Den Schnee wegklicken

Intelsys ist für die Arbeit im Winterdienst des Flughafens Köln/Bonn optimiert. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ressourcen und Dokumente (oben), Hinweise auf Handlungsbedarf (links) und die zentrale Karte visualisieren die für den Winterdienst relevanten Informationen. Modulare Anwendungen (rechts) zeigen Detailinformationen und ermöglichen die Eingabe von Daten. © Fraunhofer FKIE<br>

Der Airport-Sprayer sieht aus wie ein Flugzeug. Statt Flügeln ragen links und rechts gelbe Metallarme aus dem Räumfahrzeug heraus. Mit denen verteilt es auf einer Breite von 45 Metern Enteisungsmittel auf den Landebahnen des Flughafens Köln/Bonn. Alexandra Cahn ist Winterdienstkoordinatorin am zweitgrößten Flughafen in Nordrhein-Westfalen.

Sie kümmert sich darum, dass trotz Eis und Schnee täglich 190 Starts und Landungen reibungslos funktionieren. »Ein Klick genügt und ich weiß, ob noch genug Enteisungsflüssigkeit im Tank ist«, erklärt Cahn und deutet mit dem Finger auf das kleine Tank-Icon auf der rechten Seite des Bildschirms. Mittendrin flimmert ihr das komplette Flughafenareal aus der Vogelperspektive entgegen. Sie sieht Landebahnen, Terminals und Taxiways – die Fahrbahnen der Flugzeuge – im Prinzip alles, was auf dem 130 Hektar großen Areal vorhanden ist. Cahn kann die Perspektive verändern, mit der sie von oben auf das Flughafengelände guckt. Zoomt sie in das Bild, werden die Informationen dichter.

Die Daten holt sich die Anwendung aus den Tiefen der Flughafen-IT, von Servern und Datenbanken. Seit Anfang November läuft hier das graphische Lagedarstellungssystem »Intelsys« des Fraunhofer-Instituts für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE aus Wachtberg. Die Software sammelt alle relevanten Daten für den Winterdienst in einer zentralen Datenbank und bereitet die täglich eintreffende Datenflut auf. Erfasst werden diese Werte unter anderem von Messfahrzeugen, die prüfen, wie glatt die Fahrbahnen sind, oder von Temperaturfühlern, die anzeigen, wie kalt es draußen auf den Landebahnen ist.

Winterdienst kann vorausschauend planen

Das System kennt außerdem aktuelle Wetterinformationen, weiß, in welchem Zustand die Räumfahrzeuge sind und hat Einblick in die Enteisungsarbeiten der Vorfelder. »Der Winterdienst kann vorausschauend geplant werden. Wir haben die Software so programmiert, dass sie die Mitarbeiter automatisch vor Problemen warnt. Zum Beispiel, wenn die für ankommende Flugzeuge benötigten Abstellpositionen noch nicht von Eis und Schnee befreit wurden«, schildert Dr. Michael Wunder vom FKIE. Er sitzt mit seinem Team nur 50 Kilometer südlich des Flughafens. Das Softwareprogramm erkennt kritische Situationen automatisch und gibt Empfehlungen zur Problemlösung – zum Beispiel, wenn die Temperaturen auf den Landebahnen kontinuierlich sinken.

»Der Winterdienst muss schnell auf kurzfristige Wetteränderungen reagieren. Kleinste Verzögerungen im Flugablauf kosten die Fluggesellschaften viel Geld. Mit dem neuen System, das uns immer aktuell die Lage anzeigt, können wir in wenigen Sekunden auf alle notwendigen Daten zugreifen und präventiv Maßnahmen einleiten. Wir verhindern Verspätungen und setzen unsere Ressourcen optimal ein«, sagt Cahn und klickt auf eine der Landebahnen auf ihrem Bildschirm. Mit wenigen Eingaben informiert sie ihre Kollegen über eine Betriebsunterbrechung der Bahn, damit die Räumfahrzeuge ihren Dienst tun können. Gleichzeitig geht automatisch eine Nachricht an alle beteiligten Stellen raus.

Besteht die Software den Praxistest beim Winterdienst, sollen weitere Funktionen folgen. Dafür sind am FKIE die Weichen gestellt. »Die Software ist in der Lage, schrittweise weitere Aufgaben zu übernehmen. Unter anderem ist eine Regel-Engine hinterlegt, mit der wir ›Intelsys‹ flexibel an die Geschäftsprozesse des Flughafens anpassen können«, sagt Prof. Dr.-Ing. Christopher Schlick, stellvertretender Leiter des Instituts. Cenk Özöztürk, Leiter des Geschäftsbereichs Betrieb und Verkehr am Flughafen Köln/Bonn, ist zufrieden mit der guten Zusammenarbeit zwischen seinen Mitarbeitern und dem Fraunhofer FKIE: »Durch die enge Abstimmung konnte das Pilotsystem innerhalb eines Jahres entwickelt werden. Dieses Erfolgskonzept wollen wir fortführen. Unser Ziel ist es, aus einem System alle operativen Prozesse zu steuern.«

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Dr. Michael Wunder Fraunhofer Forschung Kompakt

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