Auf dem kürzesten Weg zur skispringenden Amöbe

Ein Schüler des berühmten Mathematikers Carl Friedrich Gauß hatte sich von der Mathematik abgewendet und war Schriftsteller geworden. Darauf angesprochen antwortete Gauß: „Für die Mathematik hatte er sowieso nicht genug Fantasie, für die Schriftstellerei reicht’s.“

Mathematiker brauchen Vorstellungskraft, um aus simplen Zeichen und Zahlen etwas Neues zu formen und das dann gleichzeitig anschaulich darzustellen. Nicht selten überträgt sich das auch auf die Freizeit. Prof. Dr. Ingo Althöfer von der Friedrich-Schiller-Universität Jena etwa hat sich seit kurzem der Kunst verschrieben. Eines seiner am PC entstandenen Werke hat es jetzt auf das Cover des renommierten Fachmagazins „OR News – Das Magazin der GOR“ (Gesellschaft für Operations Research) geschafft. „Amoeba, ski jumping“ heißt das Titelbild der März-Ausgabe, auf dem viele weiße Punkte einer schwarzen Fläche ihre Gestalt geben, die an einen Einzeller erinnert. Auf seiner Homepage hat der Lehrstuhlinhaber für Mathematische Optimierung weitere ähnliche Werke ausgestellt, die Namen tragen wie „Batman“ und „Toccata d-Moll“.

Hervorgegangen sind die künstlerischen Arbeiten aus einem mathematischen Optimierungsproblem. „Ein Doktorand von mir – Jörg Sameith – hat vor Jahren eine Software entwickelt, mit der man eine Erweiterung des Kürzeste-Wege-Problems meistern und darstellen kann“, erzählt Althöfer. „Damit ist gemeint, dass man den kürzesten Weg von einem Punkt A zu einem Punkt B ermitteln möchte – und außerdem noch sinnvolle Alternativen.“ Wenn man also etwa von Jena nach München fahren wolle, verliefe die kürzeste Strecke über die Autobahn A 9. Das Computerprogramm ermittele neben dieser Route unzählige weitere Möglichkeiten. Nur wenige davon sind aber sinnvolle Alternativen, da der eigentlich zweitkürzeste Weg auch über die A 9 führen würde, mit einem kurzen Abstecher über einen Parkplatz. „Ich habe dieses Programm einige Jahre immer wieder benutzt, denn mit dem Kürzeste-Wege-Problem werde ich während meiner Arbeit regelmäßig konfrontiert“, sagt der Mathematiker von der Uni Jena. „Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass das nicht nur tolle Mathematik ist, sondern auch gut aussieht.“

Innerhalb eines Diagramms sieht der dargestellte Lösungsraum ein bisschen aus wie die Milchstraße: Vor schwarzem Hintergrund ballen sich viele kleine weiße Punkte durchsetzt von einigen größeren grünen Punkten, die die sinnvollen Wege angeben. „Ich habe nun einfach den inneren Bereich dieser gepunkteten Fläche mit einen Grafikprogramm schwarz gefärbt“, beschreibt Althöfer den Entstehungsprozess der Bilder. „Dann bleiben merkwürdige Formen übrig, denen man mit ein bisschen Vorstellungskraft einen Namen geben kann.“

Künstlerische Ausdrucksformen erprobte Ingo Althöfer übrigens schon vor einigen Jahren – und zwar als Spieleerfinder. Fünf Spiele erschienen bei großen Verlagen, etwa zehn hat er selbst herausgebracht. Mathematik lieferte dabei für jedes Spiel die Grundlage, aber ohne Fantasie ging auch hier gar nichts.

Nähere Informationen auf Ingo Althöfers Homepage: http://www.althofer.de/mathe-und-kunst/exhibition-english.html

Kontakt:
Prof. Dr. Ingo Althöfer
Institut für Angewandte Mathematik der Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 946210
E-Mail: Ingo.Althoefer[at]uni-jena.de

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Sebastian Hollstein idw

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