regenerativen Antriebsvarianten lag der technologische Durchbruch in der Regelung. Es galt einen Weg zu finden, den „AirChain“ so zu regeln, dass die labil wirkende Flugkette durch die an jedem Segment befestigten Antriebe stabil steuerbar ist. Die bodennahen Flugversuche dazu wurden jetzt mit drei Prototypen erfolgreich abgeschlossen und damit der Beweis der Regelbarkeit erbracht. Jetzt laufen die Flugversuche für die Flugerprobung in 5000 Metern Höhe, die den Test der Telemetrie für die Übertragung der Systemdaten zum Boden mit einschließt. In diesem Zusammenhang wurde auch der Rescue-Gleitschirm entwickelt und getestet. Übrigens hatte bereits der alte Graf Zeppelin die Idee für ein sogenanntes Gliederluftschiff. Die Umsetzung scheiterte damals jedoch an der nicht zu realisierenden Steuerbarkeit.

Für weitere Informationen und Bildmaterial zu den Themen wenden Sie sich bitte an:
Regine C. Henschel TAO
Mobil: 0172-6123432 Email: henscheltao@aol.com

Hinweis:
Das ISD (Institut für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen) gehört zur Fakultät Luft- und Raumfahrttechnik und Geodäsie der Universität Stuttgart.
Die TAO Technologies wurde als GmbH in Berlin gegründet. Ihr Projekt der Höhenplattform (HAP) ist mit weiteren realisierten Spin-Off-Projekten der Universität Stuttgart im Internet unter www.Invest-in-the-best.com zu finden.

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